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Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition)

Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition)

Titel: Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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zu zweifeln unzulässig wäre – beide erotisch gänzlich
     unerfahren das Abenteuer Ehe begannen, und es mag wohl sein, daß Gruyten in den ersten Nächten nicht gerade grob, aber vielleicht
     ein wenig ungeduldig vorgegangen ist.
    Was seine Bekanntschaft mit Büchern betrifft, so möchte der Verf. keineswegs sich auf das Urteil eines überlebenden geschäftlichen Konkurrenten
     verlassen, der, als »Riese auf dem Baumarkt« bezeichnet, wörtlich äußerte: »Der und Bücher – vielleicht sein Hauptbuch, das
     mag ein Buch gewesen sein, das ihn interessierte.« Nein, nachweislich hat Hubert Gruyten tatsächlich wenig Bücher gelesen,
     notgedrungen während seines Ingenieurstudiums Fachliteratur und ansonsten nachweislich eine populäre Napoleonbiographie, und
     außerdem, was von beiden gleichlautend bezeugt wurde, nach den Aussagen von Marja und Hoyser, »genügten ihm die Zeitung und
     später das Radio«.
    |83| Nachdem die alte Frau Schweigert hatte aufgestöbert werden können, klärte sich auch ein bis dahin unklärbar und ungeklärt
     in der Gegend herumschwirrender Ausdruck von Marja, der im Notizbuch des Verf. so lange undurchgestrichen blieb, daß er fast
     der Ungeduld zum Opfer gefallen wäre; sie bezichtigte nämlich Frau Gruyten, mit »ihren Finnen ganz verrückt« gewesen zu sein.
     Da mit Finnen keineswegs die Hautkrankheit gleichen Namens gemeint gewesen sein kann (Marja: »Haut? Nee, ihre Haut war makellos,
     ich meine diese richtigen Finnen«), auch in keiner der erreichbaren Aussagen irgendeine, und sei es die leiseste Beziehung
     zu Finnland entdeckt werden konnte, müssen mit diesem Ausdruck die »Fenier« gemeint gewesen sein, denn Frau Gruytens Vorliebe
     für Irland nahm später romantische, zum Teil sogar sentimentale Formen an. Yeats jedenfalls war und blieb ihr Lieblingsdichter.
    Da es keinerlei Briefe gibt, die zwischen Gruyten und seiner Frau gewechselt wurden, nur die in diesem Falle höchst fragwürdigen
     Aussagen der van Doorn, bleibt nur die oberflächliche Analyse des Fotos von der Hochzeitsreise, das auf der Luzerner Seepromenade
     aufgenommen wurde, und negativ ausgedrückt: nach erotischer oder gar sexueller Harmonie sieht das Paar nicht aus. Wirklich
     nicht. Deutlich ist auch auf diesem frühen Foto schon zu sehen, was auf vielen späteren bestätigt wird: Leni ist mehr nach
     ihrem Vater, Heinrich war mehr nach seiner Mutter geraten, wenn auch Leni in puncto Gewürzen bis auf die Brötchen mehr nach
     ihrer Mutter geraten und, was ihre poetische und musikalische Ansprechbarkeit betrifft, nachweislich sogar nach ihrer Mutter
     geraten ist. Die hypothetische Frage, welche Kinder einer möglichen Ehe zwischen Marja und Gruyten entsprungen wären, kann
     hier negativ leichter beantwortet werden als positiv: ganz gewiß nicht solche, an die sich pergamenthäutige Nonnen |84| und Jesuiten nach Jahrzehnten noch auf Anhieb erinnert hätten.
    Was immer da zwischen den beiden Ehegatten falsch oder mißverständlich gelaufen ist, ist durch die intimsten Kenner des Gruytenschen
     Familienlebens, sogar durch die eifersüchtige van Doorn verbürgt: niemals war er unhöflich, unritterlich oder auch nur unzärtlich
     zu ihr, und daß sie ihn »angehimmelt« hat, scheint erwiesen.
     
    Die alte Dame Schweigert geb. Barkel, die aber auch nicht im geringsten nach Yeats oder Chesterton aussieht, gab freimütig
     zu, daß ihr am Verkehr mit ihrem Schwager und auch mit ihrer Schwester nach deren Hochzeit »nicht viel gelegen« habe: sie
     hätte ihre Schwester viel lieber mit einem Dichter, Maler, Bildhauer oder wenigstens Architekten verheiratet gesehen; sie
     sagte nicht gerade, Gruyten sei ihr zu vulgär gewesen, sie drückte das negativ aus: »nicht verfeinert genug«; über Leni befragt,
     äußerte sie lediglich zwei winzige Worte: »Na ja«, und nach inständigem Drängen, mehr über Leni zu sagen, blieb sie bei ihrem
     »Na ja«, während sie Heinrich kurzerhand für die Barkels reklamierte; nicht einmal die Tatsache, daß Heinrich ihren Sohn Erhard
     »praktisch auf dem Gewissen hat, er hätte so etwas nie aus eigenem Antrieb getan«, vermochte ihre Sympathie für Heinrich zu
     schmälern; sie erklärte ihn für »extrem, sehr extrem, aber begabt, fast genial«, und der Verf. hatte den zwiespältigen Eindruck,
     daß sie den frühen Tod ihres Sohnes nicht sonderlich beklagte, sich eher auf Worte wie »große Schicksalszeit« beschränkte,
     zumal sie sich, was ihren Sohn und auch

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