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Grünmantel

Grünmantel

Titel: Grünmantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles de Lint
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Sie sah gut aus. Vielleicht ein wenig zu elegant, aber es war angenehm, nachdem sie so lange Zeit - und ganz besonders in den letzten Wochen - im Gammellook herumgelaufen war.
    »Die Schuhe«, befahl sie.
    »Ich hole sie sofort. Vielleicht solltest du bis zu seinem Haus deine Laufschuhe anziehen. Die Straße ist nicht gerade ein Gehsteig.«
    »Jawohl, Ma’am.«
    Irgendwie macht es Spaß, mal jemand anderen die Entscheidungen treffen zu lassen, dachte Frankie. Sie warf nochmals einen letzten Blick in den Spiegel und eilte dann hinter Ali her, die im Flur schon ungeduldig auf sie wartete.
    »Du siehst sehr hübsch aus«, meinte sie, als sie hinter ihrer Tochter die Stufen hinunterstieg.
    »Nun, wir sind schließlich zum Essen eingeladen, und ich möchte nicht, daß Tony denkt, ich könne nicht wie eine Lady aussehen, wenn ich das will.«
    »Nach heute abend wird er das sicher nicht mehr denken.«
    Ali trug ein weites buntes Kleid, das in der Taille gerafft war. Sie hatte sich eine blaßrosa Stola um die Schultern gelegt, die gut zu den Blumen auf ihrem Kleid paßte. Sie sieht wirklich sehr hübsch aus, dachte Frankie, und sogleich erwachte in ihr die mütterliche Sorge. Gott, ich hoffe, daß sie wegen des Burschen nicht zu sehr ins Schwärmen gerät.
    »Mom, nun komm endlich.«
    »Ich bin doch schon da. Was hast du denn?«
    Ali lächelte. »Hast du dafür Platz in deiner Tasche?« Sie hielt Frankie eine Kassette hin.
    »Klar doch. Was ist das?«
    »Nur etwas Musik, die ich Tony heute abend gern vorspielen möchte.«
    Frankie verstaute die Kassette in ihrer Tasche. »Nun, Miss Treasure«, meinte sie, »sind wir bereit?«
    Ali verdrehte die Augen und trat vor ihrer Mutter ins Freie.

    Tony Garonne war ganz anders, als Frankie erwartet hatte. Er hatte ein wenig vom Charme der Alten Welt an sich, der auf seltsame Weise mit seiner ihr vertrauten Art zu reden kontrastierte. Er trug einen Maßanzug - Frankie war nun froh, daß sie auf Alis Vorschlag mit dem schwarzen Abendkleid eingegangen war - und lächelte breit, als er die Tür öffnete.
    »Meine Damen«, rief er, »Sie sehen phantastisch aus! Kommen Sie herein und fühlen Sie sich wie zu Hause.«
    Nun wurde Ali ihrerseits verlegen. Frankie streckte die Hand aus. »Frankie Treasure«, stellte sie sich vor. »Ali hat mir schon viel von Ihnen erzählt.«
    »Bestimmt nichts Gutes, darauf wette ich«, erwiderte er und nahm ihre Hand. »Tony Garonne. Was halten Sie von einem kleinen Rundgang durchs Haus, ehe wir essen?«
    »Gern. Es ist ein sehr schönes Haus.«
    »Nun, ich hab’s nun mal und versuche, das Beste daraus zu machen. He, was ist los, Ali? Willst du mir heute nicht guten Tag sagen?«
    Ali nickte. »Hallo, Tony.«
    Valenti blinzelte Frankie zu und ließ seine Gäste eintreten. Das Erdgeschoß war ein einziger Raum, dessen eine Wand fast ganz von einem breiten Kamin eingenommen wurde. Die andere bestand aus einem Panoramafenster, das auf den Vorgarten hinausging. Die Möbel waren schlicht, aber teuer. Zwei Sofas umrahmten im rechten Winkel einen Kaffeetisch vor dem Panoramafenster, Teppiche, offenbar von Navajos geknüpft, lagen auf dem blanken Dielenboden. Die dritte Wand wurde von einer Stereokonsole und einem übergroßen Fernsehschirm beansprucht. Der Schrank unter der Stereoanlage war voller Langspielplatten und Videokassetten. Eine lange Theke trennte den Küchenbereich vom übrigen Raum. In der kleinen Nische daneben standen ein Tisch und vier Stühle.
    »Mein Schlafzimmer, das Gästezimmer und das Bad befinden sich im oberen Stockwerk«, meinte Valenti. »Sehen Sie sich ruhig um, wenn Sie wollen. Ich habe noch in der Küche zu tun.«
    »Das ist sehr schön.« Frankie trat zu einem Aquarell über der Stereoanlage. Es zeigte eine Landstraße, über die sich dichte grüne Bäume wölbten. Eine der typischen Straßen im Lanark County. Frankie war sofort in dieses Bild verliebt.
    »Es ist von einem Burschen namens David Armstrong«, erklärte Valenti. »Ich habe es in einer Galerie in Ottawa gekauft. Offensichtlich ein einheimischer Maler. Und das da« - er zeigte auf ein anderes Aquarell, diesmal eine Winterlandschaft - »hat eine Frau namens Tomilyn Douglas gemalt. Sie wohnt oben an der Straße nach Calabogie.«
    »Es ist sehr hübsch.«
    »Ja. Ich habe noch ein paar Bilder von ihr oben hängen. Sehen Sie sie sich doch an, während ich schnell den Käse schneide.«
    Frankie warf einen Blick zu Ali hinüber, die offensichtlich von Valentis überdimensionalem

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