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Gründergeschichten

Titel: Gründergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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brenzligen Situationen« würde er das eher
     nennen. »Muffensausen« ist auch akzeptabel. So was in der Art jedenfalls kam bei Würth auf, als er sich zwischen Island und
     Grönland befand. Im Cockpit. Jenseits alles gefunkten oder elektronischen Beistands von der Erde. »Und da kam ich dann an
     den point of no return: Zu wenig Flugbenzin, um nach Island zurückzukehren, gerade noch genug, um Grönland zu erreichen. Das
     Wetter war da auch nicht so besonders.« Seine Frau und die drei Kinder hatte er mit in der Maschine. »Ich durfte mir nichts
     anmerken lassen.« Er musste »nach Karte fliegen«, aber die Karte zwischen Island und Grönland gibt verdammt wenig her außer
     eisigem Meer.
    |244| Klar, die Episode ging – typisch Würth – gut aus. Er landete neben Eskimos auf einer Schotterpiste. Aber was hat ihn in diese
     Geschichte hineingetrieben? »Neugier«, sagt Würth. »Ich will wissen: Was ist hinter dem Berg und ums Eck? Geht das auch noch?
     Wie ein Bergsteiger vielleicht: Reinhold Messner hat nicht nur einen Achttausender bestiegen, sondern alle, obwohl die anderen
     auch nicht höher waren.«
    Würth ist kein Bergsteiger. Bei ihm klettert der Umsatz, und zwar von Rekord zu Rekord, ins schier nicht mehr Nachvollziehbare.
     Richard von Weizsäcker sprach einmal von den »Himalaya-Höhen des unternehmerischen Erfolges von Reinhold Würth«. Im Jahr 1954
     fing er an mit zwei Mitarbeitern und einem Umsatz von 80 000 Euro. Seitdem wuchs der Jahr für Jahr bis auf wenige Ausnahmen
     mit zweistelligem Prozentsatz. »Den einzigen Umsatzrückgang hatten wir 1975 im Zuge der Ölkrise mit diesen Sonntagsfahrverboten.«
     Vergangenes Jahr setzte die nach seinem Vater benannte Adolf Würth GmbH, inzwischen ein Konzern mit über 59 000 Mitarbeitern
     in 83 Ländern, 7,7 Milliarden Euro um.
    Sein luftiges Büro liegt im obersten Stock der Würth-Zentrale in Künzelsau-Gaisbach. Da sitzt dieser Pionier des deutschen
     Wirtschaftswunders, im Hintergrund weiter Blick auf sanfte Hohenloher Hügel im Mittagsdunst und wirkt kein bisschen abgehoben.
     Flusige silberne Löckchen, eine dicke Armbanduhr mit schwarzem Ziffernblatt, südseeblaue Augen, passend dazu ein blau-weiß
     gestreiftes Jackett und eine blau gemusterte Krawatte von Hermès. Sein 60-Quadratmeter-Refugium ist fast leer: ein kleiner
     Eichenschreibtisch, »aber an dem sitzt er praktisch nie«, hat seine Chefsekretärin gesagt, und ein riesiger runder Tisch in
     der Mitte, |245| »an dem sitzt er immer«. So auch an diesem späten Dienstagvormittag. Anderthalb Stunden für ein erstaunliches Leben, zwischen
     einer Sitzung mit der Geschäftsführung, »da ging es um Finanzen«, und seinem Flug nach Basel, »da will ich wegen der Kunst
     hin«. Natürlich fliegt er selber. Wenn seine Chefsekretärin mit ihm seine Termine planen will, dann muss sie sich dafür einen
     Termin bei ihm machen, Zeit ist Geld, wie gut, dass Würth, 72, der immer noch »70 bis 100 Stunden« pro Woche arbeitet und
     im Ranking des Wirtschaftsmagazins
Forbes
als siebtreichster Deutscher gelistet wird, gleich sagt, dass er sich diese Arbeitszeiten ja schon längst nicht mehr wegen
     des Geldes antut. »Ob das sieben oder acht oder sechs Milliarden Umsatz sind, ist eigentlich egal«, meint er.
    Überhaupt nicht egal dagegen ist, was man mit dem Geld macht. »So ein Unternehmen«, sagt Würth, »ist etwas Lebendiges, und
     jedes Leben hat seine Zeit. Die Eintagsfliege lebt einen Tag und die Bäume im kalifornischen Nationalpark vielleicht 4 000
     Jahre. So ist das auch mit Unternehmen: Manche sind drei Monate nach der Gründung pleite, andere, wie Weihenstephan, haben
     1 000 Jahre überlebt. Mit allen wird es einmal zu Ende gehen, auch mit Daimler, Siemens, der Deutschen Bank, ja eines Tages
     sogar mit der Firma Würth.« Aber hoffentlich »erst in 500 Jahren. Werden – Sein – Vergehen – diese Stadien kennzeichnen alles
     Leben, auch das unternehmerische.« Würth versucht das Seine so lange wie möglich »in der ersten Phase, der Kindheit und Jugend,
     zu halten«, und darunter versteht er: »Fröhlichkeit, Optimismus, Leistungsbereitschaft, Wachstum.« Dafür der ganze Aufwand,
     die Rumfliegerei, die Konferenzen, neue Zukäufe, neue Geschäftssparten |246| , neue Ideen. Bloß kein Stillstand »im Zustand des Seins, wo dann die Kameralisten kommen, wo dann die Buchhaltertypen kommen
     und bloß noch Häkle machen und verwalten, und dann am Ende gar das ganze Unternehmen

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