Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition)
ich bis zum Sommer brav weiter zur Lernhilfe gehe und die Versetzung schaffe, darf ich eine richtige Party machen. Hat mir mein Dad fest versprochen. Manchmal ist er richtig süß“, tönt Laura.
Meine Eltern würden mir in den Hintern treten, wenn ich eine Klasse wiederholen müsste und direkt im nächsten Jahr wieder auf der Kippe stehe. Eine Party wäre das letzte, was mir meine Erzeuger erlauben würden. Wen sollte ich auch einladen? Eine reine Mädels Party ist kindisch und wirklich viele coole Leute kenne ich auch nicht. Aber das scheint sich ja gerade zu ändern!
„Judiths Party letztens war der Hammer, total geil“, fährt Laura fort und tickert wild auf ihrem Handy herum. „Ich hab die Bilder alle auf meinem Handy. So muss das bei mir auch abgehen. Guckt mal, die Diashow.“
Sie reicht mir als erste ihr Handy rüber. Ich blicke in das kleine Display, um die viel zu dunklen Fotos anzuschauen. Das erste Bild: Laura mit Louisa im Arm, prostend und so nah, dass man von beiden jeweils nur einen Teil des Gesichts erkennen kann. Das nächste Bild: Ein dunkler Partyraum, man kann die drei Leute, die vor der Linse posieren, nur schemenhaft erahnen. Ich versuche ein halbwegs interessiertes Gesicht zu machen und zucke mit einem mal unmerklich zusammen. Zwischen den ganzen schlechten Schnappschüssen blickt mich, auf einem der wenigen gut belichteten Fotos, Tim an. Mein Tim! Auf Judiths Party! Zusammen mit Laura? Während mir die Gedanken wild durch den Kopf schießen, ist er auch schon wieder weg. Hellwach und aufmerksam verfolge ich die weiteren Bilder, aber er erscheint nicht noch einmal. Mist, wie stoppe ich das Ding? Als Laura mir ihr Handy aus der Hand nimmt, um es an Ida weiter zu reichen, unterdrücke ich den Impuls ihr einfach auf die Finger zu hauen, aufzuspringen und mit Tim beziehungsweise dem Telefon wegzulaufen.
Das gibt es doch gar nicht. Laura kennt Tim beziehungsweise Judith kennt Tim. Wer ist Judith überhaupt? Augenblicklich lasse ich die Leute aus der 8c vor meinem geistigen Auge durchlaufen. Die kleine Blonde mit den Wulstlippen? Oder die große dürre Rothaarige mit der Stoppelfrisur?
Laura startet die Show erneut und reicht das Handy an Ida weiter. Ich versuche Ida mit Blicken zu erreichen, aber sie nimmt mich gar nicht wahr. Ich studiere Idas Gesicht ganz genau und versuche zu erkennen, wann sie bei Tims Foto angelangt. Er muss ihr doch auffallen, so gut wie er aussieht.
„Coole Bilder“, meint sie jedoch nur, gibt Laura das Handy mit dem kostbaren Inhalt zurück.
Ein Bild von Tim, das wäre abgefahren. Daran arbeite ich jetzt schon seit einem geschlagenen halben Jahr. Es ist ja nicht so, dass ich meine Hausaufgaben nicht gemacht habe. Meine Recherche war schon sehr vorbildlich: Intensive Suche auf Schüler VZ, der Homepage des Goethegymnasiums und auf den Seiten aller Fußballvereinen der Gegend. Ich habe eine Fußballvereinsliste der Stadt zusammengestellt und alle A und B Jugend-Mannschaften nach Tims abgesucht. Zwei Vereine mit einem entsprechenden Tim kamen in Frage. Der FC Süd mit Mannschaftsfotos auf der Webseite war es nicht, deren Tim ist ein kleiner dicker Torwart. Tim muss beim SV 1992 spielen, dessen Vereinsleitung es nicht schafft Fotos ihrer Spieler ins Netz zu stellen. Die Homepage gibt nur spärliche Informationen preis, keine Trainingszeiten, keine Spielzeiten. Das nenne ich Hinterwäldlerisch. So habe ich zwar erfahren, dass mein Tim mit Nachnamen Harrenberger heißt, mehr war jedoch nicht rauszukriegen. Seine Mannschaft spielt vermutlich so schlecht, dass die Spiele in der Lokalzeitung nie erwähnt, geschweige denn mit Fotos abgedruckt werden. Ich habe sogar ein extra email account unter falschem Namen angelegt, den Webmaster angemailt und um ein Foto seiner Mannschaft gebeten. Ein treuer Fan würde sich sehr freuen, schrieb ich. Prompt erhielt ich Antwort.
„Lieber Fan, während und nach unseren Spielen, haben sie Gelegenheit die Spieler zu fotografieren. Mannschaftsfotos werden zurzeit nicht ausgegeben.“
Pah, ich wette, die haben weder Fotos noch echte Fans. Ob seine Freundin sich am Fußballfeld für ihn den Hintern abfriert? Auf mich könnte er immer zählen! In einem dicken Schal in Vereinsfarben eingepackt und mit viel warmen Kakao in der Thermoskanne, würde ich ihn bei jedem Ballbesitz gröllend anfeuern und ihn tröstend durch die Locken streichen, wenn seine Mannschaft, trotz seiner phänomenalen Vorlage, verliert.
Und nun habe ich die einmalige
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