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Grün wie ein Augustapfel

Grün wie ein Augustapfel

Titel: Grün wie ein Augustapfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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so, als ob du ein Idiot wärst!« knurrte Werner Cornelius. »Wir haben dich immer ganz schön aufpoliert. Ja oder nein? Na also! So blöd, wie du tust, bist du nämlich gar nicht.«
    »Ich bin noch blöder, als du denkst. Bloß mein Alter hat es noch nicht gespannt. Oder er will es nicht wahrhaben. Ich armes Schwein muß dafür büßen, daß er am Schalter Briefmarken leckt. Aus mir will er 'nen Postminister machen...«
    Gregor und Werner kannten das Lied, sie hörten es schließlich nicht zum erstenmal, das Lied von dem brennenden Ehrgeiz eines Vaters, aus seinem Sohn etwas Höheres zu machen, zum mindesten einen Oberpostrat. Jahrelang war Walter Scholz von den Klassenkameraden erbarmungslos aufgezogen worden, nachdem er auf die Frage eines Lehrers nach seinem Berufsziel brav geantwortet hatte, er wolle die >höhere Postkarriere< einschlagen. Die Frotzeleien hörten erst auf, als er nach intensivem sportlichem Training stärker als seine Quälgeister wurde und einige Nasen blutig geschlagen hatte.
    »Weiß dein Alter überhaupt, was los ist?« fragte Gregor.
    »Er hat keine Ahnung. Er bildet sich ein, daß ich glänzend stehe.«
    »Mein lieber Schwan, dann würde ich ihn aber an deiner Stelle schonend darauf vorbereiten, daß es mit dem Abs schiefgehen kann«, meinte Gregor.
    »Noch gebe ich die Hoffnung nicht auf.«
    Gregor und Werner schwiegen mit düsteren Gesichtern. Sie wollten Walter nicht vollends entmutigen, aber mit zwei Hauptfächern, Mathematik und Deutsch, im Minus, war der Bart ab. Da gab es keine Illusionen.
    »Und sich vorzustellen, daß die ganzen Abituraufgaben jetzt in der Penne im Schreibtisch vom Chef liegen«, sagte Werner Cornelius, »Deutsch, Latein, Griechisch, Mathematik, in einem dicken gelben Umschlag, rot versiegelt...«
    »Wer sagt dir das?« fragte Walter Scholz elektrisiert.
    »Heinz Krieger. Warst du nicht dabei, als er es erzählte? Als er dem Chef heute die Hefte von der Geschichtsarbeit ins Direktorat brachte, kam gerade der Briefträger mit der Post. Es war ein Einschreibebrief. Und der Chef hat unterschrieben und dabei den Krieger recht dreckig angegrinst und gesagt: >Na, Krieger, da möchten wohl Sie und manch anderer gern wissen wollen, was da drin steht, was?<«
    »Mann«, seufzte Walter auf, »eine Maus müßte man sein!«
    »Oder ein Holzwurm«, meinte Gregor, »aber du bist kein Holzwurm, das ist dein Pech.«
    »Wo der Chef die Arbeiten wohl aufbewahren mag?«
    »In seinem Schreibtisch natürlich. Heinz Krieger hat gesehen, wie er sie im Schreibtisch einschloß.«
    »Wenn man da 'ran könnte...!«
    »Dann wärst du deine Sorgen los, was?« grinste Werner.
    »Hör auf zu spinnen, Walter«, sagte Gregor und schlug dem Freund kräftig auf die Schulter, um ihn aus seinen Träumen zu erwecken, »da kommst du nicht heran. Und außerdem...«
    »Was außerdem?«
    »Ach, hören wir doch mit dem Quatsch auf! Es hat doch gar keinen Zweck, darüber auch nur ein Wort zu verlieren.«
    »In Nürnberg haben sie vor ein paar Jahren ein tolles Ding gedreht«, sagte Walter Scholz blinzelnd, »es waren allerdings Oberrealisten, die verstehen von dem Zeug natürlich mehr als wir mit unserm ollen Sprachenkram...«
    »Na, was denn?«
    »Die Brüder haben in einem Haus in der Nähe der Penne eine komplette Sendestation eingerichtet, Kurzwellen oder sogar Ultrakurz. Und dabei hat ein Bursche mitgemacht, der schon Referendar war. Also kurz und gut: Im Zeichensaal, wo das Schriftliche stattfand, waren am Katheder und an der Tafel winzige Mikrophone angebracht, so daß die drüben am Sender die Aufgaben mitbekamen, wie sie diktiert wurden. Und jeder von den Abiturienten hatte einen Mikroempfänger in der Tasche, selbstkonstruiert und nicht größer als 'ne Bohne. Und drüben im Sender der Referendar, ein Mathematiker und Physiker, hat die Aufgaben natürlich im Handumdrehen gelöst und hat sie den Jungens diktiert. Und die Brüder haben geschrieben, daß die Kugelschreiber rauchten. Und denen, die nicht so besonders gut standen, hat er sogar ein paar Schnitzer in die Arbeiten 'reindiktiert...«
    »Wer?«
    »Der Referendar natürlich, wer sonst?«
    »Und weiter, was geschah weiter?«
    »Es war das beste Abitur, das jemals auf der Penne gemacht worden ist!«
    »Kunststück...«, grinste Gregor.
    »Und die Sache ist nie herausgekommen?« fragte Werner, auf den Walters Geschichte Eindruck gemacht zu haben schien.
    »Doch! Das ist ja der Witz«, sagte Walter feierlich, »sie ist herausgekommen. Aber der

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