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Gruenkohl und Curry

Gruenkohl und Curry

Titel: Gruenkohl und Curry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hasnain Kazim
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muss man belohnen und daher ehrliche Antworten geben. Und ich mag es, wenn man mich nach meiner Herkunft fragt, schließlich zeigt es Interesse. Krampfhaftes Ignorieren von Andersartigkeit finde ich seltsam.
    Auf jeden Fall muss ich mir eine kürzere ehrliche Antwort überlegen. Die jetzige ist definitiv zu lang.
    Nur ganz selten fällt es mir noch schwer, meinen Zynismus zurückzuhalten. Zum Beispiel, wenn jemand zu mir sagt: »Ah, Indien, ich war kürzlich in einem indischen Restaurant.« Oder: »Wo haben Sie so gutes Deutsch gelernt?«
    Mit dem Deutsch meiner Mutter war es in den ersten Monaten in Hollern-Twielenfleth so eine Sache. Sie nahm hier und da Brocken auf, merkte sich die wichtigsten Wörter und Floskeln. Aber sie dachte – noch – nicht daran, einen Deutschkurs zu besuchen. Mit mir, einem Kleinkind, wäre das ohnehin nicht zu organisieren gewesen. Außerdem schlummerte tief in ihr sowieso noch der Gedanke: Irgendwann geht es nach England oder in die USA. Und Englisch konnte sie.
    Aber sie verstand sich prächtig mit den Nachbarn, lernte immer mehr Leute kennen, machte auch Bekanntschaft mit Stadern.
    Mit meinem Vater unterhielt sie sich auf Urdu und auf Englisch, meine Eltern redeten mit mir ebenfalls Urdu und Englisch, die Nachbarn Deutsch. Daher lernte ich ein Gemisch aus drei Sprachen. Ich sagte als Kleinkind, das ein paar Wörter brabbelt, »ocks«
(socks)
, »iskit«
(biscuit)
und »gali« (
gari
, Urdu für Auto), aber auch »dake« (danke) und »guteteit« (Gesundheit).
    Erstaunlicherweise fühlte meine Mutter sich trotz der Sprachbarriere in Hollern zu Hause. Als meine Eltern nach einem vierwöchigen Besuch bei Verwandten in London zurückkehrten und die kleine Wohnung betraten, sagten sie: »Home, sweet home.«
    Allzu lange sollte ihr Glück nicht andauern.

Einmal Karatschi und zurück

    Nur noch zwei Monate. »Ich kann Ihnen leider keine längere Aufenthaltserlaubnis geben«, sagte der Beamte in der Stader Ausländerbehörde. »Die Ausbildung Ihres Mannes endet im August, daher kann ich Ihnen die Genehmigung nur bis zum 31. August 1976 ausstellen. Bis Ende August müssen Sie ausreisen.«
    Meine Eltern hatten immer gewusst, dass ihnen das Bleiberecht nur für die Zeit der Ausbildung meines Vaters gewährt würde. Die Worte des Beamten trafen sie dennoch unvorbereitet. Sie hatten sich in Hollern-Twielenfleth eingelebt, hatten Freundschaften geschlossen, fühlten sich mit den Menschen und dem Ort verbunden.
    Der Beamte redete auf meine Eltern ein, vieles davon verstanden die beiden nicht, weil er zu schnell sprach und Wörter benutzte, die ihnen fremd waren. Sie nickten trotzdem, widersprachen nicht. Was hätten sie sagen sollen? Hören Sie auf mit dem Quatsch und sehen Sie zu, dass Sie das in eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung umwandeln?
    Die Monate waren unmerklich verronnen. Die beiden Sommer in Hollern waren wunderschön gewesen, grüne Weiten mit weißen, dann roten Punkten: erst die Kirschblüte, dann die Kirschenzeit. Unser Vermieter hatte nichts dagegen, dass die Bewohner seiner vier Wohnungen ihren Appetit auf frische Kirschen im Garten stillten. Solange Menschen zwischen den Bäumen herumliefen, kamen wenigstens die Vögel nicht, denen die Kirschen ebenfalls schmeckten. »Wie im Paradies«, sagen meine Eltern: »Kirschen vom Baum direkt in den Mund.« Im Frühherbst kam die Apfelernte, in den Obsthöfen standen Türme von Apfelkisten. Ein Aroma von Most breitete sich aus, ein betörender Duft von Fäulnis, der einen benommen machte und auf der Zunge lag, wenn man sich ihm zu lange aussetzte. Dann das erste Weihnachten in der eigenen Wohnung, in der Wohnzimmerecke ein geschmückter Tannenbaum. Otti hatte ihn von ihrer Firma bekommen, bislang hatte sie jedes Jahr dankend abgelehnt, dieses Mal griff sie zu und überließ ihn uns. Wir feierten ohnehin zusammen.
    Das alles sollte nur noch eine Erinnerung sein? Zwei Monate Bleiberecht, keinen Tag länger, obwohl wir niemandem zur Last fallen würden. Die Hansa-Reederei bescheinigte meinem Vater schriftlich, dass sie ihn sofort nach Ende seiner Ausbildung als Offizier einstellen werde.
    »Tut mir leid, ich muss mich an die Gesetze halten. Mehr als eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bis Ende August kann ich Ihnen nicht geben«, sagte der Sachbearbeiter, nachdem er minutenlang in den Unterlagen geblättert hatte. Er war neu in der Behörde. Dass er durchaus Ermessensspielraum hatte bei der Vergabe von Aufenthaltsgenehmigungen,

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