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Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)

Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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knarzte, als Littlefield durch die Vorhalle ging. Goldene Staubpartikel wirbelten in der Luft. Wie musste das vor einhundert Jahren gewesen sein? Das abgewetzte Holz war einhunderttausendfach überquert worden. Zitternde jungfräuliche Bräute mit roten Gesichtern, deren beste Kleider über den Kiefernboden schleiften, ernste Cousins, die gekommen waren, um einem lieben Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen, Frauen in Hauben und langen, wallenden Röcken, die sich für das Ablassjahr versammelten. Littlefield stellte sich den Priester vor, wie er an der Treppe stand, den Männern die Hände schüttelte, sich vor den Frauen verbeugte und Kindern den Kopf tätschelte.
    Der Sheriff blickte nach oben durch das kleine Loch für das Seil. Die Öffnung war gerade groß genug, dass ein Kind hindurchklettern konnte. Das hohle Innere der Glocke war voller schwarzer Dunkelheit. Aber das würde ihm nichts verraten. Er wandte sich wieder dem Boden zu, um dort nach Blutspuren zu suchen.
    Die Vorhalle führte in den Altarraum. Die Kälte kroch wieder sein Rückgrat hoch. Er wusste nicht, ob das durch die Legenden seiner Kindheit oder die Möglichkeit, zwischen den Heuballen auf einen Killer zu treffen, verursacht wurde. Für einen nervösen Augenblick wünschte er sich fast, eine Waffe zu tragen.
    Die zu beiden Seiten aufgestapelten Heuballen bildeten einen schiefen Gang in der Mitte des Altarraums. Lester hatte den Altar frei gelassen, vermutlich weil es ihm zu anstrengend gewesen war, das Heu über das Geländer zu heben. Der Altar selbst war klein, die Kanzel kaum mehr als eine quaderförmige Kiste mit schräger Oberseite. Sechs wurmstichige Balken aus handbearbeitetem Kastanienholz durchkreuzten das offene A des Deckenbereichs. Die Innenwände waren ebenfalls aus nicht gestrichenem Kastanienholz. Im gedämpften Licht schimmerte das Holz in einem kräftigen Dunkelbraun.
    Die Ballen waren zu dicht an die Wände gestapelt, um die Möglichkeit zu bieten, sich zu verstecken.
    Falls sich nicht jemand die Mühe gemacht hatte, ein paar Ballen rauszunehmen und einen Hohlraum in den Stapeln zu schaffen.
    Er selbst hatte das in der Scheune seiner Familie gemacht, wenn er sich an einem Herbsttag verkriechen wollte oder mit seinem Bruder Verstecken oder Krieg spielte. Aber damals konnte man sich für ein paar Stunden verdrücken. Ernte, Vieh, Brennholz, Zäune reparieren – jeden Morgen wartete eine lange Liste mit Aufgaben, die man nie bis Sonnenuntergang erledigen konnte. Aber damals hatte Littlefield im Schlaf noch geträumt und wurde nicht von schlechten Erinnerungen geplagt.
    Im Heu regte sich nichts. Die Kirche war still, so als ob sie auf eine Gemeinde wartete, die sie wieder mit Leben erfüllen würde. Littlefield ging zum Podium. Es wurde kühler, obwohl die Luft muffig war. Ein kleines Holzkreuz war oben auf der Kanzel befestigt. Wie dem Kreuz auf dem Kirchturm fehlte auch hier ein Teil des Querstücks.
    Littlefield lehnte sich über das hüfthohe Geländer und blickte in die Ecken des Altarbereichs. In der kleinen Sakristei an der Seite befanden sich nur leere Regale und Spinnweben. Er wusste nicht, was er zu sehen erwartet hatte. Vielleicht wollte er sich nur selbst beruhigen, sich vergewissern, dass alte Gerüchte und Merkwürdigkeiten früherer Tage begraben blieben. Boonie war tot, und das hatte nichts mit der roten Kirche oder Samuel oder dem gehängten Prediger zu tun.
    Als er sich umdrehen und gehen wollte, bemerkte er einen dunklen Fleck auf dem Boden des Podiums. Es sah aus, als ob jemand etwas verschüttet hätte. Vielleicht hatte Lester hier irgendwann einmal Baumaterialien gelagert. Auf jeden Fall war der rostbraune Fleck viel zu alt, um von dem, was auch immer Boonie getötet hatte, verursacht worden zu sein.
    Aber irgendetwas daran beschäftigte ihn. Die Form kam ihm bekannt vor. Er legte den Kopf schief, so als ob er ratlos einem Tintenklecks beim Rorschachtest gegenüberstand. Als ihm einfiel, wo er diese Form schon einmal gesehen hatte, schnappte er tief nach staubiger Luft.
    Die dunkle Form im Glockenstuhl, damals an Halloween.
    Littlefield ging zurück durch die Kirche, plötzlich vom Verlangen gepackt, in der Sonne zu stehen. Vorerst würde er sich an die Tier-Theorie halten. Wenn sich Storie ihren forensischen Spielereien hingeben wollte, nur zu. Aber er würde sich nicht erlauben zu glauben, dass etwas, das sich als Mensch maskiert hatte, den guten alten Boonie Houck zerfetzt hatte. Nicht in Pickett

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