Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)
Bilder von Menschen und Orten, Dingen und Tieren. Er hatte höchstens eine Stunde damit herumgespielt, war aber das ständige Geplapper schon leid.
Also setzte er sich lieber hin und las und las, bis seine Augen brannten und sein Kopf zu voll war, um noch irgendetwas aufnehmen zu können.
Er schlief ein auf der Lagerstatt, die Cian als Sofa bezeichnet hatte, umgeben von Büchern.
Er träumte von der Hexe und sah sie in einem Lichtkreis. Sie trug nichts als den Anhänger, und ihre Haut schimmerte milchweiß im Kerzenlicht.
Ihre Schönheit überwältigte ihn.
Sie hielt eine Kristallkugel in beiden Händen. Er hörte ihre Stimme flüstern, verstand aber die Worte nicht. Und doch wusste er, dass es ein Zauberspruch war, weil er die Macht sogar im Traum spürte. Und er wusste, dass sie ihn suchte.
Einen Augenblick lang schienen ihre Blicke im Dunst einander zu begegnen, und Lust und Macht schossen gleichermaßen durch ihn hindurch. Sie öffnete die Lippen, als wollte sie etwas zu ihm sagen.
»Was zum Teufel soll das denn hier?«
Als Hoyt mit einem Ruck hochfuhr, blickte er in das Gesicht eines Riesen. Die Kreatur war groß wie ein Baum und ebenso dick. Er hatte ein Gesicht, über das selbst eine Mutter weinen würde, pechschwarz, mit Narben auf den Wangen und von verfilzten Haarsträhnen umgeben.
Er hatte ein schwarzes und ein graues Auge, die er jetzt beide zusammenkniff. Beim Sprechen entblößte er starke, weiße Zähne.
»Du bist nicht Cian.«
Bevor Hoyt etwas erwidern konnte, wurde er am Kragen hochgehoben und ordentlich durchgeschüttelt.
»Setz ihn wieder ab, King, sonst verwandelt er dich am Ende noch in einen kleinen, weißen Mann.«
Cian schlenderte aus seinem Schlafzimmer in die Küche.
»Woher hat er dein Gesicht?«
»Er hat doch sein eigenes«, erwiderte Cian. »Wenn du genau hinschaust, sehen wir uns gar nicht so ähnlich. Er war früher mein Bruder.«
»Ach ja? Teufel.« King ließ Hoyt einfach aufs Sofa zurückfallen. »Wie ist er denn hergekommen?«
»Zauberei.« Cian holte eine durchsichtige Gefrierpackung mit Blut aus dem abschließbaren Kühlfach. »Götter und Schlachten, Ende der Welt, bla, bla, bla.«
King grinste auf Hoyt herunter. »Verdammt. Und ich habe immer geglaubt, die Hälfte von dem Mist, den du mir erzählt hast, sei, na ja, eben Mist. Er ist immer ein bisschen wortkarg, wenn er seine Abendmahlzeit noch nicht gehabt hat«, erklärte er Hoyt. »Hast du einen Namen, Bruder?«
»Ich bin Hoyt von den Mac Cionaoith. Und du fasst mich nicht noch einmal an.«
»Na, das ist doch ein Wort.«
»Ist er wie du?«, wollten Hoyt und King unisono wissen.
Müde goss Cian das Blut in ein hohes, dickwandiges Glas und stellte es in die Mikrowelle. »Nein, zu beiden von euch. King managt meinen Club unten im Haus. Er ist ein Freund.«
Hoyt kräuselte verächtlich die Lippen. »Dein menschlicher Diener.«
»Ich bin kein Diener.«
»Du hast gelesen.« Cian holte das Glas aus der Mikrowelle und trank. »Hochgestellte Vampire haben manchmal menschliche Diener. Ich ziehe Angestellte vor. Hoyt ist hierher gekommen, um mich in die Armee zu holen, mit der er das große Böse bekämpfen will.«
»Die Steuerbehörde?«
Cian, der jetzt offensichtlich bessere Laune hatte, grinste, und Hoyt bemerkte, dass zwischen den beiden Männern ein Einverständnis herrschte wie früher nur zwischen ihm und seinem Bruder.
»Ja, wenn es nur das wäre. Nein, ich habe dir doch gesagt, dass ich Gerüchte gehört habe, und anscheinend treffen sie zu. Die Götter behaupten, Lilith von den Vampiren habe vor, die Menschheit zu vernichten und die Herrschaft über die Welten zu übernehmen. Mord und Totschlag.«
»Machst du darüber etwas Witze?«, warf Hoyt mit kaum unterdrückter Wut ein.
»Himmel, Hoyt, wir reden hier über Vampir-Armeen und Zeitreisen. Ja, klar mache ich darüber Witze. Wenn ich mit dir gehe, komme ich wahrscheinlich dabei um.«
»Wohin willst du gehen?«
Cian blickte King an und zuckte mit den Schultern. »Zurück in meine Vergangenheit, um für unseren großen General hier als eine Art Berater zu fungieren.«
»Ich weiß nicht, ob wir zurück, vorwärts oder zur Seite gehen.« Hoyt stapelte die Bücher auf den Tisch. »Auf jeden Fall gehen wir zurück nach Irland. Man wird uns sagen, wohin wir als Nächstes reisen müssen.«
»Hast du ein Bier da?«, fragte King.
Cian öffnete den Kühlschrank, holte eine Flasche Harp heraus und warf sie King zu.
»Wann brechen wir auf?« King
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