Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)

ihren Gesichtsausdruck sorgfältig unter Kontrolle hielt, was ihn nicht weiter überraschte. »Feuer und Schwefel und das dicke Ende in der Hölle. Aber während des Bürgerkriegs, so sagt man, soll seine Auslegung der Bibel sehr frei geworden sein.«
    »Ich weiß nicht, wie viel Sie über die Geschichte der Gegend hier wissen, aber durch den Krieg wurde das harte Leben der Menschen hier noch härter«, sagte er. »Die Männer aus Pickett County waren Teil des 58. Regiments von North Carolina und fast zwei Drittel von ihnen fielen im Kampf. Die Frauen mussten sich gleichzeitig um die Felder und um die Hausarbeit kümmern. Es war eine schlimme Zeit, wie Sie sich bestimmt denken können. Und Pastor McFall fing an zu verkünden, dass das Ende der Welt bevorstehe.«
    »Was für ein überaus origineller Gedanke«, sagte Storie. »Seit mehr als viertausend Jahren geht immer jemand mit dieser Idee hausieren.«
    Littlefield nahm einen Schluck Kaffee und freute sich über das heiße Brennen in seinem Rachen. Zumindest war Storie noch nicht hinausmarschiert. Offenbar hatte es doch seine Vorteile, ein Vorgesetzter zu sein.
    »Einige der gefallenen Soldaten wurden hierher zurückgebracht, um sie zu bestatten«, sagte Littlefield. »Pastor McFall bestand darauf, Nachtwachen an ihren Gräbern abzuhalten, weil sie sich sonst, wie er sagte, wieder erheben würden. Gleichzeitig predigte er irgendeinen Unsinn davon, dass Gott zwei Söhne gehabt hätte, und während der erste gnädig und barmherzig und heilig sei, sei der zweite Sohn genau das Gegenteil.«
    »Zu dumm, dass der Kerl nicht in den 1980ern gelebt hat«, sagte Storie. »Er hätte ein Vermögen mit billigen Taschenbüchern verdienen können.«
    Littlefield ignorierte sie. »Dann fing McFall an, seine Gemeinde davor zu warnen, dass dieser zweite Sohn auf die Erde zurückkommen würde, um das Gute, das Jesus getan hatte, ungeschehen zu machen. Er sagte, der zweite Sohn verlange Liebe und Opfer, wie Gottes verzogener kleiner Bengel. Zu diesen Zeiten war der Prediger so etwas wie das Oberhaupt der Gemeinde. Auch wenn diese Ideen heute etwas exzentrisch anmuten, damals hatten die Leute mehr Fantasie, zumal sie all die Legenden und Vorstellungen ihrer schottischen und englischen Vorfahren in sich trugen. Wenn ein Geistlicher behauptete, eine Vision gehabt zu haben, musste man ihm Glauben schenken. Und weil ihre Väter, Brüder und Söhne gerade am Sterben waren und sich der Hunger ausbreitete, muss die Gemeinde gedacht haben, dass sie Gott nicht genügend Achtung erwiesen hatte. Oder seinen zwei Söhnen.«
    Littlefield hatte noch nie mit Storie über Religion gesprochen, genauso wenig wie mit irgendjemand anderem. Er hatte sie eingeladen, den Gottesdienst der Ersten Baptistengemeinde in Barkersville zu besuchen, aber das war mehr routinemäßige Höflichkeit als ein ernsthafter Bekehrungsversuch gewesen. Littlefield selbst besuchte den Gottesdienst normalerweise ungefähr einmal im Monat. Er hatte aufgehört, in der Bibel zu lesen, nachdem sein Besuch der Sonntagsschule ein Ende gefunden hatte und es niemanden mehr gab, der ihn zwang, Bibelpassagen auswendig zu lernen. Aber er war als Baptist aufgewachsen und würde als Baptist sterben, auch wenn er niemals eine Minute Zeit damit verbracht hatte herauszufinden, was das wirklich bedeutete. Jesus war der Herr, und Punkt.
    Seine Großmutter mütterlicherseits erzählte für gewöhnlich die Geschichte der roten Kirche, während sie Erbsen schälte oder Maiskolben entblätterte. Er saß zu ihren Füßen und half ihr bei der Aufgabe in seinem eigenen, langsamen Tempo, zu sehr auf die Geschichte achtend, um viel beitragen zu können. Manchmal kam Littlefields Mutter herein und sagte: »Setz ihm nicht so viel Blödsinn in den Kopf.« Aber Großmutter fuhr sofort, wenn Littlefields Mutter die Küche wieder verlassen hatte, mit der Erzählung fort.
    Littlefield schloss seine Augen und bemühte sich, ihre Stimme in seiner Erinnerung zu hören. Aber es hatte keinen Sinn. Er suchte nach wohlfeilen Worten, fand aber keine. »McFall war es, der die Kirche rot angestrichen hat. Er sagte, dadurch würde der erste Sohn angezogen werden, um sie zu retten und den zweiten Sohn zu besiegen. Außerdem musste sich die Gemeinde am Sonntag um Mitternacht zum Gottesdienst versammeln anstatt am Morgen. Nach den Erzählungen der Alten war McFall zu dieser Zeit fiebrig und leichenblass. Er stand an der Kanzel, ein Dutzend Kerzen erleuchteten den alten