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Gruenkohl und Curry

Gruenkohl und Curry

Titel: Gruenkohl und Curry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hasnain Kazim
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dieses Artikels räumt unserem Fall kaum Chancen ein: Die Beamten des Landkreises Stade würden keine Möglichkeit sehen, uns eine Erlaubnis für einen weiteren Aufenthalt in Deutschland zu geben.

    Damit scheint der jahrelange Kampf der Kazims um ihr Verbleiben in der Bundesrepublik ein negatives Ende zu nehmen. Das vorläufig letzte Wort wird der Regierungspräsident in Lüneburg sprechen. Bei ihm liegt es, den abschlägigen Bescheid der Landkreisbehörden auf einen Antrag auf Aufenthaltsberechtigung eventuell zu revidieren.

    Der Artikel erzählt die Geschichte meiner Eltern bis 1979, wie sie nach Deutschland kamen, mein Vater seine Ausbildung machte, meine Mutter mit mir nach Pakistan und wieder zurück reiste und wie meine Eltern darum kämpften, bleiben zu dürfen.

    Die Familie Kazim hatte inzwischen einen Antrag auf Aufenthaltsberechtigung gestellt, dessen Stattgebung einer Einbürgerung gleichkäme.
    Aber der Landkreis lehnte ab. Heinz Wiederspahn: »Hierzu gibt es eindeutige Rechtsvorschriften. Deutschland ist kein Einwanderungsland. Es gibt keine gesetzliche Handhabe, Ausländern den ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik zu gestatten. Außen vor stehen hier nur die E G-Mitgliedstaaten und Ehegatten deutscher Bürger.«
    Zwar läßt Hasan Kazim den abschlägigen Bescheid bei der Widerspruchsbehörde in Lüneburg prüfen, aber über den 31. März nächsten Jahres
[1980]
hinaus geht nichts mehr. Selbst eine Klage beim Oberverwaltungsgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Die Familie, die sich in Deutschland wohlfühlt, die voll integriert ist, die niemandem auf der Tasche liegt, die gerne in Deutschland bleiben möchte, muß dann wohl endgültig unser Land verlassen.

    Der Artikel war ein Rückschlag für meine Eltern – schwarz auf weiß lesen zu müssen, dass alle Bemühungen nicht fruchteten und dass sie Deutschland wohl endgültig verlassen mussten. Doch sie kämpften weiter.
    Auch die Stader Ausländerbehörde gab nicht auf, der Beamte verlor zunehmend die Geduld mit uns und betrachtete es geradezu als Unverschämtheit, dass wir nun sogar für immer bleiben wollten.
    Der Gesundheitszustand meiner Schwester verbesserte sich nicht und meine Eltern machten keine Anstalten, das Land zu verlassen. Der Beamte kündigte im Gespräch mit meinen Eltern an, dass sie sich auf ihre Abreise bis Ende März 1980 einstellen sollten. Eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis darüber hinaus werde es nicht geben. Den Antrag auf Aufenthaltsberechtigung lehnte er ab.
    Mein Vater nahm die Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch, ein Experte für Ausländerrecht aus Hannover, den ihm ein Freund empfohlen hatte. Meine Eltern legten nun bei der Bezirksregierung Lüneburg Widerspruch gegen die Entscheidungen des Landkreises ein. Nach Erscheinen des Artikels in der ›Neuen Stader‹ riet der Anwalt meinen Eltern, Ruhe zu bewahren und abzuwarten.
    Doktor Gosch schrieb Atteste, was das Zeug hielt. Er wollte uns helfen, sah, dass meine Eltern sich im Alten Land wohlfühlten und hier leben wollten. Wer das Alte Land liebt, kann kein schlechter Mensch sein, dachte er. Beim Formulieren der Atteste ließ er sich zu immer drastischeren Diagnosen hinreißen. Am 11. März 1980 schrieb er etwas von
»Allergie unklarer Genese«
und einer Bronchitis.
»Für das Kleinkind bedeutet die Einreise nach Pakistan aus klimatischen und Ernährungsgründen Lebensgefahr.«
    Der Beamte wurde misstrauisch. War es möglich, dass Heinz Gosch ein Freund meiner Eltern war, der die Atteste aus Gefälligkeit ausstellte?
    Er schrieb deshalb meiner Mutter:
»Sehr geehrte Frau Kazim! Sie werden gebeten, zur amtsärztlichen Untersuchung wegen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis mit Ihrem Kind Zahra am Mittwoch, d. 26. 3. 80 um 8.30 Uhr in das Gesundheitsamt Stade zu kommen. Bei Verhinderung bitte ich um rechtzeitige Nachricht. Die Untersuchung ist gebührenfrei. Hochachtungsvoll!«
, dahinter eine krakelige Unterschrift. Ein Amtsarzt sollte also überprüfen, ob die Diagnosen von Doktor Gosch stimmten. Wenn nicht, sollten wir sofort ausgewiesen werden.
    Meine Mutter informierte unseren Hausarzt über diese Anordnung.
    »Dann fahren Sie mal!«, antwortete er ihr gelassen.
    Am besagten Tag stieg meine Mutter mit meiner Schwester im Arm in den Bus und fuhr zum Gesundheitsamt. Der untersuchende Arzt war ein Doktor Wessolowski, Chefarzt der Kinderklinik in Stade. Er stellte eine
»Kinderfachärztliche Bescheinigung«
aus, in der er attestierte, Zahra

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