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GU Liebevolle Gebote fuer ein erfuelltes Leben

GU Liebevolle Gebote fuer ein erfuelltes Leben

Titel: GU Liebevolle Gebote fuer ein erfuelltes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karoline Angela u Mayer Krumpen
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Kindern in den Kindergärten – dort hatten wir mehr als 400 Bäume gepflanzt – übten wir Gießen, Harken und vor allem, die Bäumchen zu ehren. Schon nach zwei Jahren konnten wir die ersten Früchte ernten, nach vier Jahren trug jeder Baum vier Eimer Aprikosen, nach acht Jahren schon zehn Eimer. Jeder einzelne Baum! Jahr für Jahr machten wir uns, immer in der Weihnachtszeit, daran, die Früchte zu ernten. Ich brachte den Menschen bei, wie man die köstlichen Erträge konservieren konnte, indem wir die Aprikosen trockneten und sie zu Kompott und Marmelade verarbeiteten. Wir hatten keine Hilfsmittel, ich musste es so machen, wie ich es meiner Großmutter abgeschaut hatte: auf ein Kilo Früchte ein Kilo Zucker. Irgendeine andere Zutat zum Gelieren hatten wir nicht. Was wir auch nicht hatten, waren Gefäße, erst recht keine verschließbaren – die Marmeladen aus der ersten Zeit mussten innerhalb von vier Wochen verbraucht werden!
    Sonnengereift und fruchtigsüß
    Nach und nach aber wussten immer mehr Menschen, wie Aprikosen haltbar gemacht werden können. Schließlich habe ich so lange getüftelt, bis ich herausfand, worin wir die Marmelade aufbewahren konnten. Die Lösung war ganz einfach, die Gefäße zum Nulltarif überall vorhanden. Wir mussten nur die endlos vielen, überall herumliegenden Plastikflaschen gleich aufbewahren, statt sie in den Müll zu werfen, und sie dann zur Vorbereitung gewissenhaft auswaschen. Hatte die Marmelade die richtige Konsistenz, mussten die sterilen Plastikflaschen in kaltes Wasser gestellt werden, damit sie die kochend heiß eingefüllte Masse aushielten. Die Flaschen mithilfe eines Trichters ganz und gar auffüllen, den Flaschenhals leicht andrücken, sodass die Marmelade oben fast wieder ausläuft, den Deckel aufschrauben, fertig.
    Derart vakuumversiegelt hält sich unsere Marmelade monatelang. Wir stellen so viel Marmelade her, dass wir sie unmöglich allein essen können. Jedes Jahr verschenke ich Aprikosenmarmelade in kleinen und großen chilenischen Plastikflaschen zu Weihnachten und erfreue mich immer neu an dieser so mit Händen greifbaren, buchstäblich Früchte tragenden Liebe.
    Mein Wunsch damals unter einem Aprikosenbaum als junge Schwester hat sich erfüllt – größer und schöner, als ich es mir jemals hätte erträumen können.
    Liebe Karoline,
    ich bin so randvoll mit Freude, dass ich dir heute einfach schreiben muss. Mehr als dreißig Menschen hatten wir eingeladen zu einem kleinen Hauskonzert. Gerade sind die letzten Gäste heimgegangen. Vom Kinderlied bis zu virtuoser Literatur war alles dabei, und das Wunderbarste: Alles konnte einfach nebeneinanderstehen, niemand stellte dumme Vergleiche an.
    Über der Musik heute Nachmittag lag ein wunderbarer Zauber. Alle haben ihn gespürt. Ich musste an Yehudi Menuhin denken, der einmal gesagt hat, die Musik vermöge an die Größe des menschlichen Geistes zu erinnern. Danach waren wir noch im Garten, haben in der Sonne gesessen, Kaffee und Kuchen genossen. Die Gäste hatten Torten mitgebracht und ich ein großes Blech Aprikosenstreuselkuchen gebacken. Ich hatte dein diesjähriges Weihnachtsgeschenk darin verarbeitet, deine Aprikosenmarmelade. Wieder hat sie dieses Jahr den Weg über den großen Teich zu uns gefunden.
    Jedes Mal überlege ich mir ganz genau, was ich mit dieser kostbaren Marmelade mache. Immer suche ich eine besondere Gelegenheit, ein Fest, einen Geburtstag, einen Moment, in dem ich mir wünsche, dass all die Liebe, die in dieser Marmelade steckt, alle Solidarität, alle chilenische Sonne, aller Schatten, der im Armenviertel so dringend gebraucht wird – und alle Mühe des Konservierens von den Menschen sozusagen buchstäblich aufgegessen werden kann. Beim Backen stellte ich mir vor, wie die Liebe dann weitergetragen wird, neue Inspirationen schenkt, neue Ideen, neue Kraft, neuen Mut spendet.
    Deine Marmelade erinnert mich daran, was möglich ist. Weißt du noch, als ich dich besucht habe und wir zusammen durch die Armenviertel gelaufen sind? Ich klagte, dass mir die Bäume und das Grün fehlten! Da hast du mir die Aprikosenbäume in eurem Viertel und in euren Kindergärten gezeigt und mir ihre Geschichte erzählt. Und auch, dass du in der Weihnachtszeit tage- oder besser nächtelang Marmelade einkochst.
    Damals lernte ich dich gerade erst kennen, das ist wohl meine einzige Entschuldigung. Denn ich staunte zwar über die vielen schönen Bäume, aber ich dachte doch bei mir: »Na ja, liebe Karoline, wer

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