Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
Jackentasche und wischte sich den Schweiß von seiner Glatze. »Die Presse wird auch was wissen wollen.«
»Wunderbar.«
»Außerdem, wenn es ein wildes Tier war, könnten wir es auch mit einem Tollwutvirus zu tun haben. Dadurch könnte ein Tier durchdrehen und sowas anstellen.«
»Das gab’s bei uns hier oben auch schon lange nicht mehr.«
»Die Zeiten ändern sich.«
Der Sheriff nickte. Du hast mal Haare gehabt und ich war mal irgendwas wert. Boonie war mal am Leben, und die rote Kirche war mal weiß.
»Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie bereit sind, ihn runter zu fahren«, sagte Littlefield. »Wir können die Stücke zusammen einsammeln.«
Er beneidete Hoyle in keiner Weise. Die Fahrt nach Chapel Hill dauerte etwa vier Stunden. Boonie würde einen höllischen Gestank verbreiten, wenn Hoyle sich seinem Ziel näherte. Aber Littlefield beschloss, sich sein Mitleid aufzusparen. Im Unterschied zu Boonie würde Hoyle wenigstens zurückkommen.
Littlefield gab Hoyle einen Klaps auf die Schulter und entfernte sich, um die Sachen zu untersuchen, die in durchsichtigen Plastikbeuteln im Gras lagen. Er beugte sich über die Tüte, die ein Männermagazin enthielt. Er kämpfte gegen den Drang an, es durchzublättern.
Eine Kamera blitzte. »Könnten Sie bitte zur Seite gehen, Sheriff?«
Er blickte auf. Detective Sergeant Sheila Storie winkte ihn beiseite. Sie war dabei, Aufnahmen vom Tatort zu machen.
Nein, kein TATORT , musste sich Littlefield verbessern. Ein Unfall. Ein tragischer, brutaler, unerklärlicher UNFALL.
Die Art von Vorfall, die zu oft in Whispering Pines passierte. Aber Littlefield war erleichtert, dass es wenigstens kein Psychopath war, der mit einem Satz Ginsu-Messer in seinem Zuständigkeitsbereich sein Unwesen trieb. Vor ein paar Jahren hatten sie einen von der Sorte unten in Shady Valley gehabt und der Fall war niemals aufgeklärt worden. Verdammte unfähige Stadtpolizisten.
Er wusste bereits, dass er Storie mit der Untersuchung betrauen würde. Als sie eintrafen und die Sauerei vorfanden, hatte sie nicht einmal mit der Wimper gezuckt, sondern nur ihr Klemmbrett und ihr Maßband hervorgezogen und sich an die Arbeit gemacht. Littlefields Meinung nach war sie zu jung, um dem Tod so emotionslos zu begegnen. Aber vielleicht war sie ihm ja ein bisschen ähnlich. Vielleicht war es das, was sie zu Cops machte.
Du musst dich da raushalten. Lass sie nicht an dich rankommen. Egal, was sie tun, egal, was die Welt dir nimmt.
»Was halten Sie davon?«, fragte er Storie.
Ihre Augen waren blau genug, um alles Mögliche verstecken zu können, und sie offenbarten genauso wenig wie das Objektiv ihrer Kamera. »Extensives Trauma. Tod vermutlich aufgrund von Exsanguination.«
Stories gebildeter Flachlandakzent überraschte ihn immer wieder aufs Neue, auch wenn er mittlerweile schon daran gewöhnt sein sollte. Die meisten Leute dachten, dass sie eine Einheimische wäre, bis sie sie sprechen hörten. »Das hat Hoyle auch gesagt. Nur nennt er es ›verblutet‹.«
»Wenn er nicht zuvor am Schock gestorben ist. Für das Opfer kommt es aufs Gleiche raus. Seit den Straßenverkehrsfilmen in der Highschool hab ich nicht mehr so viel Blut gesehen.« Sie machte zwei Schritte nach rechts und schoss noch ein Foto, dann ließ sie die Kamera am Trageriemen an ihrer Brust baumeln.
»Muss eine Weile gedauert haben. Haben Sie drüben in den Büschen nachgesehen, wo er sich nach dem Angriff hingeschleppt hatte?«
»Ja, Sir. Er hat ein paar Fetzen hinterlassen.«
Littlefield schluckte die ansteigende Übelkeit hinunter.
»Von diesem Grabstein hier führen Fußabdrücke weg. Die Jungs haben gesagt, dass sie die Sachen hier gefunden haben. Die Abdrücke sind tief, sehen Sie?« Sie deutete auf das niedergedrückte Gras. Die kleineren Abdrücke von den Jungs waren ebenfalls sichtbar. Aber diejenigen von Boonie waren deutlich am dicken Profil seiner Stiefel zu erkennen.
»Das bedeutet, dass er rannte, oder?«
»Was auch immer da war, er muss es gesehen oder gehört haben und Angst bekommen haben. Wahrscheinlich wurde er unmittelbar bevor er losrannte angegriffen.«
»Warum denken Sie das?«
»Das Blut hier ist fast schon völlig getrocknet. Das da drüben–«, sie deutete zu der glitschigen Schleimspur dort, wo Boonie aus den Büschen gekrochen war, »–ist noch nicht so oxidiert.«
Littlefield nickte und fuhr sich mit der Hand über den Kopf. Der Wind hatte sich gedreht und er konnte Boonie jetzt riechen. Man konnte sich nie
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