Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition)

Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition)

Titel: Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Hesse
Vom Netzwerk:
nicht, ob meine Eltern mir das überhaupt erlauben und zweitens wäre es wirklich eine Scheißaktion Nina zu versetzen.“
„Nina wird das schon verstehen. Was können wir dafür, dass das ausgerechnet auf den gleichen Tag fällt? Ist doch keine böse Absicht. Außerdem: Nina kümmert sich ja auch nicht um uns. Ständig ist sie beim Training. Wann hat sie das letzte Mal für uns Zeit gehabt? Sie lässt uns auch die halben Ferien sitzen.“
    Ida hat recht. Nina interessiert sich wirklich nur noch fürs Tanzen und ich habe sie in der letzten Woche zweimal gefragt, ob sie nicht mitkommen möchte und bekam jedesmal zur Antwort, dass sie keine Zeit wegen der Proben hätte.
„Es ist ihr nun mal wichtig“, verteidige ich sie trotzdem.
„Und mir ist Levin wichtig. Mensch, das ist meine Chance bei ihm. Dumpfbacke Louisa lacht sich doch ins Fäustchen, wenn ich nicht da bin. Dann hat die den ganzen Abend freie Bahn.“
Ich seufze. Eine vorbildliche Freundin würde zum Ballett gehen, Pony Paula, deren Leben sich gerade Richtung Erwachsenwerden bewegt, würde liebend gerne mit den anderen Abhängen und was erleben. Vielleicht lässt sich diese Judith ja unauffällig nach Tim ausfragen? Judith ist die kleine Blonde aus der 8c mit den Wulstlippen ist sich Ida sicher. Töchterchen reicher Eltern, immer in teure Klamotten Labels gehüllt. Ida behauptet, sie hätte aufgespritzte Lippen. Ich kann das nicht so ganz glauben. In unserem Alter zum Schönheitsdoc? Aber die Teile sehen wirklich schlauchbootmässig aus.
    „Wenn ich meiner Mutter erzähle, dass ich Schwanensee ausfallen lasse, hält sie mir eine Moralpredikt. Du, die bringt das und ruft Levins Eltern an um nachzufragen, was das für eine Party ist. Ob es Alkohol gibt und so“, werfe ich ein.
„Grottenpeinlich! Dann schenken wir Nina eben reinen Wein ein und sagen unseren Eltern erst gar nichts. Offiziell sind wir dann beim Ballett. Bei mir zuhause interessiert das ja sowieso keinen.“
    Die Ehekrise von Idas Eltern hat sich zugespitzt. Sie reden kaum noch miteinander. Ida hat angefangen ihnen gleich zu tun und sich auch nur noch auf die notwendigste Kommunikation zu beschränken. Sie tut mir leid. Meine Eltern sind für mein Empfinden zwar viel zu streng und angestaubt, aber man könnte unsere Familie durchaus als harmonisch bezeichnen. Die Vorstellung alle zwei Wochen mit Köfferchen zum Papawochenende aufzubrechen, lässt mir die Nackenhaare hochstehen.
    So war es bei Nina vor zwei Jahren. Herr Kaiser, ihr Vater, ist einfach ohne große Ankündigung ausgezogen. Nina und ihr kleiner Bruder Josh mussten sich dann am jeden zweiten Wochenende in seiner kleinen Wohnung das Schlafsofa im Wohnzimmer teilen. Kurz darauf wurde ihnen seine neue Freundin präsentiert, die spätere neue Kaiserin. Die bekam dann ein neues Haus, ein neues Kind und, was Nina ihrem Vater nie verzeihen wird, den Hund, den ihr Vater ihr die ganzen Jahre verweigert hatte. Seitdem sieht sie ihren Vater nicht mehr regelmäßig. Nina leidet darunter, spricht aber selten über dieses Thema. „Er hat jetzt eine neue Familie und wir wurden aufs Abstellgleis gestellt“, bemerkte sie einmal sarkastisch. Ich hoffe, Ida wird es nicht genauso ergehen. Ich sehe es also als meine Pflicht an, meiner ABF einen Gefallen zu tun und sie von ihrem Kummer zuhause abzulenken.
    „Okay, lass es uns so machen. Aber spätestens um halb zwölf muss ich zuhause sein. Meine Mutter denkt, Frau Kaiser fährt mich nach der Vorstellung.“
„Supi! Dann kommen wir jetzt zum wichtigsten Punkt: Das Outfit. Es muss Levin umhauen.“
    „Paula, Ida ist da.“ Angewurzelt bleibt meine Mutter in meinem Zimmer stehen und mustert mich von oben bis unten. „So willst du zum Ballett?“
„Wieso? Ist doch nur eine Aufführung in der Stadthalle. Was soll ich denn sonst anziehen? Ein weißes Rüschenkleidchen mit Schleifchen im Haar?“
„Das wäre auf jeden Fall besser als Jeans.“
Ida, die hinter meiner Mutter ins Zimmer getreten ist, schneidet versteckt eine Grimasse und deutet hämisch auf ihren Rock. „Ich habe mich auch in Schale geschmissen. Ist ja schließlich ein besonderer Abend.“
Meine Mutter nickt zustimmend und merkt nicht, dass Ida mich nur aufzieht. Sie hat sich für ihr Styling wirklich ins Zeug gelegt. Zum kurzen schwarzen Rock trägt sie ein weißes Top mit grauer Transparentblumenbluse. Die Haare stecken unter einem silbernen, mit Glitzerfäden durchzogenen, Feinstrickkäppi. Da ich ebenfalls nicht in Schutt und Asche

Weitere Kostenlose Bücher