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Gruenkohl und Curry

Gruenkohl und Curry

Titel: Gruenkohl und Curry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hasnain Kazim
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er eine Uniform als Offiziersanwärter und wurde auf verschiedene Schiffe der Hansa-Reederei versetzt. Ihre Namen hörten alle mit »-fels« auf, das war das Erkennungszeichen der Hansa-Schiffe: »Steinfels«, »Marienfels«, »Kybfels«, am Ende wieder die »Goldenfels«. Jetzt machte mein Vater die Abrechnungen für die Heuer der Besatzungsmitglieder und für die Kantine an Bord. Bei den Offizieren kam er gut an, weil er im Gegensatz zu manchen anderen Offiziersanwärtern, insbesondere denen aus Deutschland, nur selten Alkohol trank und seine Arbeit ordentlich machte. »Meine Abrechnungen stimmten immer.«
    Seine säuberlich abgehefteten Zeugnisse belegen das. In einer Beurteilung nach dem ersten Berufsjahr bewertet der Kapitän seine »Diensttüchtigkeit« mit »sehr gut«, hinter »Nüchternheit« und »Betragen« steht »stets sehr gut«. Nach einer Fahrenszeit an Bord der »Hohenfels« vermerkt deren Kapitän hinter »Schiffskunde«, »Decksarbeit«, »Signaldienst« und »Brückendienst auf See« ein »Gut«. Nur hinter Rechtskunde notiert er: »Ohne Zensur, da noch keine perfekten Deutschkenntnisse.« Weiter bescheinigt er ihm, den Namen meines Vaters falsch schreibend: »Kazim Hazan fuegte sich sehr schnell in die Bordgemeinschaft ein und ist ein beliebter Kamerad. Seine ehrlichen und erfolgreichen Bemuehungen im Studium der deutschen Sprache muessen besonders anerkannt werden.«
    Kein Beruf ohne Schule: Mein Vater sollte 1966 / 1967 die Seefahrtschule in Bremen besuchen und dort in eineinhalb Jahren sein erstes Kapitänspatent machen. Es war eine ungünstige Zeit: An der Seefahrtschule wurde gestreikt, ein Unterricht war auf absehbare Zeit unmöglich. »Ein Freund von mir, Dieter, und ich entschieden uns, unsere Ausbildung stattdessen in England zu machen.« Die beiden Männer packten ihre Sachen und meldeten sich an einer Seefahrtschule in London an. Mein Vater hatte das deutsche Seefahrtsbuch, damit war ihm ein Aufenthalt in Großbritannien erlaubt, solange er dort nur die Seefahrtschule besuchte und keine andere Arbeit annahm. Er kam bei seinem Halbbruder Wajid Ali Khan und dessen Frau unter, die einige Jahre zuvor nach London ausgewandert waren.
    Das Experiment scheiterte: Die Briten pflegten eine andere Tradition in der Seefahrt, sie hatten ihre eigenen, meinem Vater fremden Begriffe. Mein Vater hatte sich inzwischen an die deutsche Sprache gewöhnt, hatte sich die deutsche Seemannssprache angeeignet. Viele Jahre lang sagte mein Vater zum Beispiel »Fullbrass« zu Mülleimer, und ich dachte noch als Jugendlicher, das sei Urdu. Mein Fehler wurde mir erst Jahre später klar, als ich bei der Marine war und ein paar Wochen mit dem Segelschulschiff »Gorch Fock« durch die Welt reiste. Dort wurde das Ausbringen der »Fullbrass« befohlen, einer stinkenden Röhre, durch die Lebensmittelreste ins Meer gekippt werden.
    Meinem Vater und seinem Freund Dieter machte die Schule in London keinen Spaß. Die Briten taten ihrer Meinung nach so, als seien sie die Seefahrtnation schlechthin, außerdem war die Ausbildung ganz anders strukturiert als in Deutschland. Deshalb beschlossen sie, wieder bei der Hansa anzuheuern und das Kapitänspatent irgendwann später in Deutschland zu machen. So fuhr mein Vater weiter zur See – bis 1974. Inzwischen war er zweiunddreißig Jahre alt, hatte viel von der Welt gesehen und war ein erfahrener Seemann.
    Nur eines fehlte ihm zu einem erfüllten Leben: eine Frau und eine eigene Familie. Er hatte zwar gelegentlich die eine oder andere Freundin in Deutschland gehabt, doch das waren keine Frauen, mit denen er sich ein Leben vorstellen konnte. Und wenn doch, so hätte er sie wohl kaum bei seinen Eltern in Pakistan durchsetzen können – es musste schon eine pakistanische, eine muslimische Frau sein. Seine Eltern und Geschwister hatten sich schon längst ihre eigenen Gedanken gemacht: Sie waren auf Brautschau gegangen und fündig geworden. Die Frau, die sie für eine gute Partie hielten, war jung, schön und lebte bei ihren Eltern in Karatschi: meine Mutter.
    Sie riefen meinen Vater nach Hause.
    Er sollte kommen, um seine künftige Frau kennenzulernen.

Eine arrangierte Hochzeit

    »Du hast mit deiner Frau zusammengelebt, bevor ihr verheiratet wart?«
    Vineet und Uday gucken ungläubig, als ich ihnen das Foto von meiner Frau Janna zeige und ihnen sage, dass ich sie 1998 in meiner norddeutschen Heimatstadt Stade kennengelernt und 2005 geheiratet habe.
    »Ihr wart schon sieben Jahre vor

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