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Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition)

Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition)

Titel: Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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halten?
    Der Abschied von Mieze und dem Herrn war freundlich, es lag immer noch Wehmut in den Stimmen, als sie den Verf. baten, doch
     wenn möglich vermittelnd einzuwirken, man sei immer noch und immer wieder bereit, Boris’ Sohn, eben weil er Boris’ Sohn und
     Lev Koltowskis Enkel war, »wieder auf die Beine zu helfen«.
     
    Ungeklärt, fast unklar blieb noch Grundtschs physisch-psychische, geographische und politische Situation bei Kriegsende. Ein
     Besuch bei ihm war sehr leicht zu arrangieren: Anruf, Verabredung, und Grundtsch stand nach Friedhofschluß an der verrosteten
     Eisenpforte, die nur geöffnet wird, wenn jener Kranz- und Blumenabfall, der auf Grund seiner Plastikherkunft nicht zur Kompostbildung
     benutzt werden kann, abtransportiert wird. Grundtsch, wie immer gastfreundlich, erfreut über den Besuch, nahm den Verf. bei
     der Hand, um ihn »an besonders glitschigen Partien« ungefährdet vorbeizugeleiten. Seine Situation im Inneren des Friedhofs
     hatte sich inzwischen erheblich verbessert. Neuerdings im Besitz eines Schlüssels zur öffentlichen Toilette, außerdem zu den
     Duschräumen der städtischen Friedhofsarbeiter, ausgerüstet |372| mit einem Transistorradio und -fernsehgerät, genoß er (Es war um die Osterzeit. Der Verf.) ganz den bevorstehenden Hortensienboom,
     den er anläßlich des Weißen Sonntags erwartete. An diesem kühlen Märzabend war das Sitzen auf Bänken nicht möglich, wohl aber
     ein friedlicher Spaziergang über den Friedhof, diesmal auch zum Hauptweg, den Grundtsch die Hauptstraße nannte. »Unser bestes
     Wohnviertel«, sagte er kichernd, »unsere teuersten Grundstücke, und wenn Sie je auf die Idee kommen sollten, dem Walterchen
     nicht zu glauben, dann werde ich Ihnen ein paar Sachen zeigen, die seine Angaben beweisen. Der lügt nämlich nie, so wenig
     wie er je unmenschlich war« (Kichern). Grundtsch zeigte dem Verf. Reste jener elektrischen Leitung, die Pelzer im Februar
     45 mit Grundtsch dort gelegt hatte: es waren Stücke einer schwärzlich isolierten Leitung minderer Qualität, die von der Gärtnerei
     zu einer efeubewachsenen Eiche, von dieser durch einen Holunderbusch (an dem noch die Klammern, wenn auch verrostet, zu sehen
     waren), durch eine Ligusterhecke zum Erbbegräbnis derer von der Zecke führten. An der Außenmauer dieser würdigen Beerdigungsstätte
     wieder Klammern, noch einmal Reste einer schwärzlich isolierten Leitung minderer Qualität – und dann stand der Verf. (nicht
     ganz ohne leichtes Schaudern, wie er gestehen muß) vor der ernsten Bronzetür, die seinerzeit den Eingang zum Sowjetparadiese
     in den Grüften gebildet hat, an diesem herben Vorfrühlingsabend aber leider verschlossen war. »Da gings also rein«, sagte
     Grundtsch, »und drinnen weiter hinüber zu den Herrigers, von dort weiter zu den Beauchamps.« Die beiden Grabstätten der von
     der Zecke und Herriger waren sehr gut gepflegt, mit Moos, Stiefmütterchen und Rosen. Dazu Grundtsch: »Ja, die beiden Abonnements
     habe ich vom Walterchen übernommen, und die Durchgänge hat er ja nach dem Krieg wieder |373| zumauern und verputzen lassen, leider ziemlich stümperhaft, von dem alten Gruyten, aber die Risse, die später sichtbar wurden,
     der bröckelnde Putz, den hat er dann den Bomben zugeschrieben, und das war nicht einmal gelogen, denn es muß hier ganz schön
     gebummert haben am Zweiten. Da hinten können Sie noch einen Engel sehen, der hat einen Bombensplitter im Kopf, als wäre jemand
     die Streitaxt steckengeblieben.« (Der Verf. konnte trotz einsetzender Dämmerung den Engel sehen und bezeugt hiermit die Grundtsche
     Aussage.) »Und ein bißchen Nazarenerkitsch ist ja bei den Herrigers und von der Zeckes draufgegangen, wie Sie sehen. Die Herrigers
     habens restaurieren, die von der Zeckes modernisieren lassen, während die Beauchamps beziehungsweise der Beauchamps das Grab
     ganz schön verfallen läßt. Der Bengel – nun, der ist auch inzwischen an die fünfundsechzig, aber ich habe ihn noch Anfang
     der zwanziger Jahre mit seinem Matrosenanzug hier rumheulen und beten sehen, und der sah ziemlich komisch aus, der war nämlich
     für einen Matrosenanzug schon damals ein bißchen alt, wollte ihn aber nicht ausziehen – und vielleicht rennt er jetzt noch
     damit rum, da unten in dem Sanatorium bei Meran. Hin und wieder läßt sein Anwalt ja was springen, um wenigstens das ärgste
     Unkraut auszumachen, und der Anwalt besteht auf dem Beerdigungsrecht für den

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