Guardian Angelinos: Tödliche Vergangenheit (German Edition)
Motiv, weshalb sie in diesem Raum stand und tödliche Sporen in vermeintlich harmlose Spraydosen füllte.
Er räusperte sich. »Mr Baird hat bei seinem Telefonat nicht zufällig einen Ort erwähnt?«, fragte er leise.
Wenn sie sich der falschen Person offenbarte, würde sie damit ihr Todesurteil unterschreiben und ihre ganze Arbeit der letzten Wochen wäre umsonst gewesen. Aber …
»Doch, den Hafen«, murmelte sie zögernd.
Die Verzweiflung drückte sie nieder, aber ihre Finger blieben ruhig, als sie die Ampulle neigte.
»Brauchen Sie irgendwas, Dr. Greenberg?«, fragte Ian.
Mit anderen Worten, eine Belohnung für die Information, die sie ihm gerade gegeben hatte?
»Ich glaube nicht, dass Sie mir geben können, was ich brauche, Mr O’Rourke.«
Er blickte ihr fest in die Augen. »Probieren Sie’s aus.«
Eine lange Weile musterten sie einander forschend, unausgesprochene Fragen hingen in der klammen Luft zwischen ihnen. Sollte sie … es ausprobieren ?
Unter ihrer Maske befeuchtete sie ihre spröden Lippen und ging das größte Wagnis ihres Lebens ein. »Haben Sie eine Tochter, Mr O’Rourke?«
Er zuckte mit keiner Wimper. »Ich habe einen Sohn.«
Sie nickte. »Lieben Sie ihn?«
»Ja, sehr.«
»Würden Sie alles für ihn tun?«
Ein Lächeln flackerte in seinen Augen auf. »Ich glaube, das tu ich in diesem Moment.«
Sie schnappte kurz nach Luft. »Sie müssen jemandem eine Nachricht überbringen«, flüsterte sie.
Er zeigte keine Regung, trotzdem hatte er spontan begriffen, wen sie meinte. Und wie er sie fand. Das war entweder das Dümmste, was sie je gemacht hatte, oder das Klügste.
Endlich atmete sie aus. »Geben Sie ihr …« Sie schloss die Augen, griff tief in ihre Laborkitteltasche und zog das Foto heraus, das sie mit sich herumtrug, seit sie dort war. Sie nahm einen Stift, der neben ihrem Notizblock lag, und schrieb das Erste, was ihr in den Sinn kam, unter das kleine Bild und gab es ihm. »Das hier.« Sie warf ihm einen verstohlenen Blick zu und versuchte, seinen kryptischen Gesichtsausdruck zu lesen. »Können Sie das für mich tun?«
»Versprechen kann ich nichts.«
»Bitte?« Ihre Stimme versagte. »Bitte«, wiederholte sie.
»Ich werde es versuchen.«
»Ich muss Ihnen vertrauen«, sagte sie leise. »Ich muss Ihnen vertrauen, dass Sie in dieser Sache auf der richtigen Seite stehen.«
Er nickte. »Das tu ich.«
»Ian!«, brüllte Liam, während er die Tür aufriss, und die beiden zuckten leicht zusammen. »Ich bin gleich wieder da. Lass sie nicht allein. Nicht eine Sekunde. Kapiert? Es ist mir egal, ob sie sich die Hosen vollpinkelt – sie verlässt diesen Raum nicht, bevor die letzten drei Dosen fertig sind.«
Ian nickte knapp.
»Und zieh dir verdammt noch mal Handschuhe an«, schob Liam nach. »Wenn du in Schockstarre fällst, nützt du mir nämlich gar nichts, Mann.«
Hinter ihr knallte die Tür wieder zu. Ian machte keine Anstalten, die Schutzkleidung zu vervollständigen, selbst als Sharon nach einem Behälter griff und ihn mit der Öffnung über dem Reagenzglas positionierte, in dem eine silbrige Wolke aufstieg.
»Ich muss noch zwei Stück machen«, erklärte sie ihm.
»Und dann, Dr. Greenberg, ist Ihre Arbeit erledigt.«
Ian ging zu der Tür hinter ihr und verschwand aus ihrem Blickfeld, während sie mechanisch ihre Arbeit verrichtete. Der schwierige Teil, das Isolieren und Ernten, war schon vor Stunden passiert.
»Brauchen Sie sonst noch was?«, fragte er ruhig.
»Nur … eine Chance.« Die Chance, nicht als Geisel verheizt zu werden.
»Okay, dann nutzen Sie sie.«
Sie verschloss den Behälter wieder und stellte ihn behutsam ins Regal zurück. Dann drehte sie sich zu Ian um.
Es war jedoch niemand mehr im Raum, und die Tür zu ihrem Gefängnis stand weit offen.
Einen Moment lang stand sie wie vom Blitz getroffen da. Sie rechnete jeden Augenblick damit, dass er wieder auftauchte und nur kurz in den Vorraum gelaufen war. Aber er war weg. Und sie … sie konnte entkommen.
Langsam nahm sie die Schutzbrille ab und machte vorsichtig ein paar Schritte auf die Tür zu.
Sie atmete tief durch und trat in den Vorraum. Dann stieg sie die Stufen hinauf, in der Erwartung, überwältigt oder aufgehalten zu werden, oder Schlimmeres. Die Tür am Ende der Treppe war unverschlossen und führte zu einer schwach beleuchteten Küche. Sie sah sich in dem leeren Raum um, dann trat sie ein, ihr Blick auf die Haustür geheftet.
Sie legte die Hand auf den Türknauf und drehte ihn, und
Weitere Kostenlose Bücher