Guardian Angelinos: Tödliche Vergangenheit (German Edition)
verteilte. »Willst du was davon?«
»Hey, wer bin ich denn? Klar will ich was davon.«
Er ließ den Deckel wieder zuschnappen und warf ihr einen Jetzt-noch-nicht-Blick zu, dann reckte er sein Kinn Richtung Schreibtischschublade. »Was versteckst du da drin?«
Mit offenem Mund starrte sie ihn an. »Wie kommst du darauf, dass ich etwas verstecke?«
»Viviana.« Er zog ihren Namen in die Länge, schwer beleidigt und sehr italienisch. »Du sprichst hier mit Nino. Ich habe es genau gehört, als ich reinkam. Dein leises Schnauben, raschel, raschel in die Schublade, falsches Lächeln. Du hast da irgendwas vor mir versteckt.«
Sie lachte kurz auf. »Das ist gut, Onkel Nino. Das ist wirklich gut. Du bist der perfekte Guardian Angelino.«
Sein Gesicht sagte »Red keinen Blödsinn«, aber er fragte nur: »Was ist es denn?«
»Nichts.«
Er schwenkte die Auflaufform wie ein trotziges Kind von Vivi weg. »Kein Parmigiano für dich.«
Sie schnaufte leise bedauernd und kämpfte gegen ein Lächeln an. Und gegen das Bedürfnis, ihre Pläne jemandem mitzuteilen. Zach würde es nicht okay finden. Marc auch nicht. Aber Nino? Der begeisterte Puzzle-Fan? Ihr Puls legte einen Zacken zu. Womöglich war er ganz wild auf die Papierschnipsel. Und konnte das Rätsel lösen.
»Onkel Nino«, begann sie verschwörerisch. »Was würdest du sagen, wenn die Guardian Angelinos Finn MacCauley hinter Gitter bringen würden?«
Er zog seine buschigen, schwarzgrau melierten Brauen hoch, und seine Stirn kräuselte sich bis zu seinem schütter werdenden Haaransatz. »Ich glaube, dann würde ich eine komplette Einbauküche in den kleinen Pausenraum einbauen lassen.«
»Genau!« Sie schnippte mit den Fingern und zeigte auf ihn. »Das mit FinnMacCauley wäre ein solcher Coup, dass wir Kunden reihenweise ablehnen müssten.«
Er deutete auf den Schreibtisch und grinste. »Ist er zufällig da in der Schublade?«
»Ein Teil von ihm.« Sie setzte sich langsam und öffnete die Schublade ein kleines Stück. »Sieh mal, was ich in North Carolina gefunden habe.«
Sie hatte bisher höchstens drei Viertel des zerrissenen Schriftstücks rekonstruiert, entmutigt durch die Tatsache, dass etliche Teile nicht zusammenpassten und eindeutig einige fehlten.
Aber sie hatte genug, um zu wissen, dass Finn MacCauley und Sharon Greenberg sich mit dem Vornamen ansprachen, und dass er ganz dringend etwas von ihr wollte.
Es gab einen Hinweis auf das Jahr2009 , was darauf schließen ließ, dass der Briefverkehr erst vor relativ kurzer Zeit stattgefunden hatte.
Nino stellte die Auflaufform auf ein Sideboard, klemmte sich hinter ihren Schreibtisch und pflanzte sich neben Vivi auf einen der Regiestühle, den er klappernd hinter sich herzog. Behutsam holte sie einen Spiralblock hervor und öffnete ihn auf der Seite, auf der sie die Teile des zerrissenen Briefs ausgebreitet hatte. Sie nahm auch den Umschlag zur Hand, den sie in Dr. Greenbergs Haus hatte mitgehen lassen, und klopfte die restlichen Schnipsel – das waren noch so um die zwanzig – heraus. Sie waren etwa einen Quadratzentimeter groß, manche sogar noch kleiner.
Sie erzählte ihm, wo sie sie gefunden hatte, und klärte ihn auf, wer Sharon war, wie viel sie inzwischen über die Wissenschaftlerin wussten und was Devyn in Nordirland machte. Während sie sprach, begann Nino mit den Teilen herumzuspielen.
Er drehte jedes Fitzelchen immer wieder um, betrachtete es und überlegte, wohin es gehören könnte. Man merkte ihm an, dass er ein Puzzle-Spezialist war.
»Ich habe ein paar komplette Sätze, siehst du?« Sie zeigte auf die Mitte der Seite, wo sie alle Wörter hatte zusammensetzen können.
Niemand anderem außer dir würde ich diese Sache anvertrauen, Sharon. Du hast diese besondere …
»Glaubst du, sie lieben sich noch?«, fragte Vivi.
Statt einer Antwort schüttelte Nino bloß den Kopf. Er redete nie, wenn er in den höheren Sphären der Puzzle-Manie schwebte.
Ganz unten hatte sie noch das Gruß Finn- Teil, was sie für eine merkwürdige Art hielt, um einen Liebesbrief abzuschließen. Und sie hatte: Die Summe wird beträchtlich sein, mindestens vier …
Diese Zeile fand sie wirklich höchst interessant.
Nino griff willkürlich nach einem Schnipsel aus dem Umschlag und hob ihn hoch. Ein paar Teile mussten definitiv fehlen, und manche waren so klein, dass sich unmöglich herausfinden ließ, wo sie hingehörten. Aber sie hatte genug zusammengebastelt, um zu wissen, dass Finn MacCauley quicklebendig war
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