Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
Kleids waren ihre dickadrigen Unterschenkel zu sehen. Die Frau roch nach Rauch und Salz, wie geräucherter Schinken.
»Hi, Mama Bet.« Linda beugte sich vor und küsste sie auf die Wange.
»Hey, Liebling. Wie steht es mit deinem Mann?«
»Nicht sehr gut. Ich hatte gehofft, dass er das Licht der Wahrheit sehen und verschont bleiben würde, aber–«
Die alte Frau brachte sie mit einem festen Blick zum Schweigen, ihre Augen trüb vom grauen Star. »Es liegt nicht an uns, darüber zu entscheiden.«
Linda senkte ihren Kopf.
»Nur Archer kennt den richtigen Zeitpunkt und den richtigen Ort für den Tod eines jeden Menschen«, fuhr Mama Bet fort. »David ist nicht wegen dir zum Sünder geworden, oder? Du hast David nicht in die Baptistenkirche geschleppt, als er noch ein Kind war und zu jung, um es besser zu wissen. Also ist Jesus dafür verantwortlich, dass David vom rechten Weg abkam, nicht du.«
»Amen«, verkündete Nell Absher. Ihr Ehemann Haywood nickte in feierlicher Zustimmung. Ihre Tochter Noreen ging zum Fenster und blickte hinaus auf die wolkenverhangenen Berge.
»Da kommen Hank und Beulah«, sagte Noreen.
»Gut«, sagte Mama Bet. »Sind dann alle da?«
Becca Faye Greene kam aus der Küche mit einer Tasse Kaffee in der Hand. Sie gab sie Mama Bet und blieb neben dem Sessel der alten Frau stehen. Linda schenkte sie ein selbstgefälliges Lächeln.
Becca Faye war eine gebürtige Potter, aber sie hatte geheiratet und den Namen Greene behalten, nachdem ihr Ehemann nach Minnesota durchgebrannt war. Damals in der Highschool war sie ein Teil der Gruppe um Archer gewesen, aber als Archer sie gebeten hatte, beim Aufbau des Tempels in Kalifornien zu helfen, hatte sie kalte Füße bekommen. Seit Archer zurückgekehrt war, tat Becca Faye alles ihr Mögliche, um die Gunst des Predigers zu gewinnen, vielleicht um ihren früheren Verrat wiedergutzumachen.
Oder vielleicht aus einem anderen Grund. Becca Fays Bluse war tief ausgeschnitten und sie präsentierte genug Ausschnitt, um eine ernsthafte spirituelle Reinigung angebracht erscheinen zu lassen. Linda hatte beobachtet, wie sich Becca Faye während des Gottesdiensts letzte Nacht an Archer herangeschmissen hatte. Sie fragte sich, ob diese Schlampe mehr Glück gehabt hatte als Linda damals in Archers geparktem VW-Bus.
Eifersucht. Eine der allergrößten Sünden. Vergib mir, Archer.
»Ruft sie herein«, sagte Mama Bet. Sie führte die Kaffeetasse an ihre runzeligen Lippen und nahm einen Schluck.
Einer der Mathesons ging nach draußen und die Musik hörte auf. Die anderen kamen herein, stille Potters, Abshers, Mathesons, Buchanans und zwei Greggs, beide Cousinen von Linda. Eine von ihnen begegnete Lindas Blick und wandte sich dann beschämt ab.
Linda wollte rufen: Große Prüfungen werden kommen, Cousine. Archer sagt, dass Opfer der wahre Test des Glaubens sind. Donna bedurfte der Reinigung ebenso wie jeder andere.
Aber sie schwieg. Worte würden Donna nicht von den Toten zurückbringen. Außer vielleicht die von Archer.
Etwa 30 Personen befanden sich im großen Wohnraum, aufgereiht vor dem Steinkamin und dem Eckschrank sowie in der Tür zur Küche. Einige der Mathesons hielten sich im Flur versteckt und sahen über Lesters Schultern in den Raum. Mama Bet ließ ihren Blick über die Wartenden wandern. Ihr Mund bewegte sich billigend.
»Ihr wisst alle, warum wir hier sind«, fing sie an. »Es ist fast soweit. Wir haben für seine Rückkehr gebetet und nun ist er zurückgekehrt. Wir haben alle gesündigt und sind der Herrlichkeit des Himmels nicht würdig. Unsere Vorfahren kamen in diese Berge, um in Frieden Gott anzubeten, aber dann wurden ihre Herzen hart und kalt und wandten sich Jesus zu. Wir dachten, dass die alten Sünden verschwinden würden, wenn wir ›Es tut mir leid‹ sagen.«
Die Versammelten wurden still, als der widerliche Name »Jesus« erklang. Lindas Magen zog sich aus Wut zusammen. Mama Bet nickte in Anerkennung ihres Abscheus, dann fuhr sie fort.
»Wir entfernten uns von all den guten Dingen, die wir anbeteten«, sagte sie. »Wir kamen vom einzig rechten Weg ab. Wir bedurften der Rückkehr des Messias, der uns von dem Bösen erlöst. Deshalb hat Gott Archer in die Welt von uns Sterblichen geschickt. Und Gott bestrafte uns, indem er unsere Samen vertrocknen und unsere Familien aussterben ließ, er bestrafte die Sünder bis in die vierte Generation.«
»Amen«, sagte Lester und einige der anderen schlossen sich seiner Meinung an.
»Wir sind
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