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Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Titel: Grüne Tomaten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Flagg
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verständigen. Er arbeitet drüben bei Mr. Fred Jones und macht Eiscreme. Sicher wird er sofort herkommen.«
    »Haben Sie ein Telefon?«
    »Nein, Sir, aber ich kann zum Lebensmittelladen laufen – das dauert nur eine Minute.« Artis flehte den Mann an. »Oh, bitte, Sir! After John ist ein armer, einfacher Junge, den keine Frau heiraten würde, und er hat niemanden, nur den Hund. Ich weiß nicht, was er tun wird, wenn dem Hund was passiert. Wahrscheinlich bringt er sich um.«
    Die zwei Männer wechselten einen Blick, und der größere erwiderte: »Okay, aber wenn Sie in fünf Minuten nicht zurück sind, fahren wir los, verstanden?«
    »Ja, Sir, ich bin gleich wieder da!« Artis rannte davon.
    Unterwegs fiel ihm ein, dass er kein Fünfcentstück besaß. Inständig hoffte er, Mr. Leo, der Italiener, der den Lebensmittelladen betrieb, würde ihm eins leihen. Atemlos stürmte er ins Geschäft. »Mr. Leo, Mr. Leo, ich brauche ein Fünfcentstück … Sie wollen After Johns Hund wegbringen … Und sie warten auf mich … Bitte, Mr. Leo …«
    Mr. Leo, der kein Wort verstanden hatte, veranlasste ihn, sich zu beruhigen und alles noch einmal zu erklären. Aber als Artis endlich den Nickel hatte, telefonierte ein Weißer.
    Schwitzend trat Artis von einem Fuß auf den anderen. Natürlich konnte er den Burschen nicht vom Apparat verscheuchen. Eine Minute – zwei … Er stöhnte. »O Gott!«
    Schließlich klopfte Mr. Leo an die Glaszelle. »Kommen Sie raus!«
    Widerstrebend verabschiedete sich der junge Mann sechzig Sekunden lang von seinem Gesprächspartner und hängte ein. Nachdem er die Zelle verlassen hatte, sprang Artis hinein, und da merkte er, dass er die Nummer nicht wusste. Mit bebenden, schweißnassen Fingern blätterte er im Telefonbuch, das an einer kurzen Kette hing. »Jones … Jones … O Gott … Jones … Jones … Vier Seiten voll … Fred B … O Mann, das ist die Privatnummer …« Er musste noch einmal von vorn anfangen, mit den gelben Seiten. »Wo drunter soll ich nachschauen? Eissalon? Drugstore?« Er fand nichts, also rief er die Auskunft an.
    »Auskunft«, meldete sich die muntere Stimme einer weißen Frau. »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Eh-ja, Ma’am, ich suche die Nummer von Fred B. Jones.«
    »Tut mir leid, könnten Sie bitte den Namen wiederholen?«
    »Ja, Madam. Mr. Fred Jones, Five Points.« Sein Herz schlug wie rasend.
    »Ich habe etwa fünfzig Fred Jones, Sir. Haben Sie die Adresse?«
    »Nein, Ma’am, aber er ist drüben in Five Points.«
    »Dort gibt’s drei. Möchten Sie alle drei Nummern?«
    »Ja, Ma’am.«
    Er kramte in seinen Taschen nach einem Bleistift, und da begann sie: »Mr. Fred Jones, 18th South, 68799; und Mr. Fred Jones, 141 Magnolia Point, 68745; und Fred C. Jones, 15th Street, die Nummer lautet 68721 …«
    Artis fand keinen Bleistift, und die Telefonistin legte auf. Zurück zum Telefonbuch. Er konnte kaum noch atmen, Schweiß rann ihm in die Augen und verschleierte seinen Blick. Drugstore … Apotheke … Eissalon … Lebensmittel … Partyservice … Da! Fred B. Jones, Partyservice, 68715 … Er schob das Fünfcentstück in den Schlitz und wählte die Nummer. Besetzt. Er versuchte es noch einmal. Besetzt … Besetzt … »O Gott!«
    Nach dem achten Versuch wusste er nicht mehr, was er tun sollte, also lief er einfach zu den Hundefängern zurück. Gott sei Dank, sie waren noch da und lehnten am Laster. Den Hund hatten sie mit einem Strick am Türgriff festgebunden. »Haben Sie ihn erreicht?«, fragte der Große.
    »Nein, Sir«, keuchte Artis, »aber wenn Sie mich nach Five Points rüberfahren würden, könnte ich …«
    »Nein, das tun wir nicht. Wir haben schon genug Zeit mit Ihnen verschwendet, Junge.« Er band den Hund los und zog ihn am Strick nach hinten zum Laderaum.
    »Nein, Sir, das dürfen Sie nicht!«, rief Artis verzweifelt. Er griff in seine Tasche, und ehe die Männer wussten, wie ihnen geschah, hatte er den Strick mit einer vier Zoll langen Klinge durchschnitten und schrie: »Lauf!« Dann drehte er sich um, sah den dankbaren gelben Hund hinter einer Ecke verschwinden und grinste, bis ihn ein Totschläger hinter dem linken Ohr traf.
    ZEHN JAHRE FÜR MORDVERSUCH AN STÄDTISCHEM BEAMTEN MIT TÖDLICHER WAFFE. Wären die beiden Männer Weiße gewesen, hätte die Gefängnisstrafe dreißig Jahre betragen.

B IRMINGHAM , A LABAMA
    1. September 1986
    Am Donnerstagabend kam Ed Couch nach Hause und erklärte, er habe Ärger mit einer Frau im Büro. Sie sei eine »echte

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