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Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Titel: Grüne Tomaten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Flagg
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Verletzungen, die er sich – laut Aussage seiner Begleiterin – beim Versuch zugezogen hatte, eine besonders teure Weinflasche zu öffnen; Marke und Jahrgang unbekannt.
    Bilde ich’s mir nur ein, oder habe ich gestern Nacht in der Straßenbahn hinaus nach Ensley zur Tuxedo Junction tatsächlich Miss Ida Doizer gesehen? Tanzte sie ein paarmal mit Bennie Upshaw, um dann mit Mr. G. T. Williams heimzufahren?
    In allen populären Bands im ganzen Land müssen zwei oder drei Jungs aus Birmingham mitmischen, dank der ausgezeichneten musikalischen Ausbildung bei unserem geliebten Professor Fess Watley. Die Musikszene nimmt sie alle wohlwollend auf. Vergessen wir unseren alten Freund Cab Calloway nicht, der unsere magische Stadt bald wieder beehren wird.
    Diese Woche läuft ein wundervolles Programm im Frolic Theater. Montag bis Donnerstag – ein Fünf-Sterne-Programm: Erskine Hawkins, der »Gabriel des zwanzigsten Jahrhunderts«, in »Scharfer Schinken« oder »Sportfest aller Farben«.

P FLEGEHEIM R OSE T ERRACE
    O LD M ONTGOMERY H IGHWAY , B IRMINGHAM , A LABAMA
    2. März 1986
    Mrs. Threadgoode aß mit einem Holzlöffelchen einen Becher Vanilleeis und erzählte Evelyn von der Wirtschaftskrise. »Viele Leute starben auf die eine oder andere Art. Vor allem die Farbigen, die von Anfang an nicht viel hatten. Sipsey sagte, die halbe Bevölkerung von Troutville wäre erfroren oder verhungert, hätte es Railroad Bill nicht gegeben.«
    Dieser Name war Evelyn neu. »Wer war Railroad Bill?«
    Die alte Dame hob erstaunt die Brauen. »Habe ich noch nie von ihm erzählt?«
    »Nein, ich glaube nicht.«
    »Nun, er war ein berühmter Bandit – ein Farbiger, der sich nachts in die Frachtwaggons der Versorgungszüge von der Regierung schlich und Lebensmittel und Kohlen hinauswarf. Die Schwarzen, die entlang der Gleise wohnten, holten sich das Zeug bei Tagesanbruch und rannten damit heim, so schnell sie konnten. Ich nehme an, er wurde nie erwischt. Nie fand man heraus, wer er war. Grady Kilgore, ein Freund von Idgie und Detektiv bei der Bahn, kam täglich ins Café. Da lachte sie jedes Mal und sagte: ›Wie ich höre, läuft Railroad Bill immer noch frei herum. Was ist eigentlich los mit euch, Jungs?‹ Und er wurde immer wütend. L & N musste manchmal zwanzig zusätzliche Detectives einstellen und bot jedem, der Informationen über Railroad Bill weitergeben würde, lebenslänglich freie Fahrt an. Aber niemand verpfiff ihn. Und Idgie hänselte Grady wegen dieses Problems gnadenlos. Trotzdem waren sie stets gute Freunde. Er gehörte auch zum Dillgurkenclub.«
    »Zum was?«
    Mrs. Threadgoode lächelte. »Dieser verrückte Club, der von Idgie, Grady und Jack Butts gegründet wurde.«
    »Was für ein Club war das?«
    »Nun, sie behaupteten, es sei ein Frühstücks- und Gesellschaftsclub, aber in Wirklichkeit ging’s nur um Zusammenkünfte von Idgies abgerissenen Freunden, ein paar Leuten von der Bahn, Eva Bates und Smokey Lonesome. Dabei taten sie nichts weiter, als Whiskey zu trinken und Lügen zu erfinden. Sie schauten einem direkt in die Augen und logen das Blaue vom Himmel herunter, obwohl ihnen die Wahrheit manchmal nützlicher gewesen wäre. Es machte ihnen einen Riesenspaß, sich Geschichten auszudenken – völlig irrwitzige Geschichten. Einmal kam Ruth gerade von der Kirche zurück, und da saß Idgie mit allen beisammen und sagte:
    ›Oh, tut mir leid, dass ich dir das mitteilen muss, Ruth, aber während du weg warst, hat Stump eine Kugel Kaliber zweiundzwanzig verschluckt.‹
    Natürlich regte sich Ruth furchtbar auf, aber Idgie beruhigte sie: ›Keine Bange, er ist okay. Vorhin brachte ich ihn zu Dr. Hadley, und der gab ihm eine halbe Flasche Rizinusöl und meinte, ich dürfe ihn wieder nach Hause mitnehmen, solle aber aufpassen, dass er mit seinem Hintern auf niemanden zielt.‹«
    Evelyn lachte, und Mrs. Threadgoode fuhr fort: »Sicher können Sie sich vorstellen, dass Ruth nicht sonderlich begeistert von diesem Club war. Idgie war die Vereinsvorsitzende und berief immer geheime Versammlungen ein. Cleo meinte, diese Sitzungen seien nur wilde Pokerspiele gewesen. Aber der Club tat auch Gutes. Davon erzählten sie nichts, und wenn man sie darauf ansprach, stritten sie alles ab.
    Den Baptistenprediger, Reverend Scroggins, mochten sie überhaupt nicht, weil er Abstinenzler war. Wann immer ein armer Narr fragte, wo er Whiskey oder lebende Fischköder kaufen könne, schickten sie ihn zum Reverend, den sie damit fast zum Wahnsinn

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