Gruene Armee Fraktion
hohen Masten beleuchtet, schien menschenleer.
Misstrauisch betrachtete er die Berge von Metallkisten, suchte die endlosen Reihen nach Arbeitern ab, sah aber nur Kräne mit roten Alarmlichtern, die hin- und herfuhren, um weitere Container zu stapeln. Er versuchte, das flaue Gefühl im Magen zu ignorieren, und folgte Wustrow zu einem Leitstand, der wie der Tower eines Flughafens aussah.
Drinnen empfing ihn das scharfe Profil Bussungs, von einem Bildschirm in bläuliches Licht getaucht.
Mondrian brauchte einen Moment, ehe er sich in der dunklen Warte orientiert hatte. Ein Dutzend Männer saß vor Monitoren mit den Stauplänen einlaufender Schiffe. Auf den Schaubildern mit Tausenden bunter Kästchen, jedes ein Container, konnten sie die Herkunft und den Transportweg aller Boxen zurückverfolgen; das elektronische Puzzle verriet auch den aktuellen Stellplatz an Bord.
»Hier, die Kiste könnte es sein.« Einer der Männer beugte sich zu seinem Bildschirm vor und zeigte auf ein rotes Viereck zwischen einem Haufen anderer Kästchen. Er schaute hoch zu Bussung, der von Wustrow und weiteren Begleitern flankiert war. »Falls die Informationen, die mir Ihre Leute über die verdächtige Box gegeben haben, richtig sind.«
»Welches Schiff?«, fragte der Staatssekretär knapp.
»›MS Kowloon‹. Heimathafen Hongkong, letzter Port Rotterdam, fünftausendsiebenhundert Stellplätze. Macht demnächst da unten fest.«
»Dann wollen wir uns das mal ansehen.« Bussung fasste Mondrian am Arm und zog ihn aus dem Raum.
»Haben Sie überhaupt keine Angst?«, fragte Mondrian, als der Staatssekretär mit energischen Schritten über den riesigen Vorplatz lief und auf den Kai zusteuerte. Dort gab es einen freien Liegeplatz zwischen mehreren Frachtern, die von riesigen Kranbrücken mit Containern beladen wurden.
»Angst wovor? Vor einer Explosion? Kaum. Solange der Container noch im Schiff liegt, mitten unter anderen Boxen, kann er keinen besonderen Schaden anrichten, versichern meine Spezialisten.«
»Nein. Ich meine Angst davor, dass alles auffliegt.«
Bussungs Augen verengten sich. »Was wollen Sie damit sagen?«
»Dieser Ammonium-Container. Der Drohbrief der Green Front, die Bekennerschreiben der GAF. Alles erfunden und gefälscht.«
Bussung blieb stehen und fixierte Mondrian.
»Was reden Sie da für einen Unsinn?«
»Das Ganze ist nichts anderes als eine gigantische Täuschung.«
»Ist die Phantasie mit Ihnen durchgegangen?«
»Durchaus nicht, im Gegenteil. Meine Phantasie hat nicht ausgereicht, mir das alles vorzustellen. Mordanschläge mit falschen Spuren. Indizien, die anderen untergeschoben werden. Ein umgedrehter Professor und ein V-Mann, der erpresst wird.«
»Sind Sie unter die Verschwörungstheoretiker gegangen?« Falls Bussung anfing, nervös zu werden, verbarg er das gut. Seine Stimme blieb kühl wie die brackige Nachtluft über dem Hafenbecken, während im Dunst langsam die Positionslichter der »Kowloon« unter der Köhlbrandbrücke auftauchten. »Woher haben Sie denn dieses verrückte Zeug?«
»Das spielt jetzt keine Rolle. Gehen Sie einfach davon aus, dass ich Dokumente darüber habe. Zum Beispiel die Aussage eines Zeugen, der mitgemacht hat.«
»Meinen Sie diesen Kameltreiber?«, brach es aus Bussung hervor, während er sich wieder in Bewegung setzte. »Dass ich nicht lache.«
»Schön, dass Sie wissen, von wem ich rede. Und lächerlich ist er offenbar nicht. Sonst würde man nicht so viel Wert darauf legen, ihn außer Landes zu schaffen. Damit er nicht mehr auspacken kann.«
»Das behauptet er möglicherweise. So wie er wohl noch viele andere Geschichten auftischt.«
»Allerdings. Von Geldzahlungen für Informationen …«
»Wäre ja dann genau wie bei Ihnen«, höhnte Bussung.
»… von einer Haschischplantage, die auf eine Idee seines Kontaktmanns zurückgeht …«
»Blühende Phantasie.«
»… und von falschen Beweismitteln, die er in die Wohnung gepflanzt hat«, bluffte Mondrian.
»Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Mal im Ernst, denken Sie, dass irgendjemand einem afrikanischen Illegalen glaubt? Wollen Sie darauf etwa eine Story bauen?«
Bussung lachte auf und spuckte ins Wasser. Sie standen jetzt vor der freien Stelle am Kai, wo die »Kowloon« zwischen zwei anderen Frachtern anlegte. Zwei Schlepper drehten den Koloss behutsam im Hafenbecken und bugsierten ihn näher heran.
Während sich der schwimmende Stahlberg vor ihnen in den Nachthimmel schob, sagte Mondrian: »Zugegeben,
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