Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
gegeben hatte. »Hier. Das ist für Marlene.«
Alfred hielt das Objekt in das Licht, das aus den Fenstern des Bestattungsinstituts fiel. »Was zur Hölle ist das?«
»Vergebung.«
»Sie sind wirklich so verrückt, wie alle behaupten.«
»Ich schwöre auf die heilige Bibel, wenn Sie sie dazu bringen, das zu nehmen, werde ich niemals auch nur ein Sterbenswörtchen sagen.«
»Nehmen?«
»Essen. Komplett aufessen.«
Alfred hielt sich den Brocken vors Gesicht und roch daran. »Uah. Riecht wie getrocknete Hundescheiße.«
»Es ist Kuchen.«
»Kuchen?«
»Ein spezielles Rezept. Seit Generationen in der Familie.«
»Sie sind verrückt, Roby Snow. Verrückt wie ein zweiköpfiges Huhn.« Nach einer langen Minute sagte Alfred: »Sie schwören, so wahr Gott Ihr Zeuge ist?«
Roby lächelte. »Ich schwöre.«
Alfred ging nach drinnen. In den Raum, in dem die anderen dabei waren, dem Fleisch, das einst die Seele von Jacob Ridgehorn beherbergt hatte, Achtung zu bezeugen.
XI.
Nach all der Aufregung war das Begräbnis fast eine Enttäuschung.
Am Samstag war die gesamte Familie Ridgehorn erschöpft. Erschöpft von der Trauer, dem entgangenen Schlaf und der Belastung, all jene zu empfangen, die Jacob die letzte Ehre erweisen wollten. Einige der Gäste hatte Roby beim Leichenschmaus gesehen. Zuerst waren sie vorbeigekommen, um einen Braten oder einen Auflauf abzuliefern, und nach ein paar Stunden waren sie wieder erschienen, um beim Verzehr zu helfen. Ein paar von ihnen hatten zusammen mit der Familie nach der Aufbahrung ein spätes Abendessen eingenommen.
Roby hatte die Gelegenheit verstreichen lassen, auch wenn es ihn gefreut hätte, Zeit mit seinen zeitweiligen Verwandten zu verbringen. Aber schließlich musste er sich auf die Isenhours vorbereiten.
Und nun, als die Sonne fast ganz oben am Himmel stand wie Gottes goldenes Auge, hatte sich die Sippschaft auf dem Familienfriedhof versammelt. Nur der engste Familienkreis war zum eigentlichen Begräbnis eingeladen. Die restlichen Trauergäste waren nach dem offiziellen Gottesdienst in Barkersville verabschiedet worden. Barnaby Clawson gab ein paar tröstende Worte von sich, eine konfuse Mischung aus Bruchstücken von Bibelversen und persönlichen Erinnerungen.
»Jacob Davis war nicht nur ein liebender Ehemann und Vater«, sagte Barnaby. »Er war auch ein Freund, jemand, auf den man in schweren Zeiten zählen konnte. Er hielt bei allem, was er tat, an seinem Glauben fest, egal ob er in der dritten Reihe in der Baptistenkirche von Barkersville saß oder im Maisfeld stand, um Krähen zu töten.«
Alfred räusperte sich. Die Witwe hatte einen verschleierten Blick, aber das Zittern, unter dem sie in den letzten Tagen gelitten hatte, war verschwunden. Ihr Kinn war leicht angehoben, so als ob sie in das zukünftige Land blicken konnte, in dem sie sich eines Tages mit der Liebe ihres Lebens wieder vereinigen würde. Sarah und Buck saßen am Ende der Stuhlreihe. Buck warf immer wieder neidische Blicke auf den Bagger, der unter dem Apfelbaum stand und mit seinem metallenen Kiefer darauf wartete, Erde auf den Sarg zu werfen, sobald die Formalitäten vorüber waren. Der in einen blauen Overall gekleidete Baggerfahrer rauchte und starrte auf die Wiesen hinaus.
Vor das Grab war ein Stück Kunstrasen gelegt worden, damit die guten Schuhe der Anwesenden sauber blieben. Roby blickte über das braune Feld auf die Scheune. Er erwischte Marlene dabei, wie sie in die gleiche Richtung blickte. Ihre Augen trafen sich. Beiden fehlten die Tränen.
»Jacob war ein Mann der Erde«, fuhr Barnaby fort. »Aber er war auch ein Mann des Himmels. Und wenn wir ihn der Erde zurückgeben, aus welcher er geformt wurde, geben wir ihn auch Gott zurück. Wenn wir sein Hinscheiden betrauern, freuen wir uns auch über sein neues ewiges Leben. Lasst uns beten.«
Roby ließ seinen Blick wandern, während Barnaby eine seiner typischen Verabschiedungen abspulte. Die größeren Hügel waren eine Pracht aus Rot und Gelb, und in der Ferne erhob sich die Wand der Berge wie graue Wolkenkratzer. Die wenigen Wolken waren weit voneinander entfernt. Es roch nach Herbst und Regenwürmern. Jacobs Pferd Laddie war vom kühlen Ufer des Bachs hochgekommen, stand nun am Zaun und beobachtete den Vorgang neugierig.
Alfred und Cindy saßen händchenhaltend nebeneinander. Harold saß am anderen Ende, nicht bei Marlene. Seine Hände waren heute sauber. Anna Beth stand am Kopfende des geschlossenen Sargs und wischte sich
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