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Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)

Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)

Titel: Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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an der Macht wäre?«
    Cian schürzte die Lippen. Das war ein guter Gedanke. »Möglicherweise nicht. Aber es ist ebenso gut möglich, dass ich meine eigene Existenz und meinen Reichtum aufs Spiel setze, wenn ich euch helfe. Wenn man noch jung ist, so wie du …«
    »Ich bin der Ältere.«
    »In den letzten neunhundert Jahren nicht mehr. Jedenfalls glaubt man in der Jugend, dass man ewig lebt, und geht deshalb alle möglichen dummen Risiken ein. Aber wenn man so lange gelebt hat wie ich, wird man vorsichtiger. Überleben heißt das Gebot, Hoyt, das haben Menschen und Vampire gemeinsam.«
    »Du überlebst, indem du alleine im Dunkeln in diesem kleinen Haus sitzt?«
    »Das ist kein Haus«, erwiderte Cian geistesabwesend. »Das ist ein Büro. Ein Ort, an dem man Geschäfte macht. Zufällig besitze ich viele Häuser. Das gehört im Übrigen auch zum Überleben. Wie die Meisten meiner Art bleibe ich selten lange an einem Ort. Wir sind von Natur und aus Notwendigkeit Nomaden.«
    Er beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Knie. Es gab so wenige, mit denen er über sein wahres Wesen sprechen konnte. Auch das war seine Wahl, das war das Leben, das er sich geschaffen hatte. »Hoyt, ich habe Kriege gesehen, zahllose Kriege, wie du sie dir niemals vorstellen könntest. Niemand gewinnt sie. Wenn du diese Aufgabe erfüllst, stirbst du. Oder du wirst ebenfalls ein Vampir. Es wäre doch eine Feder an Liliths Kappe, einen Zauberer von deiner Macht zu überwinden.«
    »Glaubst du etwa, ich hätte eine Wahl?«
    »Oh ja.« Cian lehnte sich wieder zurück. »Die hast du. Ich habe viele Entscheidungen in meinem Leben getroffen.« Er schloss die Augen und drehte sein Weinglas zwischen den Fingern. »Irgendetwas kommt. In der Welt unter dieser wird getuschelt, an den dunklen Orten. Wenn es stimmt, was sie behaupten, wird es größer, als ich angenommen habe. Ich hätte besser aufpassen sollen, aber ich verkehre grundsätzlich nicht mit Vampiren.«
    Verblüfft runzelte Hoyt die Stirn. Cian war immer gesellig gewesen. »Warum nicht?«
    »Weil sie Lügner und Mörder sind und sich selbst viel zu wichtig nehmen. Und die Menschen, die mit ihnen Umgang pflegen, sind entweder verrückt oder dem Untergang geweiht. Ich bezahle meine Steuern und benehme mich so unauffällig wie möglich. Und alle zehn Jahre oder so ändere ich meinen Namen und verschwinde vom Radarschirm.«
    »Ich verstehe nicht die Hälfte von dem, was du da erzählst.«
    »Nein, vermutlich nicht«, erwiderte Cian. »Sie wird uns allen das Leben schwer machen. Das ist bei Blutbädern immer der Fall, und die Dämonen, die sich einbilden, sie müssten die Welt zerstören, sind lächerlich kurzsichtig. Schließlich müssen wir doch darin leben, oder?«
    Schweigend saß er da. Wenn er sich konzentrierte, konnte er Hoyts Herz schlagen hören, er hörte den Strom in der Klimaanlage und in der Lampe auf seinem Schreibtisch summen. Er konnte diese Hintergrundsgeräusche aber auch abblocken. Das hatte er im Laufe der Zeit gelernt.
    Eine Wahl, dachte er. Gut, warum nicht?
    »Letztlich geht es nur um Blut«, sagte Cian mit geschlossenen Augen. »Am Anfang und am Ende geht es immer nur um Blut. Wir brauchen es beide, um zu leben, deine Art und meine. Wir opfern es für die Götter, die du verehrst, für Länder, für Frauen. Und wir vergießen es aus den gleichen Gründen. Meine Art macht sich allerdings keine Gedanken darüber.«
    Er öffnete die Augen und zeigte Hoyt, dass sie rot glühen konnten. »Wir nehmen es uns einfach. Wir hungern danach, haben Verlangen danach. Ohne Blut hören wir auf zu sein. Es ist unsere Natur, zu jagen, zu töten, Blut zu trinken. Manchen von uns macht es Freude, anderen Schmerzen zuzufügen, die Angst des Opfers zu beobachten und es zu quälen. Das ist unterschiedlich, wie bei den Menschen. Wir sind nicht alle gleich, Hoyt.«
    »Du mordest.«
    »Wenn du den Hirsch im Wald jagst und ihm sein Leben nimmst, ist das kein Mord? Du bist doch nicht besser als wir, oft eher geringer.«
    »Ich sah deinen Tod.«
    »Mein Sturz von den Klippen war nicht …«
    »Nein. Ich sah, wie sie dich tötete. Zuerst hielt ich es für einen Traum. Ich sah, wie du aus der Taverne kamst und mit ihr auf ihren Pferdewagen stiegst. Ich sah, wie ihr euch gepaart habt, als ihr aus dem Dorf herausfuhrt. Und ich sah, wie ihre Augen sich veränderten und wie ihre Eckzähne im Dunkeln schimmerten, bevor sie sie in deine Kehle schlug. Ich sah dein Gesicht. Den Schmerz, das Entsetzen und

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