Grün war die Hoffnung
auch schon mal gegenseitig ab, wegen der Waffen, mit den Waffen, aber das würde Ronnie doch niemals ...
»Riecht ja toll.« Das war Lydia, die ihr über die Schulter spähte. »Was kriegen wir denn heute abend, Saumon surprise ?«
Star grinste und wischte sich mit dem Handrücken das Haar aus dem Gesicht. »Was denn sonst?« sagte sie und schob Knoblauch und Zwiebeln im zischenden Öl herum. »Lachs ist doch die Spezialität des Hauses.«
Sie sah auf, vorbei an Lydia und zur Tür. Dort hatte sie ein Geräusch gehört, einen dumpfen Schlag, als wäre etwas tot auf der Schwelle zusammengebrochen – Marco , dachte sie, Marco! –, dann flog die Tür auf, und Jiminy stand im Raum, stampfend und in die Hände pustend, in seinem Militärwintermantel von der Heilsarmee. Auf dem Kopf trug er eine Strickmütze, die eng an seinem Schädel anlag und die Ohren bedeckte, außerdem hatte er sich sein Halstuch um Kopf und Gesicht gewickelt wie einen Tschador. Der Schnee bildete Kristalle auf seinen Augenbrauen, hatte die Mütze weiß gefärbt und die gefütterten Schultern des Mantels zugeweht. »Ach du Scheiße!« knurrte er und zog sich dabei Schicht für Schicht aus. »Da draußen ist es so kalt, daß man sich beim Pinkeln an den Strahl anlehnen kann.«
Star sah, wie er einen Blick mit Merry wechselte – »Hey, Mer«, sagte er, aber sie sah nur bohrend durch ihn hindurch –, und dann war er an der Reihe, »Riecht ja toll« zu sagen, und er stellte sich gleich dicht an den Ofen, rieb seine Handflächen und sah versonnen in den Topf, als überlegte er soeben, die Beine anzuwinkeln und hineinzuklettern.
»Schneit es stark?« Mit einer Hand hielt Star die umgedrehte Flasche mit der Chilisauce über den Topf, während sie mit der anderen aus der großen rostigen Dose weißen Pfeffer hineinsprenkelte, Gewürze für die Meute, es konnte niemals scharf genug sein.
»Es schneit, und es stürmt«, sagte er, und jeder im Raum hörte ihm zu. »Ich war kurz mal Schlittschuh laufen, draußen auf dem Fluß, da, wo wir diese schöne Stelle freigefegt haben. Aber dann fing’s an zu schneien, das hat den Platz wieder total ruiniert.«
»Marco hast du wohl nicht gesehen, was? Weil der nämlich schon den ganzen Tag weg ist.«
»Ist er auf die Jagd gegangen?«
»Nein«, sagte sie, griff nach dem langen Holzlöffel und rührte energisch im Topf. »Er ist rüber zum Woodchopper Creek, um die Gewehre zurückzuholen, die sich Pan unter den Nagel gerissen hat.«
»Tut mir ja leid, aber Pan ist ein Arschloch der reinsten Sorte«, warf Bill ein. Er hockte mit Harmony über einem Schachspiel, seine überdimensionalen Füße baumelten in bonbonfarben gestreiften Socken von der Zwischendecke herunter. »Schlimmer noch, ein richtiger Trickbetrüger ist das, so wie diese Verbrechertypen, die in Haight-Ashbury damals alles ruiniert haben. Der hat nichts außer den eigenen Vorteil im Kopf. Ende der Durchsage.«
»Mir schuldet er noch zehn Mäuse«, sagte Harmony.
Tom Krishna saß in eine Decke gewickelt auf einem der eingebauten Etagenbetten. Er sah von dem Buch auf, das er gerade las – die Weisheiten irgendeines Gurus, dessen Namen Star nicht aussprechen konnte; sie wußte nur noch, daß er sich ausschließlich von Luft ernährt und die moksha erlangt hatte, nachdem er in einem tibetanischen Lama-Kloster an einem Hirntumor gestorben war. »Ich hab ihm sechzehn Dollar gegeben, für persönliche Sachen, ja? Und was hab ich gekriegt? Gar nichts. Nicht mal einen Zug von dem Gras, in das er angeblich fürs Allgemeinwohl investiert hat.«
»Echt ein Witz«, sagte Bill.
So ging das noch eine Weile weiter – das Thema Pan, und sie mochte vorher depressiv gewesen sein, jetzt aber fühlte sie sich wie nach einem schmerzlichen Verlust, als wäre er irgendwo zum Sterben hingekrochen, denn es wollte ihn niemand verteidigen, nicht einmal Lydia –, aber dann drehte Jiminy seinen schmächtigen Hintern zum Ofen und fragte Tom Krishna, ob das neue Bier schon fertig vergoren wäre, und Tom sagte ja, und der Schnee fiel und der Hund schlief, und ihr wurde klar, daß sie keine richtige Antwort auf ihre Frage nach Marco bekommen hatte. Sie zog an einem Joint und reichte ihn weiter. Darum ging es im Kommuneleben nun einmal, ums Weiterreichen. Aber was war mit Marco? Wie stand es damit, daß die Kommune für ihn Verantwortung trug, daß man sich langsam ernsthaft sorgen und einen Suchtrupp zusammenstellen mußte – wollten sie diese Last etwa auch einfach
Weitere Kostenlose Bücher