Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
wenn sie Glück hatte, um das des Mörders handelte. Sie fragte sich, wie viele Fingerabdrücke es wohl in der Kirche geben mochte. Auch wenn sie von über fünfzig verschiedenen Leuten stammten, würde sie wenigstens eine Gruppe von Verdächtigen haben.
Sheila ging durch das Kirchenschiff zurück und prüfte den Boden auf weitere Blutflecken. Kein Glück.
Sie ging durch die Vorhalle und konnte nun besser sehen, weil sich ihre Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten. An einer Wand war eine Garderobe angebracht, hölzerne Haken standen ab wie ein Hirschgeweih. Sie stieß an das Glockenseil und es schwang mit einem leisen Geräusch gegen ihre Jacke. Das Seil kam aus dem Glockenstuhl herab.
Moment mal. Frank hat gesagt, dass es kein Glockenseil gibt. Warum würde er bei sowas lügen? Und worüber hat er dann noch gelogen?
Nun, zumindest erklärt das, warum die Zeugen angegeben haben, in den Mordnächten Glockenläuten gehört zu haben. Wahrscheinlich haben irgendwelche Kids hier Blödsinn gemacht.
Sie eilte aus der Kirche, um Frank die Neuigkeit mitzuteilen. Sie wollte sein Gesicht sehen, wenn sie ihn mit seinen Lügen konfrontierte. »Hey, Sheriff«, rief sie.
Er trat aus einem Lorbeergestrüpp. Er sah jetzt ein bisschen besser aus, auch wenn seine Augen noch blutunterlaufen waren und sein Haar ungekämmt. »Ich habe nichts finden können«, sagte er mit einem Schulterzucken.
Was für eine Überraschung.
»Nun, ich schon. Blutflecken.«
»Blutflecken?«
»In der Kirche.«
Franks Augenbrauen hoben sich. »Ich fass’ es nicht.«
»Dachte ich mir. Und noch was. Erinnern Sie sich an das Glockenläuten, von dem Sie sprachen?«
»Ja?«
»Nun, ich hab eine einfache Erklärung dafür.«
»Wie einfach?«
»Kommen Sie.«
Sie trottete zu den Stufen an der Kirche und wartete auf Frank. »Hier drin. Ich dachte, Sie hätten gesagt, dass es kein Glockenseil gäbe, wegen–«
»Richtig. Seit mehr als 130 Jahren gibt es kein Glockenseil mehr. Weil die Leute die Sache mit dem gehängten Prediger vergessen wollten.«
Klar. Und deshalb ist die Legende heute noch quicklebendig, oder? Weil sie so erfolgreich mit dem Vergessen waren?
Sie lächelte in sich hinein, als sie hinter Frank die Stufen hochging. Der wird Augen machen.
Sie blinzelte. Das Seil war verschwunden.
Sie starrte nach oben in das kleine Loch, das in den Glockenstuhl führte. Nichts. Hatte es jemand hochgezogen? Falls ja, musste die Person noch immer da oben sein. Sie hätten es bemerkt, wenn jemand aus der Kirche gerannt wäre.
Frank hatte seine Hände an den Hüften und blickte sie an.
»Ich schwöre. Da war ein Seil.«
»Ha ha. Sehr witzig.«
»Ich meine es ernst. Helfen Sie mir da hochzuklettern.«
Der Sheriff schüttelte den Kopf. »Nicht um alles in der Welt, Sheila. Als ich das zuletzt gemacht habe, habe ich einen Bruder verloren. Ich werde Sie nicht auch noch verlieren.«
Sie ballte die Hände zu Fäusten. »Verdammt, ich habe ein Seil gesehen. Wollen Sie mir einreden, dass es einer Ihrer Geister an die Glocke gebunden hat?«
»Es gibt kein Seil.«
»Glauben Sie, ich habe es mir nur eingebildet? Dass ich mich mit dieser Verrücktheit, die sich hier ausbreitet, angesteckt habe?«
Der Sheriff seufzte. »Hören Sie, vielleicht war es dumm von mir. Vergessen Sie den Blödsinn mit den Geistern. Wenn ich wirklich an Geister glauben würde, warum würde ich mir dann die Mühe geben, den Fall zu untersuchen?«
»Weil Sie der Sheriff sind. Sie müssen so tun, als ob Sie wüssten, was Sie tun.«
»Sie werden nicht in den Glockenstuhl hochklettern.«
» Sie passen da auf keinen Fall durch. Und einer von uns muss nachsehen. Wir können uns nicht einfach zurücklehnen und ducken, während Leute ermordet werden.«
Sheila packte zwei der Garderobenhaken und zog sich hoch, dann stellte sie einen Fuß auf den Türgriff. Wenn der Mörder dumm genug war, blöde Streiche zu spielen, verlangte er geradezu danach, gefasst zu werden. Sie fragte sich, ob sie ihren Revolver ziehen sollte, aber ihre Hände waren nicht frei. Wenn der Mörder mit einer Waffe wartete...
Sie streckte ihren Kopf in den Glockenstuhl. Ihre Wut gab ihr Kraft trotz des schlechten Halts, den sie am Holz hatte.
Nichts.
Nichts im Glockenstuhl außer einer kalten, matten gusseisernen Glocke. Ein paar Blätter wurden vom Wind umher gewirbelt, sie waren seit dem letzten Herbst hier oben gefangen. Sonst nichts.
Nach einem kurzen Moment sprang sie hinunter, der Aufprall schmerzte in
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