Grün war die Hoffnung
heroisch aufgedreht. Andrea und ich speisen uraltes Rindfleisch aus Macs Gefrierschränken, zusammen mit einem Potpourri aus gedünstetem Gemüse und einem Gratin aus getrockneten Kartoffeln, und wir spülen es mit einem 1992er Bordeaux hinunter, so satt und süffig wie Sirup und mit einem so berauschenden Bouquet, wie Gott es Adam am ersten Abend im Paradies serviert haben könnte. Prima Stoff. Könnt ihr mir glauben. April Wind rümpft die Nase angesichts des Rindfleischs und schiebt das Gemüse auf dem Teller herum, so wie es Sierra als Kind immer tat, aber nachdem sie sich zweimal nachgeschenkt hat, verkündet sie: »Es hat Spaß gemacht.«
Ich sehe Andrea an, aber ihr Blick sagt mir, daß sie weiß, was jetzt bevorsteht. In allen Einzelheiten.
»Ich wollte mich nur bei dir bedanken«, sagt April Wind und nähert dem kleinen Reißverschluß ihres Mundes mit der Gabel ein Stück gedünsteten Blumenkohl, doch er plumpst punktgenau in ihr Weinglas. Der Wein läuft daraufhin über und perlt am Stiel hinunter, so daß sich ein unheilvoller roter Fleck auf dem Tischtuch ausbreitet, während sie ihren Gedanken beendet: »Für alles. Ich meine wegen Mac und so. Aber auch für die Erde – dafür, daß du die Erde liebst. Und die Tiere.«
Sie haut ab, darauf läuft das alles hinaus. Okay, gut so. Uns bleiben noch neunundzwanzig Tage, um uns einen neuen Platz zu suchen, und die Verwalterin – eine schmächtige, boshafte Frau in einem schwarzen Schlauchkleid, das aussieht, als hätte sie es ganz hinten in einem Surferladen gefunden – hat schon ein Dutzend Leute angekarrt, die das Haus methodisch durchackern, um Macs gewaltigen Besitz von Ausstellungsobjekten, Schmuckstücken, Kunstgegenständen, Möbeln und Les-Paul-Gitarren zu katalogisieren. Ich bin erleichtert, ja wirklich. Und ich sage kein Wort.
April Wind angelt den Blumenkohl aus dem Wein, schiebt ihn sich in den Mund und klappert müßig mit der stumpfen Klinge ihres Buttermessers auf dem Rand des Glases herum. Der Weinfleck hat inzwischen eine definitive Form angenommen, etwas Wiedererkennbares, wie der Grabtuchabdruck des Antlitzes Christi oder der Kopf von Picassos Weinender Frau , aber ich kann es nicht benennen. »Ich gehe nach New York«, sagt sie und ist total hin und weg bei dem Gedanken, »mit Ronnie. Er läßt mich um eins mit dem Wagen abholen.« Eine Pause. »Ich treffe da meinen Koautor, wißt ihr, das ist übrigens der Ghostwriter, der das Buch über Gwyneth Paltrow geschrieben hat. Und ich soll in der W es Starkey Show auftreten und so...«
Ich weiß nicht, ob ich ihr gratulieren oder mein Beileid aussprechen soll, also nicke ich nur, süffle meinen Wein und frage mich, wieso ich mich gerade jetzt älter fühle, als jeder Babyboomer hätte hoffen oder erwarten können.
Aber so ist es. Adieu, April Wind, und dann kommt irgendwann der Abend, an dem die böse Frau im Schlauchkleid und ihre Katalogisierer alle fest in ihren Betten im Big Ranchito Motel von Buellton schlafen. Andrea und ich fangen wie auf ein geheimes Stichwort damit an, den Olfputt zu beladen, als die Sonne am Horizont brutzelt, und Chuy setzt den peperoniroten Dodge Viper aus der Garage, in der Tasche seiner Bluejeans stecken die fünfzehnhundert Doller, die ich ihm gegeben habe. (Den Viper habe ich ihm auch geschenkt. »¿Qué está diciendo?« sagte er, und seine Augen huschten herum wie Insekten im Licht. »Sie meinen, ist dieses Auto meins?« Ich hatte ihn in die Wagenpapiere eingetragen und dabei Macs EKG-zackenartige Unterschrift so gut wie möglich gefälscht. – »Fahr los«, sagte ich. »Du hast es dir verdient.«)
Andrea hatte nicht viel dabei, als sie damals im November in der Tür stand – Kosmetika, indianischen Schmuck, eine Auswahl von ärmellosen Tops und hautengen Kleidern, die Männer der jungalten Generation unweigerlich in fieberhafte sexuelle Nostalgie versetzt –, und viel mehr hat sie jetzt auch nicht. Allerdings bereichert sie das Gepäck um eine sattsame Anzahl von Stücken aus der Maclovio-Pulchris-Kollektion, alle elegant beiseite geschafft, bevor die Rechtsanwälte einfielen und die Verwalterin ihr Regiment begann. Wir stapeln die Sachen im Laderaum des Olfputt, zusammen mit den zerlumpten Resten meiner Habe, die die Überschwemmung des Gästehauses und die darauffolgenden Monate der Nässe überstanden haben. Wir arbeiten wortlos, intuitiv wie ein Team, jeder achtet auf den anderen, und wir denken auch daran, ein Sortiment von ehrwürdigen
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