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Gruene Armee Fraktion

Gruene Armee Fraktion

Titel: Gruene Armee Fraktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Metzner
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Anschriften.«
    »Saubere Arbeit«, kam aus Hamburg zurück, jetzt schon entspannter. »Wie hast du das denn hingekriegt?«
    Mondrian räusperte sich. »Das willst du gar nicht wissen.« Er musste innerlich beinahe schmunzeln, als er sich das verdutzte Gesicht seines Ressortleiters vorstellte.
    »Okay.« Rolfes lachte kurz auf, dann drängte er: »Also kannst du gleich losziehen zum Witwenschütteln.«
    »Du weißt, wie ich das hasse, Marc«, erwiderte Mondrian, und sein Gesicht verfinsterte sich.
    »Witwenschütteln« , so wurde in der Branche manchmal der Hausbesuch bei Hinterbliebenen von Verbrechens- und Katastrophenopfern genannt. Der Versuch, den Trauernden ein paar Worte abzuringen, besser noch ein paar Privatfotos aus einer nie wiederkehrenden Zeit.
    »Für dieses Spiel hast du doch viel bessere Leute«, sagte Mondrian und dachte an die rothaarige Nadja Polanski. Das war seine diplomatische Form der Weigerung. »Aber ich gebe euch gleich die Daten der Opfer durch.«
    Das Zähneknirschen in Hamburg war fast durchs Handy zu hören. »Dann kümmer dich wenigstens um den Kerl, der gleich bei dir einschwebt«, grummelte Rolfes ärgerlich.
    »Mister Wichtig?«, fragte Mondrian. Vor ein paar Minuten bereits hatte er das Gerücht gehört, dass der Staatssekretär des Bundesinnenministeriums im Anflug sei.
    »Genau der«, bestätigte Rolfes, »der Mann für große Auftritte. Er soll in wenigen Minuten vor dem Tunnel landen, sagt unser Berliner Büro.«
    »Wozu? Katastrophentourismus?« Mondrian blickte in den grau melierten Nachmittagshimmel. Von ferne war wieder Hubschraubergeknatter zu hören, das rasch anschwoll.
    Er konnte gerade noch verstehen, wie Rolfes sagte: »Angeblich hat er eine neue Botschaft dieser grünen Spinner im Gepäck.«

11
    Pressekonferenz, Landrückentunnel
     
    Den Auftritt hätte Roland Emmerich nicht besser inszenieren können.
    Zuerst, Breitwand, flog der leuchtend blaue Hubschrauber der Bundespolizei mehrere Runden über die grünen Bergrücken. Dann, Dolby Surround, stand die Acht-Tonnen-Maschine mit dröhnenden Rotoren minutenlang über dem Feldlager, bis alle Fernsehkameras auf sie gezoomt hatten. Danach setzte der Helikopter mit seinen dreitausendsiebenhundert PS wie in Zeitlupe auf einer extra freigeräumten Asphaltfläche auf. Die Seitentür ging auf.
    Ein hagerer Mann in blauschwarzem Anzug, dezente dunkle Krawatte, die gegelten Haare streng nach hinten gestrichen, erschien in der Öffnung. Sprang federnd nach draußen, hob den Arm zur Begrüßung und ging auf den Einsatzleiter zu, der an der Spitze eines uniformierten Empfangskomitees auf ihn wartete. Kein Lächeln, sondern ernstes Gesicht. Händeschütteln. Alle Augen auf den Besuch aus Berlin.
    Dr. Frieder Bussung war ein Mann, der die Blicke automatisch auf sich zog. Über eins neunzig groß, mit asketischem Gesicht und drahtiger Figur, wirkte er wie ein austrainierter Marathonläufer. Und mit scheinbar unbegrenzter Energie hatte der Enddreißiger seinen Weg bis in die Spitze des Bundesinnenministeriums gemacht.
    Er kam aus Thüringen, und die Tatsache, dass sein Vater hoher SED-Funktionär gewesen war und er selbst in jungen Jahren FDJ-Mitglied, hatte ihm nie geschadet. Ein frühes Theologiestudium in Greifswald hatte er abgebrochen, um an die juristische Fakultät in Marburg zu konvertieren.
    Mit exzellentem Abschluss, aber ohne Parteibuch war er in Berlin fast geräuschlos zur rechten Hand des Innenministers aufgestiegen. Seine Karriere galt als so außergewöhnlich, dass gelegentlich Vermutungen umliefen, er habe besondere Verbindungen in Wirtschaft oder Politik.
    Untergebene im Ministerium fürchteten seine Arbeitswut, weil er sie noch am späten Abend zum Rapport rief. Die Hauptstadtpresse liebte ihn dafür, dass er an Wochenenden im neonfarbenen Sportdress mit dem Rennrad Kilometer um Kilometer durch den Grunewald fuhr. Das gab bunte Bilder, ganz anders als sonst in der grauen Berliner Republik üblich. Und auch jetzt folgte ihm ein Tross von Journalisten bereitwillig, als er zu einer Platzrunde aufbrach.
    Mondrian beobachtete vom Rand des Feldlagers aus, wie Bussung auf das Lazarett zusteuerte. Begleitet von Personenschützern betrat er ein Rotes-Kreuz-Zelt und sprach mit leitenden Ärzten. Beugte sich über Liegen, um ein paar Worte mit verletzten Kindern zu wechseln und ihnen die Hand auf die Schulter zu legen. Ließ sich von Bahnbeamten Streckenpläne und den Einsatz der Kräne erklären, bevor Feuerwehrleute ihn in

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