Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
Träume, fremd und neu und chaotisch.
Der Hahn krähte drei Mal, bevor sich Archer daran erinnerte, wo er war.
Zu Hause.
Obwohl nur gedacht und nicht ausgesprochen, ließ das Wort einen bitteren Geschmack in seinem Mund zurück. Die Verbitterung wurde durch die Erinnerung an frühere Demütigungen verursacht. Und ein älteres Leiden, eines, das tiefer ging als die weite Oberfläche des Schlafs.
Archer hustete. Kiefernnadeln und spröde Blätter waren an seine Wange gepresst. Er schauderte und setzte sich auf, wobei er die Augen öffnete. Nach so langer Dunkelheit wurde er von der Helligkeit des heranbrechenden Tages beinahe überrascht. Das Licht bahnte sich seinen Weg durch die Lücken im Baumkronendach, scharf und erbarmungslos und doch voller Gnade.
Er blickte sein entblößtes menschliches Fleisch an. Seine Haut schien ihm gut genug zu passen. Diese menschlichen Säcke voll Wasser und Knochen waren ihm immer als ziemlich ungeschickte Konstruktionen vorgekommen. Aber er war unter diese Menschen gekommen, um wie einer von ihnen zu sein. Die Erlösung bereitete mehr Freude, wenn die Opfer dachten, dass sie durch einen der ihren geschah.
Andere Gedanken stiegen in ihm auf, noch mehr Erinnerungen durchfluteten die graue Gehirnmasse, die seinen Schädel füllte. Er spukte. Ein rötlicher Klumpen halb verdauter, breiiger Masse blieb an einem Baumstumpf kleben.
Während ihn die Sonne wärmte und seine sich wandelnden nächtlichen Formen ihr Dasein verloren, plante er seinen Weg zurück zu seinem Mercedes. Archer kannte den Fluss sehr gut. Er floss unterhalb des alten heimischen Bodens vorbei, unterhalb der Kirche. Er hatte seinen Wagen ein Meile entfernt im Wald zurück gelassen. Ein Brooks-Brothers-Anzug, dunkelgrau mit Nadelstreifen, lag im Kofferraum gemeinsam mit Lederschuhen, Stricksocken, einem Flakon Herrenduft, einer Rolex-Armbanduhr und einer himmelblauen Krawatte.
Die Uniform der lebendigen Toten, der Soldaten von Jesus Christus, der Verehrer der falschen Götzen. Der Heuchler. Und er würde heucheln, einer von ihnen zu sein.
Archer erhob sich und wischte den an seinem Körper klebenden Lehm ab. Ein Eisvogel schoss herab und landete auf einem Ast in der Nähe, dann roch oder spürte er Archer und verschwand mit hektischem Flügelschlagen.
Zu Hause.
Das Land der Verheißung.
Bäche so alt wie Lügen, Erde so dunkel wie die Hoffnungslosigkeit. Steine so kalt wie das Herz eines Vaters, der nur genug Liebe für einen Sohn hatte. Berge, die sich wie wütende Fäuste gen Himmel reckten, den Himmel herausforderten, an den so viele Menschen glaubten, einschließlich seiner eigenen, lieben, gestörten Mutter.
Das Schlimmste an dieser Menschwerdung war der emotionale Aufruhr. Kein Wunder, dass diese Kreaturen Sünden begingen. Kein Wunder, dass sie Zuflucht in Lust und Verdorbenheit und Ausschweifung suchten. Sie waren Gottes Fehler. Aber Gottes größter Fehler war der Neid, das Verlangen, ihn nachzubilden, die Forderung von Opfern.
Gott forderte Liebe, hatte aber selbst keine Liebe zu vergeben. Zumindest nicht für den Zweitgeborenen. Nicht für denjenigen, der für den Staub bestimmt war, während sich der Erstgeborene einen Platz ganz oben verdiente. Der zweite Sohn war nur dazu geeignet, über das zu herrschen, was er sehen konnte, und er musste sich hier auf der Erde sein verdorbenes Vergnügen suchen.
Archer begann, den schroffen Hang zum Fluss hinunterzugehen. Dornenzweige und Gestrüpp stachen in seine Haut, aber er saugte den Schmerz in sich auf und begrub ihn im Gewölbe seiner Wut. Hervortretende Granitsteine zerkratzten die Sohlen seiner Füße, und er genoss das Austreten von Blut aus seinen Wunden.
Jesus wandelte in der Wildnis. Archer würde es ihm gleichtun.
Das Blut würde Spuren hinterlassen. Sie würden seine Fährte finden können, wenn sie klug genug waren. Sollten sie ihm folgen. Schließlich war er geboren, um zu führen.
Und wenn sie ihn fanden, was konnten sie tun? Ihn töten?
Sein Gelächter hallte durch die Bäume, tief wie die in die Gletscher geschnittenen und von der Zeit ausgewaschenen Täler. Seine menschlichen Stimmbänder schwangen in seltsamer Weise, als er seinen Kopf zurückwarf und dem Wald einen Schauer über den Rücken jagte.
Sheriff Littlefield lehnte sich in seinem Drehstuhl aus Eiche zurück. Die gut geölten Federn gaben nicht einmal die Andeutung eines Quietschens von sich. Detective Sergeant Storie rutschte unruhig auf dem Stuhl auf der anderen Seite
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