Grundlagen Kreatives Schreiben (German Edition)
morgen lautmalerisch. In diesem Fall sollten die „Stilübungen" von Raymond Queneau nicht im Koffer fehlen.
Ich als Figur
Eine Mischung aus herkömmlichem und literarischem Tagebuch sieht so aus, dass man über die eigene Reise schreibt, als wäre man die Figur in einem Text. Dabei kann man mit den Perspektiven spielen, mal als Ich-Erzähler schreiben, mal auf sich selbst aus der Sicht eines personalen Erzählers blicken und mal die Szene als auktorialer Erzähler betrachten.
Meine Figur auf Reisen
Wer ein größeres Schreibprojekt plant oder auch mit der Arbeit schon begonnen hat, der kann seine Figur mit auf Reisen nehmen und im Tagebuch die Tageserlebnisse aus ihren Augen betrachten. Wie hätte sie auf diesen Preis für eine Kugel Eis reagiert? Hätte sie beim Tauchen Angst gehabt? Was hätte ihr in der Kirche am besten gefallen? Man schreibt es selbstverständlich so, als wäre die Figur dabei gewesen. Es gibt kaum einen besseren Weg, um eine Figur richtig kennenzulernen.
Liebesgedichte schreiben
Sie sitzen in der Patsche: Ihnen ist klar, dass ein Liebesgedicht Ihnen sehr weiterhelfen könnte, Ihnen ist ebenfalls klar, dass es selbst geschrieben sein sollte, denn ein geklautes oder gekauftes wäre undiskutabel und stillos. Aber sie verfügen über keinerlei Erfahrung im Gedichteschreiben und fürchten, das Ergebnis könnte einfach nur peinlich sein. Hier die gute Nachricht: Liebesgedichte zu schreiben ist gar nicht so schwierig, man muss nur die Reime weglassen und auf allzu bekannte Klischees verzichten.
Was will man sagen?
Als Erstes sollte man sich so genau wie möglich klar machen, was man aussagen möchte. Soll jemand überhaupt erst erfahren, dass er geliebt wird? Möchte man dazu schildern, wie man sich verliebt hat? Was am anderen liebenswert ist? Schaut man auf eine 25-jährige Beziehung zurück und möchte die schönsten Stunden Revue passieren lassen? Je genauer man weiß, worum es einem geht, umso leichter fällt der nächste Arbeitsschritt.
Material sammeln
Nun sammelt man das Material, eventuell mit der Hilfe eines Clusters. Man notiert alles, was man sich auch nur im Entferntesten als Bestandteil des späteren Gedichtes vorstellen könnte. Keine Idee ist zu abwegig, erst einmal wird alles notiert. Aussortieren kann man später immer noch.
Bei der Materialsuche sollte man immer im Hinterkopf behalten, sich möglichst anschaulich auszudrücken. Bilder sind das A und O eines Gedichts. Zu schreiben „Ich liebe dich total" ist total langweilig. Zu schreiben „Ich liebe dich von hier bis zum Mond und zurück" ist ein Bild (auch wenn es eines ist, dass die unbequemen Fragen nach sich ziehen könnte: Und warum nicht bis zum Mars? Zur Sonne? Zur Kante des Universums?).
Lassen Sie sich beim Materialsammeln Zeit. Die ersten Ideen sind selten die besten. Wenn Sie glauben, dass Ihnen nun gar nichts mehr einfällt, lehnen Sie sich zurück und warten noch mal zehn Minuten (oder zwei Tage?) ab.
Inspiration
Um sich inspirieren zu lassen, sollte man sich ein paar Liebesgedichte näher anschauen. Am besten greift man zu einer Anthologie mit den Gedichten verschiedener Autoren aus unterschiedlichen Zeiten (zum Beispiel das Reclamheft „Deutsche Liebeslyrik"). Welche Ideen kann man sich für die Gestaltung des Gedichts dort abschauen? Sicherheitshalber sollte man erst nach der Materialsammlung zu den fremden Gedichten greifen, sonst werden auf Kosten des originellen Ausdrucks die eigenen Ideen zu stark von den fremden überlagert.
Eine Form finden
Um aus dem gesammelten Material ein Gedicht zu machen, muss es in eine Form gegossen werden. Dazu heißt es: Muster bilden. Vielleicht möchten Sie dieselbe Aussage in verschiedene Variationen kleiden und für jede Variation eine Strophe verwenden. Vielleicht sogar eine Steigerung einbauen. Auch ein Gedicht kann anhand eines roten Fadens erzählt werden oder einer Chronologie folgen. In Unkenntnis Ihres persönlichen Materials kann hier der Rat nur lauten: abschauen bei anderen Gedichten.
Kein Herz, kein Schmerz
Wichtig ist Folgendes: Verzichten Sie auf Reime. Wer im Reimen ungeübt ist, wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit etwas produzieren, das so klingt, als ob es in eine Karnevals-Bütt gehört. Um Peinlichkeiten zu vermeiden, ist der Reimverzicht unumgänglich. Stattdessen kann man mit Refrains arbeiten. Egal, ob man nur regelmäßig eine Zeile oder eine Strophe
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