Grün war die Hoffnung
ihrem Sweatshirt.
»Was meint ihr?« kräht Clive plötzlich, so dass alle zusammenzucken. »Sollen wir Feierabend machen? Hat doch nicht viel Sinn, im Schlamm herumzustapfen. Wir kriegen heute kein einziges Schwein mehr zu sehen, das garantiere ich euch.«
A. P. blickt erst zu ihr und dann zu Frazier, um zu sehen, wie dieser Vorschlag aufgenommen wird, bevor er die Hände aneinanderreibt, den Kopf einzieht und zustimmt. »Sehe ich auch so.«
Frazier sitzt mit angezogenen Beinen da, grinsend wie immer, und überlässt die Entscheidung ihr. »Was sagst du, Alma – genug gesehen?«
Bevor sie etwas antworten kann – und sie sieht schon das Kaminfeuer im großen getäfelten Raum der Field Station, sie spürt schon die trockene, wohlige Wärme ihres geduschten und gepuderten Körpers in der innigen Umarmung des Schlafsacks –, geschehen zwei Dinge. Das erste ist das Auftauchen von zwei beweglichen Rüsseln und vier erschrockenen Augen am Ende der Schulter aus Erde und Fels, auf der sie sitzen, das zweite ist das eruptionsartige Auffahren der Hunde in einem Chaos aus springenden Beinen und wildem, empörtem Gebell. Im Nu sind sie verschwunden, allesamt, die herumspazierenden Schweine (Es waren doch zwei, oder? Mittelgroß, also vielleicht Jährlinge?) ebenso wie die vier Hunde. Frazier springt fluchend auf.
»Scheiße«, sagt A. P., rührt sich aber ebensowenig wie Clive. »Ich hab dir doch gesagt« – zu Clive –, »wir hätten sie an die Leine nehmen sollen.«
»Aber wer hätte gedacht, ich meine, dass diese Scheißschweine hier anmarschiert kommen, als wäre es Fütterungszeit und wir hätten einen Eimer?«
»Ach, Scheiße«, wiederholt A. P.
Das Gebell, das Geheul entfernt sich bereits bergab, als Frazier, der keine Anstalten macht, nach seinem Rucksack oder dem Gewehr zu greifen, das daran lehnt, das Feuer löscht, indem er mit dem Stiefel die Glut verteilt und Erde darüber schiebt. »Was ist?« sagt er und sieht erst Clive und dann A. P. an. »Wollt ihr nicht langsam eure faulen Ärsche in Bewegung setzen und den Hunden folgen?«
Widerwillig und übertrieben steif stehen sie auf. Sie sehen gekränkt aus, wütend, der Tadel hat sie getroffen. Bei diesem Wetter wollen sie nicht herumlaufen, keiner will das, und sie hatten nur darauf gewartet, dass sie sagen würde: Ja, ich hab genug gesehen, lasst uns umkehren. Aber das geht jetzt nicht mehr. Jetzt müssen sie den Hunden folgen, denn die haben die Spur aufgenommen, und sie können sie da draußen nicht allein lassen.
»Alma?« Frazier tritt noch immer auf der Glut herum und steht in einem wabernden Umhang aus Rauch, der sich an seine Beine schmiegt, sich öffnet und wieder schließt. Er sieht sie an. »Traust du dir das zu? Wenn du willst, bringe ich dich zurück.«
Was soll sie darauf antworten? Wird sie sagen: Nein, bring mich zurück , wie eine heimlich schwangere Sesselfurzerin, wie eine Frau, oder wird sie das feuchte Sweatshirt anziehen, sich den durchsichtigen Poncho überstreifen und ihren Rucksack schultern wie die anderen? »Alles klar«, sagt sie, und dann wird die Plane zusammengerollt und eingepackt, und sie folgen Clive und A. P. tiefer in den Canyon. Oben ist Regen, unten ist Matsch.
Sie hat das Zeitgefühl verloren – sie ist zu erschöpft, um noch ein Zeitgefühl zu haben, zu erschöpft, um auch nur den Arm zu heben, den Ärmel des Sweatshirts zurückzustreifen und einen Blick auf die Uhr zu werfen –, aber es kommt ihr so vor, als wären sie schon seit Stunden unterwegs. Sie gehen einen Hang hinunter und den nächsten wieder hinauf, die Welt ist so nass, wie sie es gewesen sein muss, als die Kontinente aus dem brodelnden Wasser auftauchten, und es ist nichts zu sehen als mehr Hügel, mehr Buschland, mehr Rinnsale, Bäche und Wasserfälle. Die Schweine werden sie wohl nicht mehr finden, jedenfalls nicht heute. Vielleicht werden sie nicht einmal die Hunde finden. Oder den Weg. Oder den Pick-up. Die Jäger – Clive und A. P. – sind irgendwo vor ihnen und bewegen sich wie Maschinen, wie Pleuel, rauf und runter, rauf und runter. Und sie geht hinter Frazier, der – das merkt sie ganz genau – aus Rücksicht auf sie langsamer geht, sich vorsichtig, stumm und ohne Grinsen durch die Landschaft bewegt und seinen eigenen Gedanken nachhängt. Sie sind auf dem Kamm, der sich immer weiter senkt, so dass sie den braunen Oberlauf von Willows Creek sehen und das von den Wänden des Canyons zurückgeworfene Brausen hören kann, mit dem er sich
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