Gründergeschichten
gigantische Wirkung haben: Wie ein herkömmlicher Turbolader verdichtet er Luft, bevor diese
mit Benzin vermischt in die Zylinder geblasen wird. Allerdings lagert nicht Öl seine Drehbewegung, sondern Luft. Bedenkt man,
dass in einem Dieselfahrzeug 40 Prozent des Ölverbrauchs die Schmierung des Turboladers ausmacht, ist allein dieser ökologische
Gewinn erheblich. Außerdem |107| ist unsere Lösung weniger störanfällig, weil kein Verschleiß entsteht. Wir haben im Auftrag von Mercedes und Volkswagen ein
erstes Modell entwickelt. Gespräche laufen für eine Weiterentwicklung.
Klar, das sind alles berufliche Erfolge. Wo bleibt die Familie? Meine Frau weiß, dass es kein Rütteln an AeroLas gibt. Wenn
man einmal so was aufgebaut hat, gibt es kein Zurück mehr. Der Arbeit gehört die meiste Zeit. Selbst die Wochenenden brauche
ich zur Regeneration. Zwei Tage, an denen ich frei vom Ärger der täglichen Geschäftsführung über technische Lösungen nachdenken
kann. Da wasche ich dann mein Auto, gehe Bildbände über Hochleistungsprodukte wie Malerei oder Möbelstücke anschauen oder
schlendere durchs Technische Museum. Die Kinder schätzen das nicht mehr so. Ich habe zwei Töchter und einen Sohn.
Ich hatte meine Frau allerdings auch nicht nach ihrem Einverständnis gefragt, als ich meine Laufbahn an der Universität gegen
die Selbstständigkeit eingetauscht habe. Ich bin so egoistisch, dass ich nicht über die wesentlichen Dinge des Lebens diskutiere.
Ich denke auch, dass eine Partnerschaft nicht darin besteht, sich den anderen zurechtzubiegen. Es ist eine ganz große Leistung
meiner Frau, dass sie mich akzeptiert, wie ich bin. Das ist bestimmt nicht einfach und mehr, als ich von ihr erwarten kann.
Es hilft sicher, dass wir uns schon mit 17 Jahren kennen gelernt und die Grundeinstellungen zum Leben gemeinsam entwickelt
haben.
Mir tut weh, wenn wir bei einer Veranstaltung eingeladen sind und nur ich im Mittelpunkt stehe. Da denke ich, der Partner
trägt doch einen ebenso großen Anteil am Erfolg der Firma, schließlich hat sich meine Frau die ganzen Jahre um |108| die Kinder gekümmert. Das wird aber leider in der Gesellschaft so nicht anerkannt. Für meine Kinder ist meine Fokussierung
auf die Arbeit kein Problem, sie haben nie etwas anderes kennengelernt. Meine älteste Tochter ist jetzt 18 Jahre alt und bat
mich kürzlich um Rat, ob sie Ingenieurin werden und in die Firma einsteigen solle. Ich habe ihr zu Bedenken gegeben, dass
die Leitung einer Firma ein Durchhaltevermögen voraussetzt, unter dem sie vielleicht mehr leiden würde als ich. Meine Tochter
kennt mein Leben. Wenn sie bei Aero-Las einsteigen will, freue ich mich. Ich erwarte es aber nicht von ihr.
Ich kann nicht genau erklären, woher bei mir der Wille zum Erfolg und die Liebe zur Technik kommen. Mein Vater ist ein Kunsthistoriker
aus Würzburg. Dem ist die Welt des Unternehmers fremd. Viel prägender in der Hinsicht war mein Onkel. Ab dem elften Lebensjahr
habe ich jede Sommerferien in seiner Großbäckerei gejobbt und für einen Jugendlichen richtig viel Geld verdient, bis zu 2
000 D-Mark im Monat. Vom ersten Lohn habe ich mir ein Rennrad gekauft. Das war für mich ein Erfolgserlebnis. Ich bin viele
Rennen gefahren. Ich liebe Wettkämpfe. Fehlt der Wettbewerb bei etwas, macht es mir keinen Spaß.
Außerdem bin ich ein Perfektionist. Ich hasse es, wenn Krümel im Büro liegen, und sauge lieber selbst, wenn die Putzfrau erst
in einem Tag wiederkommt. Ich liebe es, baugleiche Teile von AeroLas in Kisten verpackt fertig für den Transport zu sehen.
Ich liebe perfekte Gegenstände: Designermöbel, mein Carbon-Rennrad oder die Laptops und iPods von Apple, weil man da den Menschen
Steve Jobs hinter seinen Produkten spürt.
|109| Ich bin ein Einzelkämpfer. Für Freundschaften bleibt mir keine Zeit. Sie fehlen mir auch nicht. Mir reicht der Gedankenaustausch
mit meinem Rechtsanwalt, der mich seit der Unternehmensbegründung begleitet. Wenn man jemanden seinen Freund nennt, sollte
man auch Zeit für ihn haben. Wenn ich ehrlich zu mir bin, habe ich die einfach nicht.
Lohnt sich das alles? Der Unternehmenswert von AeroLas ist derzeit mit 20 Millionen Euro ausgewiesen. 70 Prozent der Firma
gehören mir. Ich könnte bereits sorgenfrei leben, würde ich verkaufen. Dann hätte ich aber nicht mein Ziel erreicht. Mir geht
es nicht in erster Linie um Reichtum. Sondern um die Vorstellung, dass vielleicht
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