Guardians of Secret Powers - Das Siegel des Teufels
Klappe des Geschirrspülers, in den sie das Abendbrotgeschirr geräumt hatte, richtete sich auf und sah mich erwartungsvoll an. Ihr rotbackiges Gesicht glühte vor Neugier. Mama hatte nämlich panische Angst, es könnte ihr irgendetwas entgehen â und sei das noch so unwichtig â, und gab deshalb in der Regel nicht eher Ruhe, bis man ihr alles bis ins kleinste Detail gebeichtet hatte. Jedenfalls dachte sie das. Auf die Idee, dass man ihr auch etwas verschweigen oder ihr gar eine höchst subjektive Version des tatsächlichen Geschehens präsentieren könnte, kam sie in ihrer fast grenzenlosen Naivität nämlich gar nicht. Meine Ausrede, am Nachmittag mit Lotti gelernt zu haben, hatte sie zum Beispiel völlig arglos geschluckt, obwohl die Sommerferien vor der Tür standen. Auch über meinen Besuch in der Klinik schenkte ich Mama natürlich keinen reinen Wein ein. Zwar schienen Rena und Malte Neflin zu glauben, meine Eltern hätten etwas mit den GSP zu tun â ich konnte mir das aber beim besten Willen nicht vorstellen. Das hätte ich doch gemerkt! Deshalb war ich mir sicher, dass Mechti mir die Wahrheit ohnehin nicht abnehmen würde. Was ihr nicht einmal zu verübeln gewesen wäre.
»Es wird noch eine Weile dauern, bis herauskommt, was mein Besuch in der Medi-Klinik gebracht hat«, sagte ich also leichthin. »Aber ich bin schon irre gespannt darauf.«
Was absolut der Wahrheit entsprach!
»Na, siehst du!« Mechti tätschelte mir den Rücken und lächelte mich sichtlich erleichtert an. »Und dabei wolltest du zuerst gar nicht hingehen. Wäre doch schade gewesen, oder?«
Wo sie recht hatte, hatte sie recht!
Es wäre in der Tat schade gewesen, wenn ich die Medi-Klinik nicht aufgesucht hätte. Dann hätte ich nämlich mit Sicherheit noch nichts von dem unglaublichen Geschehen gewusst, das sich schon seit Jahrhunderten hinter den Mauern von Berlin abspielte.
»Stimmt«, pflichtete ich ihr deshalb mit unschuldiger Miene bei.
»Na also!« Mechti lächelte selbstzufrieden. »Manchmal ist es gar nicht so blöd, wenn man auf seine Mutter hört!«
Aber wirklich nur manchmal â zum Beispiel, wenn Ostern auf Weihnachten fiel!
Aber das behielt ich natürlich für mich. »Was ich dich noch fragen woâ«, hob ich stattdessen an, als Paul in die Küche stürmte und rücksichtslos dazwischenquatschte.
»Hast du die Mail abgeschickt?«, fragte er Mechti mit der Miene eines wütenden Pavians. Zudem roch er wie ein solcher.
Jungs in der Pubertät!
»Gehtâs noch?«, fuhr ich ihn an. » Ich unterhalte mich gerade mit Mama! Warte gefälligst, bis ich fertig bin.«
Paul drehte sich zu mir um und feuerte wütende Blicke auf mich ab. »Fucâ«, rutschte ihm über die Lippen, bevor er den spärlichen Rest des Fourletter-Words verschluckte und sich im Angesicht seiner Mutter doch lieber etwas mäÃigte: »Fahr mal einen Gang runter. Ich hab nur eine ganz kurze Fraâ«
»Die warten muss, bis du an der Reihe bist«, unterbrach ich ihn ungerührt. Aber da schlug sich Mama auch schon auf seine Seite.
Natürlich! Alles andere hätte mich auch gewundert.
»Nur eine Sekunde, Nele.« Sie warf mir einen um Verständnis heischenden Blick zu und wandte sich an den Nervbratzen von meinem Bruder. »Welche Mail denn?«
»Die Mail an âºRadio Fuzzyâ¹ natürlich! Die Bewerbung für die groÃe 6F-Aktion«, keifte Paul mit einer ähnlichen schrillen Krächzstimme wie Mechti. »âºFuzzies-Free-Family-Flights-For-Fourâ¹!«
»Ach, herrjemine!« Mama erbleichte und schlug die Hände vors Gesicht. »Tut mir leid, Paul, aber das hab ich glatt vergessen!«
»Wusste ichâs doch! Wusste ichâs doch!« Pauls Birne lief so rot an, als steckte sie in einem Dampfkochtopf. »Du bist schuld, wenn wir keine Familienreise gewinnen!«
»Bleib locker, Paul«, mischte ich mich ein. »Die Chancen sind doch eh gleich null.«
Natürlich kannte ich die Aktion, die mein Bruder erwähnt hatte. SchlieÃlich dudelte das »Fuzzy«-Programm ständig aus unserem Küchenradio. Im Moment wurden wieder mal die Einschaltquoten der verschiedenen Sender ermittelt. Um massenweise Zuhörer zu ködern, verloste »Radio Fuzzy« deshalb an jedem Tag unter allen E-Mail-Bewerbern eine vierzehntägige Reise
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