Grün war die Hoffnung
dich...«
Tierwater stellte die Einkäufe ab und nahm den dicken weißen Umschlag entgegen, den ihm Ratchiss hinhielt. Er stopfte ihn in die Tasche, ohne ihn weiter anzusehen, aber er wußte, was darin war: Hundertdollarscheine, einhundertfünfzig Stück, von seiner Sekretärin von seinem Geschäftskonto abgehoben und anonym an ein Postfach in Calabasas geschickt; das Postfach gehörte einem E.F.!-Sympathisanten, der das Kuvert an Teo weiterleitete, der es wiederum Ratchiss übergab. Umständliche, aber notwendige Vorsichtsmaßnahmen. Ziemlich sicher war das FBI inzwischen eingeschaltet: Tierwater war untergetaucht, als er nur auf Kaution frei war, hatte eine gerichtliche Anordnung mißachtet, sich eines tätlichen Angriffs, der Kindesentführung, der Kindesmißhandlung und Gott weiß was noch alles schuldig gemacht – und er hatte eine Bundesstaatsgrenze überschritten, um der strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen. Er war ein Verbrecher und Desperado, ein Gesetzesflüchtiger, dem eine Gefängnisstrafe drohte, mehrere Jahre vielleicht sogar, Jahre hinter Gittern, und was hatte er getan? Die Füße in ein bißchen Zement gesteckt. Ein paar Leute provoziert. Den Planeten zu retten versucht. Verdammt, die sollten ihm lieber einen Preis verleihen...
Doch jetzt gab es kein Zurück mehr. Sierra war für die achte Klasse in der öffentlichen Schule von Springfield angemeldet – schlappe fünfundvierzig Kilometer entfernt, auf einer gewundenen Bergstraße –, und er und Andrea waren auf Dauer untergetaucht, bereit zum Zurückschlagen, wenn sich eine Möglichkeit dafür bot. Niemand wußte hier etwas von ihnen, und niemand wollte was wissen. Aber irgendwann würden sie eine Riesenaktion starten, so malte es sich Tierwater aus, und zu Helden der Umweltschutzbewegung werden. So wie Arizona Phantom. Oder The Fox. Typen, die zurückgeschlagen, etwas unternommen hatten, die etwas galten. Typen, die nicht nur einfach Platz einnahmen und soundsoviel Pfund Nahrung und Liter Flüssigkeit pro Tag verpraßten und in ihrem ganzen verdämmerten, kleinlichen und umweltverschmutzten Leben nichts als Abfall und noch mehr Abfall produzierten.
Arizona Phantom war ein klassischer Fall. Der Kerl war Anfang der Siebziger an der Grenze zwischen Arizona und New Mexico aufgetaucht, ein anonymer Rächer, der den Kampf gegen die Kraftwerke in der Gegend von Four Corners und ein geplantes Bergwerk in der Black Mesa aufnahm, gegen die Firma Peabody Coal und deren Verbündete auf Bundesebene. Zweihundertfünfzig Meter hohe Schornsteine. Rußgeschwängerte Luft. Kohle für die Steckdosen von L.A., damit die Megalopolis sich noch weiter in die Wüste fressen konnte – das war der Plan gewesen. Friedliche Proteste blieben zwecklos. Lobbying half auch nicht weiter. Der Hilfsfonds zum Schutz der Black Mesa hatte irgendwann kein Geld mehr. Aber methodisch und unbemerkt, ohne je entdeckt zu werden und ohne daß die Armee von Wachleuten und Polizisten, die ihm auflauerten, seiner Ergreifung auch nur nahekam, verübte das Phantom Sabotage an den Gleisen der Black-Mesa-Eisenbahnstrecke und jedem größeren Ausrüstungsteil, das er fand. Letzten Endes wurden die Stollen zwar dennoch in das Erdreich getrieben und die Schornsteine aufgestellt, aber das Phantom – ein Mann für sich allein – zeigte der Welt, was wahres Engagement hieß. Oder heißen konnte.
Der Fox war in Tierwaters Augen sogar noch besser, weil er sichtbar war – jedenfalls ließ er sich zu gewissen kritischen und dramatischen Momenten sehen, als eine Art Zorro der Öko-Bewegung. Angeblich war er nur ein besorgter Staatsbürger – ein Wochenendangler, ein Biologielehrer, ein Jogger –, der die Dinge in die eigenen Hände nahm, nachdem er mit angesehen hatte, wie die ortsansässige Industrie den Fox River im Norden von Illinois verschmutzte. Er verstopfte illegale Abflußrohre, kappte Schornsteine, hinterließ scharf formulierte Bekennerbriefe an seinen Tatorten und wurde einmal sogar in einem lokalen Fernsehsender interviewt (wenn auch mit Maske). Als seine faszinierendste Aktion aber – und sie heizte Tierwaters Phantasie ganz besonders an – war er einmal in der Büroetage der Topmanager von U.S. Steel aufgetaucht und hatte dort ein Zweihundertliterfaß Klärschlamm auf den Teppich gekippt. Ihr Typen erzählt uns doch immer, daß ihr das Wasser gar nicht verdreckt, sagte er. Wenn dem so ist, dann wird das hier dem Teppich ja nicht weiter schaden. Sprach’s und verschwand
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