Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)
Hast du mir die Hexe geschickt?«
»Ich brauche dir niemanden zu schicken, der von selber zu dir kommen möchte. Du wirst sie und auch die anderen erneut finden.«
»Meinen Bruder.«
»Er ist der Erste. Es wird bald dunkel. Hier ist der Schlüssel zum Portal.« In ihrer Hand lag ein kleiner Kristallstab. »Trag ihn immer bei dir und pass auf, dass er heil bleibt.«
Als er wieder auf sein Pferd steigen wollte, schüttelte sie den Kopf und ergriff die Zügel. »Nein, du musst zu Fuß gehen. Dein Pferd wird sicher den Weg nach Hause finden.«
Resigniert schulterte er seine Tasche. Dann gürtete er sein Schwert und seinen Stab.
»Wie werde ich ihn finden?«
»Geh durch das Portal in die kommende Welt. In den Tanz hinein. Heb den Schlüssel, sag die Worte. Dein Schicksal liegt dahinter. Von diesem Punkt an hältst du die Menschheit in Händen. Geh durch das Portal«, wiederholte sie. »In den Tanz hinein. Heb den Schlüssel, sag die Worte. Geh durch das Portal …«
Ihre Stimme folgte ihm, als er durch die hohen Steine hindurchging. Er verschloss die Angst in seinem Herzen. Wenn dies seine Bestimmung war, sollte es so sein. Das Leben währte lang, das wusste er. Es erfolgte lediglich in kurzen Schüben.
Er hob den Kristall. Ein einzelner Lichtstrahl drang aus den Wolken und fiel auf die Spitze. Macht fuhr durch seinen Arm wie ein Pfeil.
»Welten warten. Die Zeit fließt. Die Götter beobachten.«
»Wiederhole sie«, sagte Morrigan und sprach die Worte mit ihm gemeinsam. »Welten warten. Die Zeit fließt. Die Götter beobachten.«
Um ihn herum bebte die Luft, Wind kam auf, Licht und Geräusche umgaben ihn. Der Kristall in seiner erhobenen Hand glänzte wie die Sonne und sang wie eine Sirene.
Seine Stimme steigerte sich zu einem Brüllen, er schrie die Worte heraus.
Und dann flog er. Durch Licht und Wind und Klang. Über Sterne und Monde und Planeten hinaus. So schnell, bis ihn das Licht blendete, die Geräusche ihn taub machten und der Wind an seiner Haut zerrte.
Dann verblasste das Licht, der Wind erstarb, und die Welt wurde wieder still.
Keuchend stützte er sich auf seinen Stab und wartete darauf, dass seine Augen sich an das Halbdunkel gewöhnten. Er roch etwas – Leder vielleicht und Rosen.
Er befand sich in einer Art Raum, stellte er fest, aber er war ganz anders als alles, was er jemals gesehen hatte. Lange, niedrige Sessel in leuchtenden Farben standen darin, und ein Tuch bedeckte den Fußboden. An manchen Wänden hingen Bilder und an anderen standen Bücher, Dutzende von in Leder gebundenen Büchern.
Fasziniert trat er einen Schritt vor, als eine Bewegung links von ihm ihn erstarren ließ.
Sein Bruder saß an einer Art Tisch, darauf eine Lampe, die den Raum seltsam glühend beleuchtete. Seine Haare waren kürzer als sonst, und er musterte ihn amüsiert.
In der Hand hielt er eine Art Metallgerät, und sein Instinkt sagte Hoyt, dass dies eine Waffe war.
Cian zielte auf das Herz seines Bruder. Entspannt lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und legte die Füße auf den Tisch. Breit grinsend erklärte er: »Da sieh mal einer an, was die Katze da angeschleppt hat.«
Verwirrt blickte Hoyt sich nach einer Katze um. »Erkennst du mich?« Er trat einen Schritt vor. »Ich bin es, Hoyt. Dein Bruder. Ich bin gekommen, um …«
»Um mich zu töten? Zu spät. Ich bin schon lange tot. Bleib einfach da stehen. Ich kann dich ganz gut erkennen. Du siehst … na ja, ziemlich lächerlich aus. Aber ich bin trotzdem beeindruckt. Wie lange hast du gebraucht, um durch die Zeit reisen zu können?«
»Ich …« Seitdem er das Portal durchschritten hatte, war er ein wenig durcheinander, dachte Hoyt. Aber vielleicht lag es ja auch nur daran, dass er seinem toten Bruder gegen überstand, der äußerst lebendig wirkte. »Cian.«
»Ich benutze diesen Namen nicht mehr. Zurzeit heiße ich Keene. Eine Silbe. Nimm den Umhang ab, Hoyt, und lass uns mal schauen, was du darunter hast.«
»Du bist ein Vampir.«
»Ja, in der Tat, gewiss. Den Umhang, Hoyt.«
Hoyt öffnete die Schließe und ließ den Umhang zu Boden fallen.
»Schwert und Dolch. Schwere Bewaffnung für einen Zauberer.«
»Es wird ein Kampf stattfinden.«
»Glaubst du?« Wieder blickte ihn sein Bruder mit kühler Erheiterung an. »Ich kann dir versprechen, dass du verlieren wirst. Was ich hier in der Hand halte, nennt man Pistole. Es ist eine äußerst wirkungsvolle Waffe. Sie feuert ein Projektil schneller ab, als du blinzeln kannst. Du bist schon tot, noch
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