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Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition)

Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition)

Titel: Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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ist rausgekommen, weil man bei der Schwester da oben Zigarettenstummel gefunden und weils
     nach Zigarettenrauch gerochen hat, und einmal haben wir großen Krach mit dem Luftschutzwart gehabt, der behauptete, Licht
     in einem Fenster gesehen zu haben – das können nur die Streichhölzer gewesen sein, wenn die da oben zusammen rauchten – das
     sieht man doch kilometerweit, wenn alles verdunkelt ist. Es gab Ärger, und die Kleine wurde in den Keller gesteckt. (Die Kleine?)
     Ja, die kleine, alte Schwester, die ich nur einmal gesehen hab, als sie umzog – einen Betstuhl hat sie gehabt und ein Bett,
     das Kruzifix hat sie nicht mitnehmen wollen; nein, sie hat gesagt: ›Das ist er nicht, das ist er nicht.‹ Es war schon unheimlich.
     Aber die schicke Blonde kam immer wieder, sie war hartnäckig, kann ich Ihnen sagen, hat mich zu überreden versucht, ich sollte
     ihr helfen, die Kleine zu entführen. Sie wollte sie glatt mitnehmen. Nun, ich hab dann ne Dummheit gemacht |161| , ich habe mich bestechen lassen – mit Zigaretten, Butter und Kaffee – und hab sie immer noch reingelassen, auch in den Keller.
     Da sah man wenigstens nicht, wenn sie rauchten, das Fenster liegt doch unter dem Kapellenniveau. Nun ja, eines Tages war sie
     tot, und wir haben sie auf dem kleinen Friedhof im Garten begraben. (Mit Sarg und Kreuz und Priester?) Sarg ja, Priester nein,
     Kreuz nein. Ich habe nur noch gehört, wie die Oberin sagte: ›Nun kann sie uns wenigstens wegen ihrer verfluchten Raucherkarte
     keinen Ärger mehr machen.‹«
     
    Soweit Scheukens. Er machte keinen sehr sympathischen Eindruck, doch seine Geschwätzigkeit hatte Hoffnungen erweckt, die letzten
     Endes nicht erfüllt wurden; Mitteilungen von Schwätzern sind nur in ihrer Gesamtmasse einigermaßen wertvoll, wenn man entdeckt
     hat, wo sie »verräterisch« werden, und Scheukens fing ja an, sich zu verraten – aber da wurde er gewaltsam vom Verf. getrennt,
     und selbst die liebenswürdige Schwester Cecilia, von der der Verf. den Eindruck hatte, die Sympathie sei gegenseitig, versiegte
     als Quelle.
    Ganz sicher ist, daß Leni um die Jahreswende 41/42 die Höhe ihrer Schweigsamkeit und Verschwiegenheit erklimmt. Den Pfeiffers
     zeigt sie offen ihre Verachtung, indem sie einfach den Raum verläßt, sobald sie auftauchen. Deren Besuche, eine süßliche Aufmerksamkeit,
     die sie Leni widmen, ließen sogar eine so handfeste Person wie die van Doorn erst nach sechs Wochen ahnen, welchem Gegenstand
     ihre Aufmerksamkeit galt: Nicht nur der Kontrolle von Lenis Witwengebaren – es galt ihrer Hoffnung auf Nachwuchs. Sechs Wochen
     nach A.s Tod erst, zu einem Zeitpunkt, da des alten Pfeiffers »stolze Trauer an einem Punkt angelangt war, wo er drauf und
     dran war, vor Stolz und Trauer auch noch das zweite Bein – war es nun das linke oder das rechte, das gesund war, ich könnte |162| es Ihnen nicht sagen – auf diese verlogene Art nachzuschleppen, aber schließlich mußte er ja ein gesundes Bein behalten, um
     das eine nachschleppen zu können, nicht wahr? Nun, die kamen also dauernd mit ihren ekligen, klitschigen selbstgebackenen
     Kuchen, und weil sich keiner um sie kümmerte, weder Frau Gruyten noch Leni oder der Alte und schon gar nicht die Lotte, die
     den ganzen Verein nicht riechen konnte, hockten sie bei mir in der Küche, und ich muß Ihnen gestehen, daß ich die Frage, ob
     sich bei Leni was ›verändert‹ habe, immer nur auf ihre Witwenschaft bezog; ob sie nen Liebhaber hätte oder so; ich habs nicht
     kapiert, bis ich endlich dahinterkam, daß sie am liebsten in Lenis Wäsche nachgeguckt hätten. Das wollten sie also wissen,
     und als ich wußte, worum es ihnen ging, habe ich sie ziemlich an der Nase rumgeführt, habe gesagt, Leni sei erheblich verändert,
     und als sie auf mich losgingen wie Enten mit ihren Schnäbeln und fragten, wie verändert, hab ich kaltblütig gesagt, seelisch sei sie verändert, und sie zogen sich wieder zurück. Nach acht Wochen dann
     kam ein Punkt, wo die Tolzemsche – Sie müssen bedenken, wir duzen uns doch alle, sind doch alle aus demselben Dorf – drauf
     und dran war, Leni direkt, ich meine unmittelbar, an die Kledage zu gehen, da hab ich die Nase voll gehabt und hab gesagt:
     ›Nee, das kann ich euch glaubwürdig versichern, mit Nachwuchs ist da nix.‹ Das hätte denen so gepaßt, nen kleinen Pfeiffer
     ins Nest zu schmuggeln – das Komische war nur, daß der Hubert ähnliche Neugierde zeigte, nicht ganz so plump,

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