Grün war die Hoffnung
Arm und niemandem, der mir hilft, außer Chuy und fünf Zwangsverpflichteten: es war das Rezept für eine Katastrophe. Ich brauchte nicht April Wind, ich brauchte die Marineinfanterie. Aber Chuy, der schwerlich als Genie durchgehen kann, vor allem weil das Pestizid ihm offenbar die meisten seiner kognitiven Fähigkeiten storniert hat, der war die Rettung. Das war er wirklich. Er meisterte das Problem, kein Zweifel. Denn seine Idee, die Raubkatzen (und letztlich auch Lily und Petunia) aneinanderzuleinen und zu zwingen, sich schwimmend in Sicherheit zu bringen – so lächerlich sie zunächst erschien –, war letzten Endes die perfekte Lösung. Während Mac und die Frauen damit beschäftigt waren, den Schmutzgeiern Kapuzen anzulegen und die Honigdachse in ihre Transportkäfige zu schubsen, schloß ich das Tor im Maschendrahtzaun auf und betrat das Löwengehege, dicht neben mir Chuy mit einem eingerollten Seil. Al & Al saßen im Olfputt, ließen ihre Muskeln spielen und blickten ängstlich drein: sie wollten mit der Sache nichts zu tun haben, und wer konnte ihnen das verübeln?
Betäubungspfeile für die Tiere fand ich noch nie gut. Zu riskant. Wir verwendeten eine Mischung aus Telezol und Xylazin, und es wirkte wie ein Zauber – wenn die Dosierung stimmte. Nahm man zuviel, hatte man einen Kadaver am Hals, und bei zuwenig riskierte man, selbst zu einem zu werden. Ich hatte das Zeug so gut dosiert, wie ich unter den Umständen konnte (Streß, Überschwemmung, aufgeregte Frauen und ein hysterischer Mac, überschwemmte Küche, schwimmende Tische, solche Dinge eben), und wollte für den Anfang nur die Hälfte nehmen – damit sie ein bißchen groggy würden, aber nicht zuviel, so daß sie nicht mehr hinter dem Olfputt herschwimmen und den Weg durch die offene Kellertür finden konnten, wo sie ein trockenes Quartier mit etwas eilig ausgestreutem Stroh sowie der Kadaver eines frisch ertrunkenen Emus erwarteten.
Das Wasser war hüfthoch – hab ich das schon erwähnt? – und rauschte mit beachtlichem Tempo vorbei. Dazu kamen die verdammten Wanderwelse, die als kleine schleimige Geschenkpakete praktisch auf jeder horizontalen Fläche herumkrochen. Und wie fühlten sich die Löwen dabei? Sie waren sauer. Eindeutig sauer. Sie hatten Hunger, waren müde und zu Tode erschöpft von der Nässe und der Kälte und davon, ständig von Fischen bekrabbelt zu werden, die eigentlich keinerlei Recht hatten, in dieser Umwelt zu existieren. Dandelion fixierte uns mit seinen hellbraunen Augen und stieß von seinem Platz auf dem Löwenhaus ein markerschütterndes Gebrüll aus.
»Na schön, Chuy«, sagte ich, »ich verpasse Dandy erst mal eine, und wenn du ihn auf die Hinterbeine niedersinken siehst, schmeißt du ihm das Seil über. Das Lasso, meine ich. Du kannst doch damit umgehen, oder?«
» Sí , Mr. Ty, kann ich machen, no hay problema .« (Unter seinen vielen früheren Tätigkeiten hatte Chuy »Zureiter« und »Vaquero« aufgeführt. Mit Mitte Zwanzig, bevor er nach Norden kam, hatte er bei einem mexikanischen Rodeo gearbeitet und terneros gefesselt, was immer das waren – Kälber, glaube ich.) »Nix Sorge«, sagte er jetzt und grinste aus der nassen Maske seines Gesichtes. Der Wind kreischte und knallte mir die Kapuze gegen meine ausgeleierten Altmännerohren, und dazu hörte ich Lily in der Ferne Harmonien heulen: Uuuh-hup, uuuh-hup!
»Und wenn die anderen zwei auf uns losgehen, dann werd ich sie nicht gleich betäuben, sondern wir gehen einfach rückwärts aus dem Käfig raus und schließen die Tür, okay? So scharf aufs Naßwerden sind sie nicht, also halten sie vermutlich still...«
»Das denke ich mir también , Mr. Ty«, sagte Chuy und watete mit kräftigen Schritten vorwärts, bis er sieben Meter vom Tor und vielleicht zehn von den Löwen entfernt war. Und jetzt brüllten sie, alle drei, die Ohren flach angelegt, die Lefzen hochgezogen, die Schweife rastlos zuckend und mit den Blicken Chuy fixierend, der im Wind und dem peitschenden Regen das Lasso über dem Kopf schwang. »Yippie!« schrie er. »Yippie-yeah-ky-yay!«
Ich war besorgt, das gebe ich zu. Ich bin ein Sorgenbündel und im Herzen ein Zyniker, immer gewesen – jedenfalls seit Earth Forever! in mein Leben trat. Oder sogar davor schon, als diese beschissene kleine zentimetergroße Wespe, die nicht viel mehr als ein Gramm gewogen haben kann, mir einfach Jane wegnahm, und zwar für immer. Ich rechne stets mit dem Schlimmsten, und ich muß sagen, meine Erwartungen
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