Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
nichts am Hut. Hippies waren genauso schlimm wie die saufenden Mathesons und Abshers. Sünden des Fleisches, Sünden des Herzens. Alle Sünden führten auf einen Weg, in einen Tunnel, in das dunkle Herz der Hölle.
»Warum haben wir das Glockenmonster noch nicht gesehen?«, fragte Whizzer. Als ob das Glockenmonster eine Art Videospiel wäre, das man nach Belieben an- und ausschalten konnte. Der Junge musste noch viel über die Wege des Herrn lernen.
»Wir müssen Geduld haben«, antwortete sie.
Whizzer nickte und rannte in die Kirche. Seine Stiefel donnerten auf dem Holzboden. Sie blickte über den Friedhof. Stepford pinkelte gegen eine große Granitstatue. Der ausgebleichte Engel nahm die Beleidigung hin, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
Im Wald bewegten sich Schatten und teilten sich. Becca Faye und Sonny traten händchenhaltend zwischen den Bäumen hervor und kicherten wie kleine Kinder bei der Ostereiersuche. Zerdrückte Blätter klebten an Becca Fayes Bluse und der oberste Kopf stand offen. Mama Bet hoffte, dass das Flittchen sein schweißtreibendes Herumtollen genoss. Denn bald würde sie wirklich ins Schwitzen geraten, wenn ihr der Teufel im Nacken saß, bis sich die Ewigkeit selbst in den Schwanz biss.
Mama Bet ging über die Schottersteine zur Treppe. Wegen ihres Diabetes schmerzten ihre Füße über alle Maßen. Sie ging langsam die Treppe hoch und hielt sich dabei am abgenutzten Geländer fest. Sie dachte sich, dass sie sich daran gewöhnen sollte, Stufe für Stufe zu nehmen, weil sie wusste, dass Gott eine ziemlich hohe goldene Treppe hatte, die sie hochsteigen musste, um in den Himmel zu gelangen.
In der kühlen Dunkelheit der fensterlosen Vorhalle legte sie eine Pause ein. Aus dem Altarbereich kamen Stimmen, verstreut und widerhallend im gedämpften Gewölbe der Kirche. Sie hörte, wie Haywood Nell über die Vorteile einer Versicherung mit hoher Selbstbeteiligung und niedriger Zuzahlung aufklärte.
»Verstehst du, Liebling«, sagte er, als Mama Bet den Hauptbereich der Kirche betrat, »wenn du krank genug bist, die Grenze deiner Selbstbeteiligung zu überschreiten, geht es wahrscheinlich sowieso gleich um mehrere zehntausend Dollar. Und so wie die Krankenhäuser heutzutage abrechnen, zahlst du deine Selbstbeteiligung bereits, wenn du durch die Tür kommst. Also kann man sich das Geld auch gleich im Voraus mit der billigeren Police sparen.«
Nell nickte und hob den Handrücken vor den Mund, um ihr Gähnen zu verbergen. Ein paar Bankreihen vor ihnen flüsterten Jim und Alma über die Organisation von Zebs Beerdigung. Rudy Buchanan kniete beim Pult und übte auf beiden Knien seine Archer-Verehrung. Fast so verlogen wie ein speichelleckender Christ.
Mama Bet kaute ihre Unterlippe mit den Papillen ihres Zahnfleisches. Sie wollte verhindern, einen ihrer Anfälle zu bekommen, nicht in dieser Nacht, die Archer gehörte. Sie atmete langsam und tief ein, bis sich ihre Wut gelegt hatte.
Was für eine Gemeinde. Dumm wie die Nacht finster. Aber das war nicht Archers Schuld. Ihr Junge musste mit dem Material arbeiten, das ihm Gott gab. Wenn man jemand die Schuld an diesem schäbigen Haufen von ungläubigen Hinterwäldlern geben wollte, dann musste man die Augen nach oben richten, zu dem, der den Samen pflanzte und dann lachte, bis der Himmel aufbrach. Und alles, was man tun konnte, war seinen Bauch anschwellen zu lassen, bis man selbst aufbrach, bis das Kind zwischen den Beinen hervorkrabbelte und den ihm rechtmäßig zustehenden Thron bestieg.
»Heute Nacht wird es passieren, oder?« fragte Jim und riss sie damit aus ihren Überlegungen.
»Das wissen nur Gott und Archer«, antwortete sie. »Es steht uns nicht zu, uns darüber Gedanken zu machen.«
»Ich kann nicht anders, ich mache mir Sorgen«, sagte er mit Schweißperlen unter den Augen. »Jeder von uns könnte auf dem Hackblock landen.«
»Bete darum, es wert zu sein.« Sie verzweifelte an so viel Selbstsucht angesichts des großen Augenblicks, des Augenblicks, für den die ganze Welt geboren worden war, des Grunds, warum Gott den Lehm zusammengeknetet, die Berge geformt, die Meere ausgespuckt und Leben in den Staub geatmet hatte. Dieser eine glänzende Augenblick der Herrlichkeit. Dieses Ende von allem und der Beginn der Sache nach allem.
Sie starrte auf den dunklen Fleck auf dem Podium. Das Ding nahm Gestalt an, es bediente sich des Opferbluts, das auf seine Holzhaut gegossen wurde. Es hatte für 140 Jahre geschlafen und konnte sich nur ab
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