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Grünmantel

Grünmantel

Titel: Grünmantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles de Lint
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anderen - Louie hatte schon eine ungefähre Vorstellung, wie er die Sache anpacken würde!
    Auf halbem Weg zwischen dem Haus und dem Treffpunkt mit Finger und Earl blieb er plötzlich stehen und lauschte. Da war es wieder. Mußte irgend ’n Vogel sein. Doch welche Vögel sangen schon in der Nacht? Schliefen die da nicht für gewöhnlich? Der Laut war gespenstisch, aber Louie schüttelte das Gefühl ab, das er in ihm erzeugte. Er wußte zwar nicht viel über den Wald, doch ließe er sich von ’nem kleinen Piepmatz keinen Schrecken einjagen. Trotzdem - war schon ’n merkwürdiges Geräusch.
    Er setzte seinen Weg fort.

    Der dunkelhaarige Mann sah Louie aussteigen. Er hatte Fucceri sofort erkannt, und sein Finger am Abzug der Armbrust spannte sich. Doch wußte er, daß die beiden Männer im Wagen ihn sofort erledigt hätten, ehe er nach seinem Schuß die Waffe nachgeladen hätte. Als der Wagen davonfuhr, war er fast sicher, daß der Mordanschlag diesmal noch nicht über die Bühne ging.
    Er folgte dem einsamen Mann die Straße entlang. Als Fucceri vor Valentis Haus stehenblieb und die beiden Männer beim Fenster beobachtete, spannte sich sein Finger am Abzug erneut. Auch als Louie seinen Bogen um das Haus schlug, klebte der Mann ihm an den Fersen. Aber ehe er sich zu einem Entschluß durchringen konnte, was er mit Fucceri anstellen sollte, ging Louie schon wieder die Straße hinunter.
    Als Louie dann plötzlich stehenblieb, erstarrte sein Verfolger. Hatte der Bursche ihn gehört? Er hielt den Atem an - und wußte plötzlich, weshalb Louie stehengeblieben war. Es war diese Musik.
    Ist mir vielleicht ’ne lebhafte Gegend hier, dachte er, als Louie seinen Weg fortsetzte. Die Vergewaltigungs-Szene mit der Frau unten an der Straße. Die Musik, das Auftauchen von Fucceri. Ganz zu schweigen, was ihn selbst hierher geführt hatte.
    Der Wagen kam zurück und nahm dem Mann die Entscheidung ab. Er zog sich unter die Bäume zurück und beobachtete, wie Louie einstieg. Der Wagen wendete und fuhr davon. Der Mann kehrte zu seinem Transporter zurück und lauschte in die Stille, bis diese gespenstische Musik wieder herüberdrang - wie aus weiter Ferne.
    Er schulterte die Armbrust und lehnte sich gegen einen Baum. Diese Musik ... Da war etwas in ihr ... etwas ... Er schüttelte den Kopf. Er konnte fast verstehen, was sie ihm sagte, aber er war sich nicht sicher, ob er es wirklich wissen wollte. Es war, als spräche sie ihn persönlich an. Er selbst hatte nie einen zweiten Gedanken daran verschwendet, wer er war oder was er mit seinem Leben anfing. Aber jetzt hatte er das Gefühl, als wolle die Musik ihm sagen, er solle darüber nachdenken.

KAPITEL VIERZEHN
    Lily blieb bei Lewis am Stein, nachdem die anderen Dörfler die Lichtung verlassen hatten. Lewis verwunderte das kaum. Sie waren alte Freunde, und er freute sich über ihre Gegenwart. Sie half ihm, sich auf andere Dinge zu konzentrieren und das in die Tiefe stürzende Gedankenkarussell anzuhalten, das durch die Ereignisse dieses Abends in Bewegung gesetzt worden war - und ihn plötzlich viel deutlicher an sein Alter erinnerte. Eine Überraschung bedeutete es allerdings für ihn, daß auch Tommy Duffin geblieben war.
    Der Junge saß, durch den Sockel des Steins halb verdeckt, im Gras. Gaffa hatte den Kopf dicht neben sein Knie gelegt. Der Junge war fast unsichtbar, und die beiden hätten ihn glatt vergessen, hätte er nicht von Zeit zu Zeit seine Rohrflöte an die Lippen gesetzt und ein paar traurige Sequenzen gespielt, die über die Lichtung schwebten, davonwehten und verklangen, bis er den Zyklus von neuem begann.
    Welch seltsame Töne, dachte Lewis. Ihm war fast so, als höre er diese Musik zum ersten Mal. Eine solche Musik hatten sie damals in Arkadien gehört, Weisen wie diese, als die Welt noch jung, die Wälder aber schon alt waren. Das Mysterium erschien um so näher, wenn die Musik ertönte. Vielleicht verbarg es sich unter den tiefhängenden Zweigen der ersten Bäume oder im Dickicht der Büsche am Hang hinter dem Stein. Es war ein Grüner Mann, ein Hirsch, ein Gehörnter Mann, ein Eber ... welche Gestalt es auch immer wählte ... selbst wenn es gestaltlos blieb ... es war ganz in der Nähe. Oder war es nur die Musik? fragte Lewis sich. War die Lichtung, die er so gut kannte, auch nur ein Trick des Steins, oder würde das Mysterium hierher zurückkehren? Hatte es die Hundemeute abgehängt und brachte Mally und das Mädchen zurück ...?
    Lewis war gefangen von der

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