Grüne Tomaten: Roman (German Edition)
fiel zu Boden, und es dauerte drei Minuten, bis er starb. Nach seiner letzten Zuckung sprang er auf, entrollte einen weiteren roten Kapselstreifen und lud hastig seine Waffe.
Stump Threadgoode traf mit Verspätung ein, denn die Weihnachtsmahlzeit mit der Familie und Smokey Lonesome im Café war eben erst beendet worden. Er stürmte in den Hof, gerade im richtigen Moment, denn alle hatten ihre Pistolen und waren bereit loszulegen. Er rannte hinter einen Baum und zielte auf Vernon Hadley. Peng!Peng!
Krach! Krach! Krach … Vernon sprang hinter einem Strauch hervor und schrie: »Du hast danebengeschossen, dreckiger Schurke!«
Stump, der alle Kapseln verbraucht hatte, lud in aller Eile nach, und da rannte Bobby Lee Scroggins, ein älterer Junge, zu ihm und griff ihn an. Krach! Krach! Krach … Peng! Peng! Peng! »Ich hab’ dich getroffen!«
Und ehe Stump sich’s versah, war er tot. Aber er gab nicht auf. Immer wieder lud er nach, nur um immer wieder erschossen zu werden.
Peggy Hadley, Vernons kleine Schwester, die in dieselbe Klasse wie Stump ging, kam aus dem Haus, in ihrem neuen kastanienbraunen Wintermantel, die neue Puppe im Arm, und setzte sich auf die Stufen der Hintertreppe, um das Spektakel zu beobachten. Plötzlich machte es nicht mehr so viel Spaß, ständig getötet zu werden, und Stump versuchte verzweifelt, einen Jungen niederzustrecken. Aber da waren so viele, und er konnte nicht schnell genug nachladen, um sich zu verteidigen.
Krach! Krach! Krach … Wieder tot! Trotzdem ließ er nicht locker. Er lief hinter eine große Eiche mitten im Hof und feuerte hinter dem Stamm hervor. Mit einem Glückstreffer hatte er Dwane bereits getötet, und nun hatte er es auf Vernon abgesehen, als Bobby Lee hinter einem Ziegelhaufen hervorschnellte und ihn attackierte. Stump drehte sich um – zu spät.
Bobby Lee richtete zwei Waffen auf ihn und schoss aus beiden Läufen. Krach! Krach! Krach! Krach! Krach! Krach! Krach! Krach! Krach! Krach! Krach! Krach! » Du bist tot!«, schrie Bobby Lee. »Doppelt tot! Stirb!«
Und Stump blieb nichts anderes übrig, als vor Peggys Augen sein Leben auszuhauchen. Es war ein lautloser, kurzer Tod. Dann stand er auf und sagte: »Ich muss nach Hause und neue Kapseln holen, aber ich bin gleich wieder da.«
Er trug noch viele Kapseln bei sich, doch er wollte wirklich sterben. So oft hatte Peggy gesehen, wie er erschossen worden war.
Nachdem er gegangen war, sprang Peggy auf und schrie ihren Bruder an: »Ihr seid unfair! Stump hat nur einen Arm, und deshalb ist das gemein! Ich sag’s Momma!«
Stump rannte ins Café, ins hintere Wohnzimmer, warf die Pistole auf den Boden und versetzte der elektrischen Eisenbahn einen Tritt, sodass sie gegen die Wand flog. Dabei schrie er in frustrierter Wut. Als Idgie und Ruth hereinkamen, hüpfte er auf dem bereits flachgewalzten Baukasten auf und ab. Beim Anblick der beiden Frauen begann er laut zu schluchzen. »Mit diesem Ding da kann ich gar nichts!« Erbost zeigte er auf seinen Armstumpf.
Ruth nahm ihn in die Arme. »Was ist denn passiert, Schätzchen?«
»Jeder hat mit zwei Pistolen auf mich geschossen! Ich konnte mich nicht wehren! Den ganzen Nachmittag haben sie mich getötet!«
»Wer?«
»Dwane und Vernon und Bobb Lee Scroggins.«
»Oh Schätzchen!«, klagte Ruth bestürzt. Sie hatte gewusst, dass dieser Tag anbrechen würde, und jetzt war es soweit. Was sollte sie sagen? Wie erklärte man einem Siebenjährigen, alles würde bald wieder gut sein? Hilfesuchend wandte sie sich zu Idgie.
Die musterte Stump eine Weile, dann holte sie ihren Mantel, zerrte den Jungen vom Bett hoch, zog ihm seinen Mantel an und führte ihn zum Auto hinaus. »Komm mit, Mister.«
»Wohin fahren wir?«
»Kümmere dich nicht drum.«
Schweigend saß er neben ihr, während sie den Wagen zur Flussstraße steuerte. Beim Schild des Bade- und Angelclubs Wagenrad bog sie ab. Bald erreichten sie das Gatter mit den zwei großen weißen Wagenrädern. Idgie stieg aus und öffnete es, dann fuhr sie hindurch, zum Schuppen am Flussufer. Sie hupte, und wenig später wurde die Tür von einer rothaarigen Frau geöffnet.
Idgie befahl Stump, im Auto zu bleiben, sprang hinaus und sprach mit der Frau. Der Hund im Haus war außer sich und hüpfte vor lauter Wiedersehensfreude kläffend umher.
Die Frauen unterhielten sich eine Zeit lang, dann verschwand die Rothaarige für ein paar Sekunden, kehrte zurück und gab Idgie einen Gummiball. Als sie die Tür öffnete, sauste der kleine
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