Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
selbst wenn ihm danach sein sollte. Sonny konnte den ganzen Tag seine Freude mit dieser Hure haben, aber er würde für dieses Privileg zahlen und zahlen und zahlen müssen, vielleicht mit seiner Zunge, vielleicht mit seinen Augen, vielleicht mit anderen Dingen, ganz so, wie es Gottes Wille war.
»Versteh nicht, warum wir uns mit diesen Dummheiten abgeben müssen«, murmelte Sonny gerade laut genug, dass Mama Bet es hören konnte. »Ich hab Bessres zu tun, als mit euch gottesfürchtigem Volk herumzuhängen.«
»Pst!«, sagte Becca Faye, auch wenn sie kicherte. Haywood räusperte sich mit Unbehagen.
Mama Bet drehte sich um und sah Sonny in die schmierigen Augen. »Du solltest besser deine großen Ohren öffnen, Mister«, sagte sie. »In diesem Leben wirst du nicht viele Chancen zur Erlösung bekommen. Also solltest du besser bereit sein, wenn das Licht auf deinen dummen fettigen Kopf leuchtet.«
Becca Faye blickte nervös um sich, wie eine Katze, die in einer Hecke feststeckt. Ein Hauch ihrer Angst wurde von dem Duft ihres nuttigen Parfüms verbreitet, das wahrscheinlich als »Passionsfrucht«, »Wildblüte« oder so verkauft wurde. Sonnys Augen wurden hell und leidenschaftlich.
»Ich hab Wendell McFall nicht aufgeknüpft«, sagte er. »Keiner von uns hat das. Also warum müssen wir dafür blechen?«
Mama Bet schüttelte den Kopf, den Mund in müder Belustigung verzogen. »Du hast kein Wort von dem verstanden, was Archer gesagt hat. Opfer sind die Währung Gottes. Es ist kein Opfer, wenn du nur das bezahlst, was du schuldest. Nein, du musst mehr zahlen, als du schuldest.«
Haywood versuchte, das Thema zu wechseln. »Habt ihr von dem Auto gehört, das vorhin von der Straße abgekommen ist? Jim Potter sagt, dass es ohne ersichtlichen Grund passiert ist. Wahrscheinlich ein Betrunkener oder so.«
»Ist jemand gegangen, um zu helfen?«, fragte seine Frau Noreen.
Haywood starrte sie wütend an. »Sie gehören nicht zu den alten Familien, also was geht uns das an?« Er fügte hinzu, so als ob zu sich selbst: »Ich frage mich, ob sie versichert waren.«
Mama Bet blickte an ihnen vorbei auf die anderen Bankreihen, zu Alma Potter, Lester, Vivian und Stepford Matheson. Die Buchanans saßen in der letzten Reihe, von wo aus ihr Stallgeruch Mama Bet kaum erreichen konnte, Whizzer kaute missmutig auf dem Stummel einer halb gerauchten Zigarette. Und hinter ihr, oh ja, da waren sie.
Die Familie Day, ohne diesen sich einmischenden David, die Jungs mit großen Augen und herumzappelnd, die Mutter strahlend mit erwartungsvollem Stolz.
Da war er , derjenige, den Archer benötigte.
Ein Gefühl der Wärme breitete sich von der Brust ausgehend in Mama Bets Körper aus. Die Reinigung konnte beginnen.
Eisiges Sargdunkel.
Dahintreibend, Jenseitsdunkel. So einfach.
So kalt.
Bei Samuels Totenfeier hatte Frank die Hand seines kleinen Bruders berührt. Samuel hatte in den prächtigen Falten des Sargs ganz verloren ausgesehen, etwas zu rosafarben und hohlwangig. Seine Lippen waren unnatürlich rot gewesen, ein Farbton, den sie niemals gehabt hatten, als er noch am Leben war. Aber schlimmer als das verhinderte Lächeln war die Kälte von Samuels Haut gewesen, kälter als Novemberluft, kälter als dunkler Marmor.
Diese gleiche Kälte packte nun Frank. Sie floss durch seine Adern, umarmte ihn mit ihrer schockierenden Eintönigkeit, umhüllte ihn mit ihrem betäubenden Schleier. Er war sich kaum der Strömung um sich herum bewusst, des Wassers, das sanft seine Haut umwirbelte. Der Fluss flüsterte ihm in die Ohren, gebot ihm, sich treiben zu lassen, sich aufzugeben, sich dem langen Schlaf hinzugeben.
Jahre vergingen in diesem nahezu perfekten Zustand, Jahre, in denen sich Frank an die Rauheit der Hände seines Vaters erinnerte, Hände, die von der Landarbeit schwielig und aufgesprungen waren, Hände, die eine Gleditschien-Zaunlatte zerbrechen konnten, wenn es sein musste. Die gleichen Hände, die sich während Samuels Beerdigung unter dem Kinn seines Vaters in einem verzweifelten Gebet gefunden hatten. Eine Woche später hatten diese Hände aus einem Ende eines dicken Seils eine Schlinge geformt. Und dann war der Besitzer der Hände seinem jüngsten Sohn in das Jenseits gefolgt, das sie verdient hatten.
Und Franks Mutter schloss sich ihnen sechs Monate später an. Sie tötete sich ebenfalls selbst, aber sie war nicht feig oder mutig genug, wie ihr Gatte den direkten Weg zu wählen. Sie ging in die Dunkelheit, indem sie Stück für
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