Grün. Le vert de la Provence
nicht, dass du dich auch damit auskennst.
Das hast du Ed verheimlicht, sonst hätte er mir davon erzählt.“ Engler beugte
sich vor und streckte seinen Kopf zwischen die beiden. „Ihr seid mir ja zwei
Heimlichtuer. Wenn man bei euch nicht etwas Druck ausübt, erfährt man rein
nichts. Das ist nicht gut für unsere Geschäftsbeziehung.“ Er schüttelte
energisch mit dem Kopf. „Wenn wir mit dem Grün der Provence viel Geld verdienen
wollen, müssen wir schon offen miteinander umgehen. Und wir müssen uns beeilen!
Christoph Seefelder hat gewiss ganz andere Pläne als wir.“ Er zeigte wieder
sein gewinnendes Lächeln, als er merkte, dass Pauline ihn im Rückspiegel
beobachtete. „Die Konkurrenz schläft nicht!“
„Das wird nicht so funktionieren, wie du dir das
vorstellst. Man kann nicht einfach diese Pflanzen an einem Ort ausgraben und an
einem anderen wieder einpflanzen, um dann aus den Samen weitere Pflanzen zu
ziehen. Das geht nicht!“ Sie blickte ihm über den Rückspiegel in die Augen.
„Ich habe gute Gärtner an der Hand. Die kriegen das hin,
haben die mir gesagt. In zwei Jahren haben wir eine wunderbar große Plantage
mit Erd-Burzeldornen. Und Seefelder kann nichts dagegen unternehmen.“ Er
blickte einen Moment stumm zur Frontscheibe hinaus. „Er wird dann auch erst
ganz in den Anfängen seiner Forschung stecken, während wir schon im großen Stil
das Elixier verkaufen.“
Pauline bog auf Alains Anweisung hin von der Landstraße
ab und fuhr nun auf einem schmalen Weg, der zunächst durch eine Ansammlung von
Höfen und dann bergan in eine unwirtliche Gegend führte.
„Woher kennt ihr solche Gegenden, ihr kriegt doch kaum
einen Fuß vor eure Höfe?“, fragte Engler.
„Der Weg führt wieder hinauf auf das Plateau, nur von der
anderen Seite aus. Oben sind wir nicht so weit entfernt von meinem Hof“,
antwortete Alain kühl und distanziert.
„Warum fahren wir dann von dieser Seite hinauf?“
„Es ist kürzer. Auf der anderen Route hätten wir an
meinem Hof vorbeifahren müssen.“ Alain schwieg einen kurzen Moment und setzte
dann fort: „Vielleicht wäre dir das nicht so recht gewesen.“
„Oh“, Engler beugte sich dicht neben Alains Ohr, „das
wäre doch nett gewesen, dann hätte ich mit deiner alten Mutter vielleicht etwas
geplaudert und einen Likör mit ihr getrunken.“ Sein Grinsen erfror zu einer
zynischen Grimasse.
Pauline hatte einen schmalen Grat erreicht, der sich aus
dem Gehölz heraus weit in das Tal hinausschob. Eine Reihe von alten Gehöften
säumte den Pfad über einen kahlen, unwirtlichen Bergrücken. Am Ende ragte eine
Kirche über die Steinwüste.
„Wir sollten keine Zeugen bei unserer Aktion haben“,
sagte Engler schroff.
„Hier gibt es keine Zeugen“, antwortete Alain ebenso
schroff. „Das ist ein Geisterdorf. Seit Jahrzehnten verlassen bis auf die
Seelen der Verstorbenen, die hier ruhen.“
„Keine Menschen?“
„In den Siebzigern hat da eine Hippiekommune gehaust. Die
sind aber auch schon lange verschwunden. Seitdem pfeift der Wind durch die
alten Mauern. Du brauchst dir keine Sorgen über eventuelle Zeugen zu machen!“
Alain hatte sich erstmalig umgedreht und sah Engler zornerfüllt in die Augen.
Er sprach leise, sehr ruhig und in reinem Französisch, ohne einen Hauch des
Midi-Dialekts.
Pauline parkte den Wagen am Ende der Fahrspur. „Von hier
aus müssen wir gehen“, sagte Alain.
„Weit?“
„Ein kurzes Stück in das Tal hinab und auf der anderen
Seite wieder hoch. Es sind schon ein paar Kilometer, aber du wirst das überstehen.“
Anselm hat einen Verdacht
„Kommissar Vidal will wissen, wo Sie am zwölften Juni
waren.“ Der Mann blickte kurz auf seinen Notizblock und dann wieder auf
Valerie. „Ein Freitag! … Und was Sie da gemacht haben. Und wer das eventuell
bezeugen könnte.“ Er klopfte mit dem Kugelschreiber auf den Block, während er
sie erwartungsvoll ansah.
Sie saß Rücken an Rücken mit Anselm, die Beine angezogen,
in der mittäglichen Glut dösend auf einer niedrigen Bruchsteinmauer. Vidals
Männer hatten beide bei ihrer Ankunft auf dem Klosterparkplatz umgehend in
Gewahrsam genommen.Tatsächlich war einer von
ihnen der, den Anselm im Café beobachtete hatte. Die Stimmung war angespannt.
Valerie und Anselm waren zum Kloster geleitet worden, wo sie ein kurzes Verhör
über sich ergehen lassen mussten. Es mündete in den scharfen Vorwurf, sie
hätten mit ihrer Geheimniskrämerei Pauline und Alain in Lebensgefahr
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