Grün war die Hoffnung
wieder.
»Will nächste Woche raufkommen – hat dir was zu sagen.«
Tierwater stand vor der offenen Kühlschranktür. Er nahm Salatköpfe, Karotten, Brokkoli aus den Papiertüten heraus und stopfte sie ins Gemüsefach. »Wer?«
»Was meinst du mit ›wer‹? Teo natürlich. Von wem reden wir denn hier?« Ratchiss musterte ihn scharf, die Lippen von der Schärfe seines Drinks verzogen, die Augen zu Schlitzen verengt.
Okay, sieh mich nur an , dachte Tierwater und wurde plötzlich zornig. Wenn Teo raufkam, könnte ihm jemand folgen. Und wenn ihm jemand folgte, ging bestimmt nicht Ratchiss ins Gefängnis, sondern Tyrone O’Shaughnessy Tierwater. Und seine Frau. Und seine Tochter. »Ist das nicht gefährlich?« fragte Tierwater und trat vom Kühlschrank zurück. Der ganze Friede dieses Tages war entwichen wie die Luft aus einem zischenden Ballon.
»Teufel auch, glaubst du etwa, daß er hier im Auto angondelt, oder was?«
»Wie denn sonst – mit dem Fallschirm?«
Einen Moment lang herrschte Schweigen, Ratchiss musterte ihn, die Eichhörnchen keckerten in den Bäumen vor dem Fenster, ein leiser Ausruf der Verzweiflung oder der Freude – genau konnte er es nicht bestimmen – drang von den Monopolyspielern auf der Veranda herüber. »Der ist doch nicht blöd – er kommt zu Fuß her. Ein Freund fährt ihn nach Camp Orson an den Anfang des Wanderwegs, und du kennst ja Teo – den Bullen möchte ich sehen, der mit ihm Schritt halten kann. Nein, keine Sorge, Ty: diese Leute sind Profis. Wir sind Profis, sollte ich wohl sagen.« Er trat einen Schritt nach vorn, stellte das Glas auf der Arbeitsplatte ab und streckte die Hand aus – eine schwielige, harte, sehnige Hand, vom kalten Gin kühl geworden –, und Tierwater ergriff sie bereitwillig. »Niemand wird dich aufgeben, keine Sorge.«
Andrea war der Sache voll ergeben – sie gehörte zu den Gründungsmitgliedern von Earth Forever! und war eine bezahlte Vollzeitmissionarin und Stunkmacherin erster Güte –, trotzdem spürte Tierwater, daß sie damit nicht gerechnet hatte. Ein anonymes Leben im Untergrund, als Dee Dee Drinkwater an einem Ort, der so weit weg von den hellen Lichtern war wie nur denkbar – tolle Landschaft, klar, aber wo war hier was los? Ihre Stärke war es ja, in der Öko-Bewegung die Runde zu machen, bei Cocktails und Horsd’œuvres Kontakte herzustellen, Dias zu zeigen, eine Rede zu halten und dann den Hut herumgehen zu lassen. Sie sah gut aus auf dem Podium, groß und imposant in ihrer tief ausgeschnittenen Bluse, mit brennendem Blick, sehr überzeugend, sehr verführerisch – wie Tierwater bezeugen konnte. Sie hatte noch nichts gesagt, aber er spürte, daß sie nach einem Ausweg suchte, einer Vereinbarung vielleicht, mit der sich irgendwie der Schaden begrenzen und eine gewisse Öffentlichkeit schaffen ließ. Teo war im Anmarsch. Er wollte reden. Was konnte das heißen? Noch mehr Anwälte? Noch mehr Freds? Davon hielt Tierwater gar nichts – er war jetzt Tom Drinkwater, gesichtslos und versteckt, und wenn er schon untergehen mußte, dann mit Pauken und Trompeten.
Eine halbe Stunde nach der Unterhaltung mit Ratchiss war er in der Küche und half Andrea beim Gemüseschneiden für den Salat zur Ergänzung des Auflaufs und der riesigen Fleischstücke, die Ratchiss auf dem Grill hinter dem Haus verkohlte, als er Teos Besuch anschnitt: »Übrigens, Teo kommt nächste Woche zu uns rauf.«
Er drehte den Kopf, um ihr Profil zu betrachten, den harten Höcker ihrer Nase, die scharfe Kante der Wange, die Haare, die in Lockenschichten auf ihre Schultern fielen. »Ja, Philip hat’s mir gesagt.«
Draußen, wo sich die Dunkelheit allmählich ballte, hockte Ratchiss über dem Feuer, einen Drink in der einen, die Grillzange in der anderen Hand. Er pfiff irgend etwas, leise und atonal, eine unerträglich vertraute Melodie – Seventy-six Trombones ? Das Thema von Die glorreichen Sieben ?
»Ach so?« Tierwater war überrascht. Und auch – er konnte es sich nicht verkneifen – leicht verärgert.
Sie sah auf ihre Hände und das Messer, das kunstfertig die Karotten auf dem Hackbrett in dünne Scheiben zerteilte. »Er hat mir auch einen Brief von ihm mitgebracht, zum Großteil E.F.!-Interna.« Sie warf ihm rasch einen Blick zu. »Erinnerst du dich an Robin Goldmann? Die uns den Wagen geliehen hat? Sie ist abgesprungen. Kein Wort zu irgendwem, ist einfach gegangen.«
»Keine Rechtsanwälte«, sagte Tierwater, »und keine Deals mit dem Staatsanwalt. Die
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