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Grünmantel

Grünmantel

Titel: Grünmantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles de Lint
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Lance in der Tür.
    »Was machst du da?« fuhr er sie an. »Gekreuzigter Heiland! Was zum Teufel treibst du da?« Dabei rollte er wild mit den Augen. Vor ihr stand ein völliger Fremder.
    »Ich will doch nur ...«
    Er packte sie am Arm und zerrte sie von der Toilette. »Willst du, daß sie ihn finden? Jesus Christus, Weib, was denkst du, warum ich ihn versteckt habe? Damit du ihn nach dem Pissen den Abfluß runterspülen kannst?«
    »Lance, ich ...«
    Ihre Stimme erstarb. Lance schüttelte benommen den Kopf und rieb sich mit einer Hand über die Schläfe.
    »Jesus«, wiederholte er noch einmal, jetzt ruhiger.
    »Lance, bist du in Ordnung?«
    »Hab nur Kopfschmerzen, Boo, das ist alles.«
    Brenda massierte die Druckstellen auf ihrem Arm. Das gibt blaue Flecken, dachte sie. Sie betrachtete ihren Mann und dachte wieder an den Fremden, der er einen Moment lang gewesen war. Zum ersten Mal, seit seine Leidenschaft wieder erwacht war - stärker als selbst in ihrer Teenager-Zeit, als sie es auf dem Rücksitz des väterlichen Wagens trieben -, verspürte sie Furcht. Das war doch nicht mehr normal. Irgend etwas geschah da mit ihm, doch sie wußte nicht, was sie dagegen unternehmen sollte.
    »Willst du ein Aspirin?« fragte sie.
    »Ja, ist vielleicht besser.«
    Sie trat zum Medizinschrank und schüttelte ein paar Tabletten aus der Flasche. Wir haben die Flasche doch erst letzte Woche gekauft, dachte sie verwundert. Einhundert Tabletten. Und jetzt ist sie schon zur Hälfte leer.
    »Vielleicht solltest du dir einen Termin bei Dr. Bolton geben lassen«, meinte sie, als sie ihm die Tabletten und ein Glas Wasser brachte.
    Er schluckte die Pillen. »Vielleicht sollte ich das wirklich.«
    Als er wieder ins Bett kroch, blieb sie in der Tür stehen und wartete, bis er sich zugedeckt hatte. Dann ging sie nochmals zur Toilette. Jeden Moment rechnete sie damit, daß er wieder hereinplatzen würde, doch diesmal konnte sie ihr Geschäft ungestört beenden. Als sie wieder ins Schlafzimmer trat, starrte Lance abwesend zur Decke hinauf.
    »Was ist denn mit dir los, Schatz?«
    Er schüttelte den Kopf. »Es ist nichts, wirklich. Ich kann nur manchmal nicht schlafen.«
    Sie zog die Bettdecke zurück, um sich neben ihn zu legen, und sah dabei, daß er schon wieder steif war. Sie wollte wegschauen, daran denken, wie grob er sie im Bad behandelt hatte - nicht weil es ihr gefallen, sondern weil es sie erschreckt hatte und sie dies als Warnung in Erinnerung behalten wollte -, doch sie konnte den Blick nicht von seiner Erektion abwenden.
    Was war bloß los mit ihm? Ihre Brüste bebten, weil sie wieder seine Hände darauf zu spüren glaubte, und auch zwischen den Beinen war sie schon wieder naß vor Erregung. Seine Geilheit ist einfach nicht natürlich, dachte sie. Ebensowenig wie das, was sie selbst im Moment empfand. Trotzdem griff sie hinüber und nahm seinen Penis in die Hand.
    Im Erdgeschoß setzte der Fernseher das Programm ohne Zuschauer fort. Chefarzt Dr. Westphall war längst zu Ende, und im Moment liefen die Nachrichten mit dem Sport und dem Wetter ...

    Draußen hinter dem Haus der Maxwells winselte Dooker im Schlaf. Seine Beine bewegten sich, als jage er im Traum hinter etwas her. Vielleicht war seine Phantasie noch begrenzter als die seines Herrchens, doch sein Traum war zumindest ebenso echt.
    Vor ihm lief der Hirsch, und die Hundemeute hetzte hinter ihm her. Die Nacht war erfüllt von scharfen, beißenden Gerüchen. Die Musik trieb die Hunde voran wie das Horn eines Jägers. Es war einfach herrlich, so zu rennen ...

    Nachdem Lance wieder eingeschlafen war, lag Brenda still neben ihm und rührte sich nicht. Immer wieder überdachte sie die Situation im Badezimmer, dachte an die verrückten Dinge, die Lance gesagt und getan hatte - und an die er sich später kaum zu erinnern schien. Als ob sie nie geschehen wären.
    Sie rieb sich den Arm. Trotzdem, die blauen Flecken waren da. Es war geschehen. Doch sie wußte nicht, was sie nun tun sollte. Es gab niemanden, mit dem sie über solche Dinge reden konnte. Gott, sie konnte sich gut vorstellen, wie die Leute sie anstarren würden, wenn sich das herumsprach. Nein, sie mußte die Sache für sich behalten, sie hüten wie ein Geheimnis und beten - lieber Herr Jesus -, daß es sich nicht wiederholen würde.
    Es dauerte sehr lange, bis sie schließlich in einen unruhigen Schlaf sank.

KAPITEL ACHT
    »Hallo, Lewis.«
    Auf seinen Rechen gestützt, schaute Lewis hinauf in die Krone der Eiche, die

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