Guardians of Eternity 10 - Gefaehrtin der Ewigkeit
dass dieses Chaos so schnell und unauffällig wie nur möglich in Ordnung gebracht wurde, doch mit jeder Minute, die verging, wurde deutlicher, dass die Gefahr beängstigend schnell lawinenartig anwuchs.
Dies war nicht die Zeit für Ablenkungsmanöver oder diskrete Lügen.
Nefri benötigte nicht nur jede Information, die die Harpyien ihr bieten konnten, sondern sie musste sich auch vergewissern, dass sie sich in Sicherheit befanden. Ihre Verpflichtung gegenüber der Kommission würde nie wichtiger sein als das Leben Unschuldiger.
Allerdings war sie seit Jahrhunderten Diplomatin. Oftmals war ein kleiner Teil der Wahrheit der vollständigen Enthüllung vorzuziehen.
»Der Vampir, von dem Ihr sprecht, hat sein eigenes Volk verraten und diente dem Fürsten der Finsternis«, gab sie zu. »Ich kam hierher, um dafür zu sorgen, dass er für seine Verbrechen bestraft wird.«
Solaris leerte ihr Glas und stellte es dann beiseite. »Was für eine zweckmäßige Behauptung.«
»Ich kann Euch darauf nur mein Wort geben.«
»Und was ist mit seinen merkwürdigen Fähigkeiten?«, verlangte die Harpyie zu wissen. In ihrer Stimme erklang eine gefährliche Macht. »Wollt Ihr mich glauben machen, dass sie von der Anbetung des Fürsten der Finsternis stammen?«
»Ich bin mir nicht sicher, von welchen merkwürdigen Fähigkeiten Ihr sprecht.«
Solaris flatterte ungeduldig mit den Flügeln. »Seine Fähigkeit, andere mit seinem Biss zu infizieren.«
Nefri legte die Stirn in Falten. Sie musste ihre Verwirrung nicht vortäuschen. Immerhin hatte sie eine Behauptung erwartet wie die, er habe brutal getötet oder Junge verschwinden lassen. Nichts von – Infektionen.
»Das verstehe ich nicht ganz. Was meint Ihr damit, dass er andere infiziert?«
Die Harpyie blickte sie prüfend an. Womöglich suchte sie nach einem Anzeichen dafür, dass Nefri log. Dann ging sie mit kraftvollen Schritten auf eine Tür zu, die hinter einem der Wandteppiche verborgen war. »Kommt mit mir.«
Nefri folgte Solaris und war überrascht, als sie bemerkte, dass sie durch einen mit Stahl ausgekleideten Gang geführt wurde, der in einen großen Raum führte, angefüllt mit mehreren Hightech-Computern und voller Überwachungsmonitore.
»Ich hatte keine Ahnung, dass Harpyien solche ausgeklügelten Nester bauen«, murmelte sie, als Solaris vor einer schweren Tür stehen blieb und eine Schlüsselkarte benutzte, um das Schloss zu öffnen.
Das letzte Harpyiennest, das Nefri betreten hatte, bestand aus kaum mehr als einigen Wänden und einem Strohdach.
»Wir mussten mit der Technik Schritt halten, obwohl es auch noch einige Matriarchate gibt, die es vorziehen, in primitiveren Umgebungen zu leben«, erwiderte Solaris und führte Nefri durch einen weiteren Korridor. Dieser war von Türen gesäumt.
Ein Blick durch eine offen stehende Tür reichte aus, um zu erkennen, dass sie nun das Gefängnis erreicht hatten.
»Wird Santiago in diesen Zellen gefangen gehalten?«, wollte Nefri wissen, die sich nicht sicher war, weshalb Solaris sie hergebracht hatte.
Solaris warf einen Blick über die Schulter. »Selbstverständlich nicht. Vorerst ist er unser Gast und genießt als solcher unsere Gastfreundschaft.« Sie verzog die Lippen zu einem spöttischen Lächeln. »Erfreut Euch das?«
Nefri, die sehr wohl wusste, dass Gastfreundschaft nach Harpyienart Essen, Getränke und Sex mit einer willigen Frau einschloss, war gezwungen, ein leises Knurren zu unterdrücken. »Nicht sonderlich«, erwiderte sie leise.
»Hier.«
Solaris blieb vor einer Tür stehen, die von einer älteren Harpyie mit einem harten Gesicht und der Ausstrahlung einer erfahrenen Kriegerin bewacht wurde, und zeigte auf das kleine Fenster, das in die Stahltür eingelassen war.
Stirnrunzelnd ging Nefri darauf zu und betrachtete forschend den hageren menschlichen Mann, der mit kurzen, ruckartigen Schritten in der Zelle auf und ab ging. Er wirkte jung, vielleicht zwanzig Jahre alt, und war mit einer schmutzigen Jeanshose und einem Polohemd bekleidet, das zerrissen und mit Blut bedeckt war. Sein Haar starrte vor Dreck, und sein Gesicht war völlig zerkratzt. Nefri vermutete, dass er sich die Kratzspuren selbst zugefügt hatte.
Eine erbärmliche Kreatur, doch was hatte sie mit ihr zu tun? Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Frau an ihrer Seite zu. »Ist er dem Wahnsinn verfallen?«
»Wenn mit ihm sonst alles in Ordnung wäre, hätte ich ihn getötet, sobald er unserem Nest zu nahe gekommen wäre.« Solaris
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