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Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Titel: Grüne Tomaten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Flagg
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trieben.
    Sipsey war das einzige farbige Clubmitglied, weil sie genauso gut lügen konnte wie die anderen. Sie berichtete von einer schwierigen Geburt. Um der armen Frau zu helfen, hatte sie ihr eine Prise Schnupftabak gegeben. Da musste die Frau so heftig niesen, dass das Baby übers Fußende des Betts hinweg und ins Nebenzimmer flog …«
    »Oh nein!«, rief Evelyn.
    »Oh ja! Und dann berichtete sie von ihrer Freundin drüben in Troutville, die ein Baby erwartete und einen Heißhunger auf Stärkemehl verspürte. Das aß sie angeblich direkt aus der Packung. Sie griff hinein und stopfte sich das Zeug massenweise in den Mund. Als das Baby auf die Welt kam, war es schneeweiß und steif wie ein Brett …«
    »Um Himmels willen!«
    »Wissen Sie, Evelyn, das hätte stimmen können. Ich weiß, dass manche farbige Frauen Lehm aßen, direkt vom Boden.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Jedenfalls hab’ ich’s gehört, Schätzchen. Oder vielleicht war’s Kreide. Das hab’ ich vergessen. Jedenfalls war’s entweder Lehm oder Kreide.«
    Evelyn schüttelte den Kopf und lächelte ihre Freundin an. »Oh, Mrs. Threadgoode, wie komisch Sie sind!«
    Die alte Dame dachte darüber nach und war sehr zufrieden mit sich selbst. »Ja, das bin ich wohl.«

T HE W EEMS W EEKLY
    (W HISTLE S TOP , A LABAMA , W OCHENBLATT )
    1. Dezember 1938
    E S SCHNEIT IN W HISTLE S TOP
    Welch ein Freudenfest! Richtiger Schnee! Letzte Woche hätte Whistle Stop als Nordpol durchgehen können. Gibt es was Hübscheres als schneebedeckte Stechpalmen? Ich glaube nicht, aber Gott sei Dank schneit es nur alle zehn Jahre. Meine andere Hälfte glaubte, er könnte sich bei jedem Wetter ans Steuer setzen. Er beschloss, mit seinem alten Jagdhund loszubrausen, und landete im Straßengraben. Die kleine Lady, die nächsten Monat per Anhalter fahren wird, bis wir das Auto reparieren lassen können, bin also ich.
    Ja, meine andere Hälfte ist derselbe, der damals im Wagen lospreschte, als es Baseballs hagelte. Es dauerte drei Wochen, bis die Windschutzscheibe ersetzt wurde. Und er ist derselbe, der vom Blitz getroffen wurde, als er in einem Ruderboot auf dem Fluss angelte. Wenn Sie Wilbur bei der nächsten schlechten Wetterprognose sehen, schicken Sie ihn nach Hause, und ich sperre ihn im Schrank ein. Ich fürchte, ein Tornado könnte ihn erfassen und irgendwohin tragen, und mit wem soll ich dann streiten?
    Wie ich gerüchteweise höre, hat Railroad Bill in einer einzigen Woche fünf Züge beraubt. Drüben beim Friseur traf ich Gladys Kilgore, und sie sagte, ihr Mann Grady, der für die Bahn arbeitet, sei völlig aus dem Häuschen.
    Übrigens, falls Railroad Bill das liest – könnten Sie nicht mal ein brandneues Auto aus einem dieser Züge werfen, bevor Grady Sie schnappt? Ich brauche eins!
    Dot Weems

W HISTLE S TOP C AFÉ
    W HISTLE S TOP , A LABAMA
    1. Dezember 1938
    Hinter dem Café war gerade die Sonne aufgegangen, und Idgie rüttelte den Jungen wach. »Steh auf, Stump! Schau hinaus!« Sie zerrte ihn zum Fenster. Die ganze Wiese war weiß, und er riss verdutzt den Mund auf.
    »Was ist das?«
    Idgie lachte. »Schnee.«
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    Er ging in die dritte Klasse, und zum ersten Mal in seinem Leben sah er richtigen Schnee. Ruth gesellte sich im Nachthemd zu ihnen und starrte genauso verblüfft hinaus.
    Alle drei zogen sich an, so schnell sie konnten, und fünf Minuten später waren sie draußen. Die Schneeschicht war nur zwei Zoll dick, aber sie wälzten sich darin und kneteten Schneebälle. In der ganzen Stadt öffneten sich die Haustüren, Kinder rannten heraus und schrien aufgeregt. Um sieben Uhr morgens hatten Idgie und Stump bereits einen dicken kleinen Schneemann gebaut, und Ruth servierte ihnen Schnee-Eiscreme mit Milch und Zucker.
    Idgie beschloss, Stump zur Schule zu begleiten, und als sie zu den Gleisen kamen, sahen sie nur eine weiße Fläche. Stump war immer noch so aufgeregt, dass er ständig herumhüpfte und zweimal hinfiel. Da dachte sie sich eine Geschichte aus, um ihn zu beruhigen. »Habe ich dir schon von jener Zeit erzählt, wo ich mit Smokey und Pig Iron Sam Poker spielte?«
    »Nein. Wer ist Pig Iron Sam?«
    »Soll das heißen, dass du noch nie von Pig Iron gehört hast, dem gemeinsten Pokerspieler von Alabama?«
    »Noch nie.«
    »Also, Smokey und ich nahmen drüben in Gate City an einem Pokerspiel teil, das die ganze Nacht dauerte. Ich fing zu gewinnen an, und etwa eine Stunde lang heimste ich jeden Pot ein. Big Iron wurde immer zorniger,

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