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Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)

Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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Familien begannen, mit gesenkten Köpfen das Haus zu verlassen. Linda dachte, dass sie voller Freude sein müssten, aber stattdessen waren sie um ihr eigenes sterbliches Fleisch besorgt. Der Tod war nicht das Ende: der Tod war der Anfang eines neuen Lebens im Reich der Herrlichkeit. Die bevorstehende Erlösung war eine Zeit des Feierns und der Begeisterung, nicht der Bestrafung. Gott hatte sie gesegnet, indem er Archer geschickt hatte, sein heiliges Schwert zu führen.
    Aber warum scheute sie sich dann so sehr davor, ihre Jungs wegzugeben?
    Linda wartete auf der Veranda, bis sich die Menge aufgelöst hatte. Becca Faye eilte an ihr vorbei und hinterließ die Duftspur eines Billigparfüms. Sonny Absher präsentierte sein aus vier Zahnen bestehendes Grinsen und nickte zum Abschied, dann nahm er Becca Fayes Arm. Er begleitete sie zu seinem rostigen Chevrolet Chevelle, in dem sie wahrscheinlich den Nachmittag über auf der Rückbank sündigen würden.
    »Kommst du heute Abend früher zur Kirche?«, fragte Lester.
    Linda kaute an ihrem Daumen. »Wenn es Archers Wille ist.«
    »Mach dir keine Sorgen um deine Jungs. Meine sind vor Jahren zu Gott gegangen und ich habe gelernt, es zu akzeptieren.« Lester kaute nervös seinen Tabak.
    »Was ist, wenn Vivian das nächste Opfer ist? Wie würdest du dich dann fühlen?«
    »Sünden müssen bezahlt werden.«
    »Warum genügt es nicht, wenn wir für unsere eigenen Sünden bezahlen?«
    Mama Bet hörte ihnen von der Fliegengittertür aus zu. »So geht das nicht, Kind. Opfer sind der wahre Test des Glaubens. Erinnerst du dich an die Lektion für Abraham? Es ist kein Opfer, solange man nicht etwas verliert, das einem teuer ist.«
    »Und was verlierst du, Mama Bet?«
    Die alte Frau blickte hinaus über die Berge und kniff dabei ihre milchigen Augen zusammen. Ein leichter Wind wehte von Tennessee herüber und brachte den Geruch von Sauerbaumblüten und Kiefern mit sich.
    »Fleisch und Blut«, sagte Mama Bet schließlich. »So wie jeder andere.«

 
     
    Kapitel 16
     
    Die Glocke zum Ende der letzten Stunde läutete und Ronnie rannte zu seinem Spind, wobei er seine Bücher vor das Gesicht hielt, damit kein herumirrender Ellbogen in seiner Nase landete. Die Verletzung pulsierte ein bisschen, aber er hatte beschlossen, auf die Schmerztablette zu verzichten. Nachdem er die Mittagspause mit Melanie verbracht hatte, spürte er den Schmerz fast gar nicht. Er fühlte sich kugelsicher, vor allem, weil sie gesagt hatte, dass sie vielleicht jeden Tag zusammen Mittagessen sollten.
    Er ging in Gedanken noch einmal das Gedicht durch, das er ihr im letzten Monat gegeben hatte. Er hatte versucht, gleichzeitig witzig und nett zu sein, so dass sie, wenn sie zwischen den Zeilen las, vielleicht erkannte, dass er sie für die schönste Blume im Garten hielt. Triefend im Regen. Farbe von der Sonne schöpfend. Leuchtende Schönheit im Wind.
    Blütenblätter zupfend. Sie liebt mich. Sie liebt mich nicht. Gut, das hatte er weggelassen. Für nichts in aller Welt würde er in einem Gedicht lieben schreiben. Außerdem konnte sie denken, weil sie ja die Blume war, dass er ihr die Arme und Beine ausreißen wollte.
    Das Beste an dem Gedicht war, dass sie nicht losgekichert und es all ihren Freundinnen gezeigt hatte. Ronnie dachte nicht, dass er das überlebt hätte. Viele der anderen Kinder dachten sowieso schon, dass er komisch war, weil er Bücher herumschleppte, die nicht vorgeschrieben waren. Er trug auch Billigmarken-Jeans und manche seiner T-Shirts verkündeten nicht einmal einen Spruch. Er war uncool: er trieb keinen Sport, hing nicht im Einkaufszentrum von Barkersville herum, guckte nicht MTV.
    Aber gerade jetzt war ihm völlig egal, was die Anderen von ihm dachten oder für wie daneben sie ihn hielten. Alles, was ihn kümmerte, war, dass Melanie beim Mittagessen bei ihm sitzen würde. Er erinnerte sich an ihr atemloses »Ich verspreche es«, als er sie darum gebeten hatte, niemandem von Boonie Houck und dem Glockenmonster zu erzählen. Sein Herz war mit Helium gefüllt.
    Ein Tumult in der Aula riss ihn aus seinen angenehmen Gedanken. Schreie wurden laut, ein gaffender Kreis von Schülern hatte sich im Mathe-Korridor gebildet. Etwas passierte, vielleicht ein Kampf. Höchstwahrscheinlich ein Kampf. Das war so ungefähr das einzige, dass heutzutage die Aufmerksamkeit der Menschen fesseln konnte.
    »Lass mich in Ruhe«, ertönte eine verängstigte Stimme.
    Tim! Ronnie kämpfte sich durch den Kreis. Er hörte

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