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Grüne Magie

Grüne Magie

Titel: Grüne Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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zum Frohlocken. Die Zweikammigen aber waren skeptischer. Sie räumten durchaus eine solche Möglichkeit ein – immerhin wußten alle, daß sich ihr Schicksal irgendwann auf dem Land erfüllte. Doch was dann? Die Überlieferungen der Traditionen boten ihnen keine weiteren Hinweise an, und deshalb konnte man nur spekulieren.
    Schließlich ergab sich für Ern die Möglichkeit, die Anderen mit eigenen Augen zu betrachten. Er war gerade dabei, auf dem Grund nach Krustentieren zu suchen, als er ein lautes und rhythmisches Platschen vernahm. Als er aufsah, fiel sein Blick auf drei große und lange Gestalten: prächtige Wesen! Sie schwammen kraftvoll und anmutig, und sie wirkten so beeindruckend, daß vermutlich selbst der Oger keinen Angriff gewagt hätte! Ern folgte ihnen in sicherem Abstand und überlegte, ob er es wagen sollte, sich ihnen zu nähern und zu zeigen. Sicher wäre es höchst interessant gewesen, mit jenen Anderen zu sprechen und von dem Leben auf dem Land zu erfahren… Die Fremden verharrten, beobachteten einige spielende Wasserkinder und deuteten hierhin und dorthin, während die Kinder innehielten und verwundert zu ihnen emporstarrten. Und da kam es zu einem erschreckenden Zwischenfall.
    Das größte der zweikammigen Wasserkinder war Zim der Namensgeber, ein Wesen, das als klug und weise galt. Zims Vorrecht bestand darin, seinen Artgenossen Namen zu verleihen, und von diesem Privileg hatte er auch Ern gegenüber Gebrauch gemacht. Zim bemerkte die Anderen zunächst nicht, als er heranschwamm. Die Fremden deuteten auf ihn, gaben dumpfe und guttural klingende Schreie von sich und tauchten. Zim erstarrte, als er sie kommen sah, und er zögerte kurz und sauste dann fort. Die Anderen verfolgten ihn, jagten hin und her und hatten ganz offensichtlich die Absicht, ihn einzufangen. Zim schien vor Angst völlig außer sich zu sein, denn er entfernte sich von den Watten; nach einer Weile wurde er von der Strömung erfaßt und fortgetragen, in Richtung der Sturmgrenze.
    Die Anderen gestikulierten zornig und enttäuscht und schwammen zurück. Ihre Arme und Beine durchteilten das Wasser und bewegten sich so kraftvoll und wuchtig, daß Gischt spritzte.
    Fasziniert und neugierig folgte Ern. Durch einen seichten Priel glitt er, und schließlich verharrte er vor einem Strand aus dichtem Morast. Die Anderen wateten an Land und schritten durch das hohe Riedgras davon. Ern ließ sich treiben, und in seinem Innern herrschte ein Durcheinander aus widerstreitenden Empfindungen. Er fragte sich verblüfft, wieso derart prächtige Geschöpfe Zim den Namensgeber in den sicheren Tod gejagt hatten. Das Land war recht nahe, und in dem festen Morast zeigten sich die Fußspuren der Fremden. Wohin führten sie? Und welche Wunder harrten jenseits des Grases auf Entdeckung? Ern wagte sich noch weiter vor, streckte die Beine und versuchte zu gehen. Die entsprechenden Gliedmaßen fühlten sich schwach an und knickten immer wieder ein. Ern mußte sich ganz auf sein Bemühen konzentrieren, um einen Fuß vor den anderen setzen zu können. Sein Leib wurde nun nicht mehr vom Wasser getragen, und er kam sich schwerfällig und ungelenk vor. Vom Schilf her ertönte ein erschrockenes Kreischen. Plötzlich bewegten sich die Beine Erns von ganz allein, und mit langen Sprüngen setzte er über den Strand hinweg. Er kehrte ins Wasser zurück und schwamm so schnell wie möglich durch den Priel. Andere folgten ihm, und die Fluten schienen plötzlich zu brodeln. Ern wich zur einen Seite aus und versteckte sich hinter einer Ansammlung aus verfaulendem Riedgras. Die Anderen stürzten durch den schmalen Kanal, wateten wütend durch das seichte Wasser jenseits davon und suchten eine Zeitlang ergebnislos.
    Ern hielt sich weiterhin verborgen. Nach einer Weile kehrten die Anderen zurück und kamen nahe an Erns Versteck vorbei – so nahe, daß er ihre glitzernden Augen und das gelbe Innere der Mundhöhlen sehen konnte, wenn sie nach Luft schnappten. Mit ihren hageren Gestalten, runden Köpfen und dem einen Flaumkamm darauf ähnelte sie weder Ern noch Zim, sondern eher den einkammigen Wasserkindern. Sie gehörten nicht zu seiner Art! Er war kein Anderer! Ern zitterte vor Aufregung und Enttäuschung, als er in die Watten zurückschwamm.
    Nach diesem Erlebnis änderte sich alles. Die unbekümmerte Unschuld des alten Lebens gehörte der Vergangenheit an. Ern verspürte nun ein diffuses Unbehagen und sah sich außerstande dazu, Gefallen an den Dingen zu finden, die ihn

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