Guardian Angelinos (03) – Sekunden der Angst
und führte sie zur Tür. »Ich weiß zwar nichts über ihre Vergangenheit mit Cara, aber ich danke Gott, dass sie eine Ordnungsfanatikerin ist, die über jeden Buch führt, der jemals das Haus betreten hat.«
»Und sie leidet unter Agoraphobie«, fügte Vivi hinzu.
»Hat sie dir das erzählt?«
Vivi deutete auf das traurige Mausoleum von einem Apartment. »Muss sie das? Sie verlässt niemals dieses Haus, lebt in einem Loch und riecht nach Zwangsneurose.«
Er kämpfte gegen ein Lächeln an. »Profilerin bist du also auch.«
Sie zuckte bloß mit den Achseln, unsicher, ob sein Blick Amüsiertheit oder Bewunderung bedeutete. »Sie hat eine starke emotionale Bindung zu Cara. Sie standen sich in der Vergangenheit sehr nahe, und nach meiner Erfahrung als Ermittlerin kann das einen Fall nachhaltig beeinflussen.«
»Tja, nach meiner Erfahrung als Ermittler kann das Auffinden eines Sicherheitslecks, das einem Mörder ermöglichte, in dieses Haus einzudringen, einen Fall genauso nachhaltig beeinflussen. Also komm mit, zu einer Untersuchung des Grundstücks.«
Es war beileibe kein Vorschlag. Hatte sie bei Lang etwas anderes erwartet? »Unter einer Bedingung.«
Er räusperte sich vernehmlich. »Vivi, ich verhandle nicht über Bedingungen. Hast du schon vergessen, wer hier die Verantwortung trägt?«
Als könnte sie das vergessen. »Es gibt etwas auf dem Grundstück, das ich mir gerne mal anschauen würde.«
Er zögerte unschlüssig. »Was denn?«
»Die stillgelegte Cranberry-Farm, wo Cara, laut Mercedes Graff, einen Großteil ihrer Kindheit in einem Moorhaus verbracht hat.«
»Denkst du, dir käme der ultimative Geistesblitz, wenn du die Umgebung siehst und die emotionale Bindung nachvollziehst, die Cara mit diesem Grundstück hat?« Sein Tonfall strotzte vor Sarkasmus. Eindeutig amüsiert. Wie war sie bloß einmal darauf gekommen, dass es Bewunderung sein könnte?
»Nicht ganz so tiefgründig, Lang. Wir suchen nach Stellen, wo Cara vielleicht irgendwas versteckt hat, und da ich den Tatort oben in ihrem Schlafzimmer leider nicht durchstöbern kann, versuche ich, über den Tellerrand hinauszudenken.«
»Dann kauf ich dir das mal ab. Gehen wir.«
8
»Ich hab ein Paar Miststampfer gefunden.«
Die Stimme, der Ausdruck, selbst die Sprachattitüde war so was von »Vivi«, dass Colt ein warmer Schauer durchwogte, als er von der Zündung des Quads aufblickte und eine Frau in die Garage stampfen sah, die ihr so gar nicht ähnelte.
Auch wenn sie das lange, falsche Haar, wie jetzt, zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und durch eine Baseballmütze gesteckt hatte, deren Schirm die geschminkten Augen verbarg, und ihm stolz einen Wildlederstiefel mit Gummisohle zur Untersuchung hinstreckte. Vivi – als Cara – war verflucht sexy. Warum versuchte sie nicht, mehr aus sich zu machen und weiblicher auszusehen? Es stand ihr. Es brachte ihn um.
»Miststampfer?«
Sie stellte den fraglichen Fuß auf das Trittbrett eines Honda Ranchers, einen von mehreren in der Garage, schwang elegant ihr Bein über den Sitz und rutschte hinter ihm auf das Quad. »Die einzigen Schuhe im Kleiderschrank dieser Frau ohne Absatz. Los geht’s, Lang. Ich liebe es, mit diesen Dingern zu fahren.« Sie drückte ihre Beine zusammen und presste die Innenseiten ihrer Schenkel an sein Becken. »Ich liebe sie sogar so sehr, dass es mir schwerfällt, dich fahren zu lassen.«
»Du lässt mich gar nichts«, sagte er und drehte den Zündschlüssel im Schloss, worauf das Getriebe unter ihnen zu vibrieren begann, ähnlich prickelnd wie der Kontakt mit ihrem Körper. »Aber ich lasse dich mitkommen.« Er rollte nach draußen in die Einfahrt, holte sein Handy aus der Tasche, auf dem bereits ein Satellitenbild des Grundstücks aufgerufen war, und reichte es ihr.
»Du kannst navigieren.« Er ließ den Motor aufheulen und brauste zum hinteren Teil des Anwesens, wo ein Weg hinter dem Haus direkt in den Wald führte.
»Mann, sieh dir diese Karte an«, sagte Vivi. »Das Grundstück ist ja riesig.«
»Ich will die Grundstücksgrenzen überprüfen, wo die Sichtschutzmauer aufhört und wo Wald und Sumpf beginnen. Wir fangen mit dem nördlichsten Pfad an und arbeiten uns von dort weiter vor. Halt dich gut fest.«
Sie gehorchte sofort und schlang die Arme um seine Taille, während er einem Pfad folgte, der zu einer Lichtung im Wald führte. Dichtes Gestrüpp säumte die Strecke, aber der Teppich aus Kiefernnadeln bildete einen ebenen Weg, und er fuhr ein bisschen
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