Guardian Angelinos (03) – Sekunden der Angst
des Originalgemäldes.
MM.
Also nicht Mercedes Graff, es sei denn, sie hätte damals einen anderen Nachnamen gehabt. Hastig drückte Vivi die abblätternde Farbe wieder an. Man hätte schon sehr genau hinsehen müssen, um zu erkennen, dass jemand daran herumgespielt hatte.
Sie richtete sich auf, trat zurück und machte ein frustriertes Schnalzgeräusch, als sie merkte, dass das Gemälde nach ihren Aktivitäten schief hing. Es war bestimmt kein Leichtes, das mindestens einen Meter fünfzig breite und fast ebenso hohe Bild in dem schweren Goldrahmen wieder gerade zu rücken. Indes blieb ihr nichts anderes übrig, denn sonst würde Mercedes sofort wissen, dass jemand daran herumgespielt hatte.
Sie fasste den Rahmen seitlich und schob ihn vorsichtig höher. Dabei rutschte ihre Hand ein bisschen ab, und ihre Finger glitten über eine Beule auf der Rückseite des Rahmens.
Eigenartig. Am Rahmen war etwas mit Klebeband befestigt.
Sie blickte sich abermals verstohlen um, hob behutsam den Rahmen ein Stück von der Wand ab und kratzte mit einem Fingernagel an dem Klebeband. In dem Augenblick vibrierte ihr Handy mit einer SMS von Chessie. Sie ignorierte die Nachricht und popelte weiter. Der Klebestreifen schien zwar alt, aber er klebte verdammt gut. Endlich schaffte sie es, ihn abzureißen, und klimpernd fiel ein Schlüssel zu Boden.
Ein Schlüssel? Ein Schlüssel! Der Schlüssel, für den Pakpao bereit gewesen wäre zu töten?
Sie hob ihn auf, drehte ihn ein paarmal um, auf der Suche nach irgendeinem Hinweis, wozu der alte silberfarbige Schlüssel passen könnte. Das Handy summte wieder, der Text:
Was hältst du davon????
Von Chessie.
Sie blätterte zur vorherigen SMS.
Das wird dir gefallen: 2 Eigentümer. Gebäude: Mercedes Mugg. Landwirtschaftlicher Besitz: RE Global!!!!!
Sie starrte auf die Worte. Das Moor gehörte Roman Emmanuel? Sie hätte fast nach Lang geschrien, wirbelte herum – und starrte direkt in Mercedes’ Gesicht.
»Was machen Sie da?«, wollte die Frau wissen, ihr Blick aufgewühlt und bedrohlich.
Mercedes Mugg. Heilige Scheiße. Sie war Caras und Joellens Mutter.
Vivi erwiderte ihren unnachgiebigen Blick. »Ich sehe mir nur Ihr schönes Gemälde an. Haben Sie irgendwo noch andere versteckt, Mercedes?«
»Nein. Das ist das einzige.«
»Schade«, sagte Vivi ruhig, den Schlüssel in ihrer Handfläche fest an ihr Telefon gequetscht. »Ich bin auf der Suche nach Mr Lang.«
»Er verlässt gerade das Gästehaus und ist auf dem Weg in die Küche.«
Vivi musste fast lachen. »Sie wissen immer ganz genau, wo sich jeder befindet.«
Sie zuckte nicht mal mit der Wimper.
»Sie sind eine Frau mit vielen Talenten«, fügte Vivi hinzu. »Und vielen Geheimnissen.«
Sie rauschte an Mercedes vorbei, doch die Frau packte sie unsanft am Arm. »Geben Sie ihn mir.«
»Was?«
»Ich weiß, dass Sie ihn haben.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
Mercedes beugte sich so dicht zu ihr, dass Vivi die winzigen Haare an ihrem Kinn zählen konnte. »Was Sie da in Ihrer Hand halten, hat nichts zu tun mit dem … mit dem, was Sie wollen.«
»Was glauben Sie denn, was ich will?«
»Diesen Oscar-Mörder.«
»Vielleicht, vielleicht auch mehr«, sagte Vivi und kämpfte ihren Arm frei. »Denn hier spielt sich noch viel mehr ab, nicht wahr?«
»Nicht.« Es war kaum mehr als ein gehauchtes Flehen. »Bitte tun Sie mir das nicht an.«
Vivi blickte ihr prüfend ins Gesicht. Warum sollte eine Frau geheim halten wollen, dass sie die Mutter eines Filmstars war? »Was verstecken Sie, Mercedes?«
»Alles«, sagte sie leise, und ihr kippte die Stimme vor unterschwelliger Emotion. Vielleicht war sie doch fähig, ein solches Bild zu malen.
»Wofür ist dieser Schlüssel?« Vivi hielt ihn hoch und war bereit, darum zu kämpfen, wenn es sein musste. Nichtsdestotrotz wollte sie die Antworten erfahren, Antworten, die diese Frau für sie hatte.
»Nichts, das Sie dem näherbringt, was sie wollen.«
»Wofür ist er?«
»Für den Kamin.«
Vivi sah sie mit gerunzelter Stirn an. »Welchen Kamin?«
»Im Moorhaus.«
Vivi wich zurück, fest entschlossen, loszuspurten, weil sie darauf brannte, es Lang zu erzählen. Aber noch einmal ergriff Mercedes ihren Arm. »Vivi«, sagte sie.
Vivi erstarrte. »Ja?«
»Ach, schon gut.« Sie ließ sie los. »Geben Sie mir einfach nur diese Chance. Wenn Sie ein Herz haben, lassen Sie es, wie es ist.«
»Ich habe ein Herz«, sagte sie leise. »Aber ich habe auch einen Job zu erledigen.« Und im
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