Guardian Angelinos (03) – Sekunden der Angst
sitzen.« Er küsste sie und half ihr hoch. »Komm. Ich bin durch Gebüsch und Matsch gekrochen. Du hast was Besseres verdient.«
Oh Gott. Musste er so perfekt sein? Konnte er nicht einfach irgendein Typ sein, der nur ficken und dann abhauen wollte?
Nein. Und das würde er auch nie sein. Jedenfalls nicht bei ihr. »Okay.«
Colt konnte nicht schnell genug in die Dusche kommen, und das hatte nichts, aber auch gar nichts mit dem Schmutz an seinem Körper zu tun. Das war es nicht, was ihn davon abhielt, sich zu nehmen, was er so sehr wollte, dass sein Schwanz kurz vor dem Explodieren war und seine Eier so hart wie Walnüsse – vermutlich hätte man damit jemandem die Zähne einschlagen können.
In den letzten zwei Stunden hatte sich alles verändert.
Er konnte Vivi durch das Glas sehen, als er unter den harten Strahl trat. Er stützte sich mit den Händen an der Wand ab und ließ das Wasser über seinen Körper fließen. Es war kalt, hatte aber wenig Wirkung auf seine Libido.
Dass sie dem Tod ins Auge gesehen hatte, brachte sie also dazu, unverbindlichen Sex haben zu wollen.
Und dass sie dem Tod ins Auge gesehen hatte, brachte ihn dazu, zu kapieren, dass daran nichts Unverbindliches war.
Vielleicht war es besser, geliebt und die Liebe verloren zu haben, aber es war wirklich saublöd, zweimal den gleichen Fehler zu machen.
»Du hast mir nie erzählt, dass du verlobt warst.«
Ihm blieb fast die Luft weg. Also hatte er doch richtig gehört, als er ins Zimmer gekommen war. Die gottverdammte Iverson und ihr loses Mundwerk.
Es wurde Zeit, dass Vivi die Wahrheit erfuhr. »Du hast ja auch nie gefragt.«
»Ich habe das Gefühl, das ist etwas, was man einer Freundin erzählt.«
Einer Freundin plus X, und er war gerade dabei, sie rumzukriegen. »Ich war verlobt«, sagte er schlicht. »Und wie ich dir bereits sagte, wurde meine Verlobte im Dienst getötet.«
»Und was war mit dir?«
Er war dankbar, dass das nasse Glas sein Mienenspiel verwischte. Nur für den Fall, dass er den alten Schmerz nicht gut genug verbergen konnte.
»Ich habe überlebt«, sagte er schlicht. Selbst jene sehr, sehr finstere Nacht, als er mit der Glock herumgespielt hatte – etwas zu nah an seinem eigenen Kopf. »Es ist fünf Jahre her. Ich habe gelernt, damit klarzukommen.«
»Wo ist es passiert?«
»In South Dorchester«, sagte er und schrubbte sich wesentlich fester mit dem Stück Seife als nötig. »Drogenrazzia.« Am 17. Juni 2006 um 2:45 Uhr. Nicht dass er es jeden Tag aufs Neue durchlebte oder so.
»Warst du seitdem mit einer Frau zusammen?«
Er spülte und wischte das Glas ab, denn jetzt wollte er, dass sie sein ungläubiges Gesicht sah. »In fünf Jahren? Ja, war ich.« Er hatte es getan, aber gefühlt hatte er dabei nichts. Bis heute Abend, als er etwas fühlte, ohne es zu wollen. »Spielt das eine Rolle?«, fragte er.
»Ich bin nur neugierig.«
»Ich bin immer noch ein Mensch … und ein Mann.«
»Also warst du mit Frauen zusammen, aber sie waren nicht wichtig?«
Er stieß die Duschtür auf, um jede Barriere auszuräumen. »Worauf willst du hinaus, Vivi?«
»Ich will nur wissen, ob es schwer ist.«
In seinen Schläfen pochte es schmerzhaft. »Ob was schwer ist? Seine Verlobte zu verlieren? Die Person, mit der man den Rest seines Lebens verbringen wollte, in den Armen zu halten, während sie auf der Straße verblutet? Zu wissen, dass man sie hätte retten können, wenn man etwas anders gemacht hätte?«
Sie wurde blass und starrte ihn an. »Ich meinte … Sex zu haben. Mit jemandem, der nicht wichtig ist.«
Er schloss die Augen, wütend über sich selbst, weil er für den Augenblick eines Herzschlags die Kontrolle verloren hatte. »Weißt du was, Vivi? Vielleicht ist es eine blöde Idee.«
Ihre Kinnpartie entspannte ein wenig. »Ja«, sagte sie leise, griff nach einem Duschtuch, und er glaubte schon, sie wolle es ihm reichen, doch stattdessen benutzte sie es, um ihren nackten Körper zu bedecken. »Wahrscheinlich hast du recht.«
Sie löste sich vom Waschtisch und ging zurück in das Zimmer, unterwegs wickelte sie sich in das Badetuch.
»Vivi!« Er drehte an den Wasserhähnen und stellte das Wasser ab.
»Entspann dich, Lang. Keine Killer im Zimmer.«
Zum Teufel, wie war das bloß passiert? Es spielte keine Rolle – es war nun mal passiert. Unmöglich, dieses Zimmer zu betreten und zu Ende zu führen, was sie begonnen hatten, und dabei so zu tun, als bedeute es ihm nichts? Er hörte, wie sie im Bett raschelte,
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